RÜSSELSHEIM - So voll war es in Rüsselsheim schon lange nicht mehr bei einer Opel-Betriebsversammlung. Genaue Zahlen gibt es nicht, doch die Schätzungen gehen bis zu 10 000 Mitarbeiter, die dem Ruf des Betriebsrates am Freitag folgten und sich auf mehrere Hallen verteilten. Der Opel-Stammsitz zählt insgesamt mehr als 15 000 Beschäftigte.
Die Kollegen vom Testzentrum in Dudenhofen wurden mit Bussen nach Rüsselsheim gebracht, an den beiden anderen deutschen Standorten Eisenach und Kaiserslautern gab es eigene Betriebsversammlungen. Am Ende hätten die Mitarbeiter die rund 45-minütige Veranstaltung mit gemischten Gefühlen verlassen, meinten Teilnehmer.
Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug sei es durchaus gelungen, die zu Beginn nervös-angespannte Stimmung etwas zu beruhigen, hieß es weiter. Nicht gut angekommen sei jedoch, dass sich bei der Versammlung Opel-Chef Karl-Thomas Neumann nicht habe blicken lassen, geschweige denn Rede und Antwort gestanden habe. „Die Mitarbeiter haben viele Fragen, doch Antworten gab es nicht“, meinte ein Opelaner.
Betriebsrat fordert Erhalt aller Standorte und Stellen
Schäfer-Klug erläuterte der Belegschaft den möglichen Verkauf aus der Perspektive der Arbeitnehmervertretung. Es seien im Wesentlichen die Inhalte gewesen, die Betriebsrat und IG Metall in einer Pressemitteilung verbreitet hätten, hieß es. Und in der Mitteilung gibt es eine klare Ansage an PSA: Man erwarte, „dass alle Tarifverträge im Falle eines Kaufs ihre Gültigkeit behalten, dass alle Standorte und Arbeitsplätze gesichert sind“. Die Arbeitnehmervertretung pocht deshalb so auf die Tarifverträge, weil die darin „zugesagten Projekt- und Produktbelegungen weit über 2020 hinaus reichen“, so Schäfer-Klug weiter. Beschäftigungs- und Investitionszusagen inklusive.
Händler stehen Übernahme durch PSA offen gegenüber
Überraschend deutlich betonen die Arbeitnehmervertreter aber auch die Chancen, die sie für Opel bei PSA sehen. Chancen für die „Schaffung des zweitgrößten Autoherstellers in Europa, um die Herausforderungen des Umbaus der europäischen Automobilindustrie zu gestalten“. Ziel müsse sein, „die bestehenden Chancen zu nutzen, Beschäftigung und Standorte zu sichern und einen erfolgreichen Opel zu bauen“, sagte auch Schäfer-Klug.
Der Opel-Händlerverband (VDOH) steht einer Übernahme offen gegenüber. Der VDOH „begrüßt alle Bestrebungen, Opel für die Zukunft noch besser aufzustellen und dabei auch Synergien mit anderen Unternehmen zu nutzen“. Mehr Effizienz in der Produktion sowie mehr und bessere Produkte könnten „nur positiv sein – egal welches Ergebnis die Verhandlungen bringen werden“, so der Verband. Man sei davon überzeugt, „auch weiterhin Opel-Fahrzeuge erfolgreich zu vermarkten“, unabhängig davon, ob GM oder PSA der künftige Eigentümer von Opel sei.
Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee pocht derweil auf den Erhalt des Werks in Eisenach – und will die Franzosen offenbar mit staatlicher Förderung locken. Das Land sei weiterhin bereit, mögliche Investitionen in den Standort zu fördern, sagte Tiefensee.