Erst im vergangenen Jahr wurde das Motorentestzentrum in Rüsselsheim offiziell eröffnet. Foto: Vollformat/Volker Dziemballa
( Foto: Vollformat/Volker Dziemballa )
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
RÜSSELSHEIM - Welche Zukunft hat Opel? Und welche das Internationale Technische Entwicklungszentrum (ITEZ), ein zentraler Bestandteil der Technologie- und Innovationsregion Rhein-Main? Als das wettbewerbsfähigste und das mit den besten Ingenieuren wurde das ITEZ immer wieder gepriesen: der ganze Stolz der Rüsselsheimer. Und als das zweitgrößte von General Motors (GM) weltweit. 7700 Mitarbeiter mit hoher Qualifikation sind dort tätig – nicht nur für Opel, auch für andere Konzernprojekte. Wie kann dies aus dem Verbund herausgelöst werden, fragen sich jetzt viele.
Größte Investition bei Opel seit 14 Jahren
Schließlich wurde erst 2016 das neue Motorentestzentrum mit 43 Prüfständen und 800 Mitarbeitern eingeweiht. Mit 210 Millionen Euro war dies das höchste Investment seit 14 Jahren bei dem dauerklammen Autobauer. Zusätzlich wurden im vergangenen Jahr 340 Ingenieure angeheuert. Die Anlage ist über die GM Global Propulsion Systems-Organisation in die weltweite Konzernentwicklung eingebettet. Aufgrund international abgestimmter Testmethoden und Software können die Erkenntnisse optimal ausgewertet und umgesetzt werden, hieß es. Und nun?
Die Aufgaben sind angesichts der gravierenden Veränderungen in der Branche groß. Gleich ob Elektroantriebe oder massiv verschärfte EU-Abgasvorschriften. Die Mannschaft dort jedenfalls ist voll ausgelastet – und darüber hinaus. Aber in welche Zukunft ist man unterwegs, lautet inzwischen die Frage. Zumal Opel-Chef Karl-Thomas Neumann mit seinem Plan, die Marke mit dem Blitz zu einem reinen Elektroauto-Konzern machen zu wollen, ziemlich unvermittelt daherkam. Der Start in die neue Ära erfolgt im Frühjahr mit dem Ampera-e, um den sich rasch eine Produktfamilie an Volks-Stromern scharen soll. So hieß es zumindest bislang. Über 500 Kilometer Reichweite des Nenn-Imageträgers Ampera-e gelten derzeit als Maßstab auf dem Markt. Letztlich aber ist das eine US-Story, die auf der Elektroauto-Plattform des GM-Konzerns basiert. Die Amerikaner haben bereits den baugleichen Chevrolet Bolt auf dem Markt. Die strategisch wichtige Batterieforschung und die übrige E-Auto-Expertise ist bei GM in Warren/Michigan gebündelt.
OPEL-PATENTE LIEGEN IN DEN USA
2009 in der Opel-Krise, kam eine Frage immer wieder hoch: Was ist eigentlich aus den Patenten und Entwicklungen geworden, die von Opel stammen und die GM in der ganzen Welt nutzt? Diese wurden in eine neue US-Gesellschaft überführt, die GM GTO (Delaware). Die Idee dahinter: Alle im Konzern können so auf die Erfindungen made in Germany zugreifen. Als Dank wurde Rüsselsheim Internationales Entwicklungszentrum. Muss seitdem aber eine Lizenzgebühr auf jedes Auto zahlen – fürs eigene geistige Eigentum.
Ob der Plan mit den Opel-Elektroautos jetzt noch in diesem Umfang und diesem Tempo Chancen auf Umsetzung hat? GM-Chefin Mary Barra hat PSA-Chef Tavares angeblich offeriert, die Franzosen könnten künftig in Europa GMs Elektroplattform nutzen, so das „Manager Magazin“. Natürlich gegen Lizenzgebühr. Die Franzosen entwickeln gemeinsam mit ihrem chinesischen Großaktionär Dongfeng Elektroautos. Die ersten Modelle sollen aber erst 2019 fertig werden.
So oder so dürften sich die Schwerpunkte auch in der Opel-Denkfabrik ändern. Zumal das Entwicklungszentrum offenbar zuletzt trotz der erwähnten Invesitionen dadurch geschwächt wurde, dass Schlüsselkompetenzen abwanderten, wie der Ex-Betriebsratschef Klaus Franz dem Fachblatt „Automobilwoche“ sagte. Bis Ende 2012 gab es in Mainz-Kastel nämlich ein 200 Mann starkes Team, das an Batterien forschte und an Brennstoffzellentechnik als nächste Evolutionsstufe der Elektromobilität. Derzeit, so Franz, habe Rüsselsheim nur noch die globale Verantwortung für kleinere Benziner und Diesel – letztlich Auslaufmodelle. Ein Insider relativiert: Teile der damaligen Elektro-Mannschaft seien in die ITEZ-Strukturen integriert worden, das Know-how also noch vorhanden.
Dr. Uwe Vetterlein, Hauptgeschäftsführer der IHK Darmstadt, hegt derweil die Hoffnung, dass das ITEZ abgesichert ist. Es sei schließlich stark mit öffentlichen und privaten Forschungseinrichtungen in der Region vernetzt. „Deswegen sehe ich gute Chancen, dass das ITEZ auch unter einem möglichen neuen Eigentümer erhalten bleibt.“