Die Wogen bei Postbank-Kunden schlagen hoch: Unter anderem können wochenlang kein Kontostand abgefragt oder digitale Überweisungen durchgeführt werden. Was ist da los?
Wiesbaden. Die Wogen schlagen hoch. Wochenlang keinen Kontostand abfragen, keine digitalen Überweisungen, Daueraufträge werden zeitweise unzuverlässig ausgeführt, Einloggen nicht möglich und der Telefonservice ist nicht erreichbar oder schlicht überfragt? Viele Postbank-Kunden sind stinksauer. Die erste Welle des Umzugs der Konten auf eine gemeinsame Internetplattform mit der Konzernmutter Deutsche Bank erhitzt die Gemüter. Betroffen sind insgesamt 19 Millionen Konten.
„Unity“ also „Einheit“ hat die Deutsche Bank das Projekt der Postbank-Kontenumstellung getauft. „Es ist eines der aufwändigsten und komplexesten Banken-IT-Projekte überhaupt“, berichtete der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Christian Sewing, kürzlich auf der Bilanzpressekonferenz in Frankfurt. Das Projekt sei auf der Zielgeraden. Zum Jahreswechsel seien vier Millionen Konten von Privatkunden der Postbank auf Systeme der Deutschen Bank umgezogen. „Ja, es ist nicht alles reibungslos gelaufen und es gibt immer noch einzelne Einschränkungen für Kunden“, gab Sewing zu. Aber daran werde gearbeitet. „Und parallel dazu bereitet das Team, das seit Jahren die Umsetzung von Unity vorantreibt, schon die nächste große Kundenmigration vor.“ Einige tausend Kundenbeschwerden seien bei Millionen betroffenen Konten vergleichsweise überschaubar. Die Verlagerung der Konten in die Internet-Cloud soll vom Jahr 2025 an jährlich zu Einsparungen von 300 Millionen Euro führen.
Der Umzug der Postbank-Konten ist offenbar für einige Kunden mit Hürden verbunden. In den Internetforen häufen sich negative Erfahrungsberichte: „Überweisungen muss ich postalisch einschicken. Willkommen in der analogen Steinzeit“, schreibt beispielsweise „Bachblüte“. Und Frank Müller kann nach eigenen Angaben seit zwei Wochen nicht auf sein Konto zugreifen. „Mails und ein Brief vor zwei Wochen versandt, bleiben unbeantwortet.“ Keinerlei Unterstützung von Seiten der Postbank.
Postbank: Kunden wurden frühzeitig informiert
Leser dieser Zeitung melden sich ebenfalls. „Wir können Sie in absehbarer Zeit nicht bedienen“, das ist laut Günter Linke eine Standardansage, die Postbank-Kunden von morgens bis abends zu hören bekommen. „Es ist einfach kein Durchkommen, weil die Umstellung der IT auf die Systeme der Deutschen Bank offenbar krachend gegen die Wand gefahren ist“, berichtet der Taunussteiner. Der Mitarbeiter einer Mediaagentur, der eine Generalvollmacht für das Nachlasskonto seiner verstorbenen Mutter hat, kann das Geld nicht an die Erben auszahlen, da die Postbank das Konto blockiert. Bei der Sparda-Bank habe der gleiche Vorgang dagegen zwei Tage in Anspruch genommen. „Da habe ich wohl Pech gehabt, dass ich in die IT-Umstellung der Postbank geraten bin.“ Inzwischen hat sich Linke an den Ombudsmann für private Banken gewandt.
Beim Umzug der Konten auf die gemeinsame Plattform mit der Deutschen Bank sei es zu kurzzeitigen Einschränkungen von Überweisungen im Online- und Mobile-Banking gekommen, berichtet ein Postbank-Sprecher auf Anfrage. Die Kunden seien mit 3,5 Millionen Briefen frühzeitig informiert worden. Prinzipiell sei die Umstellung technisch sehr gut gelaufen. Nach Anfangsproblemen gebe es jetzt vor allem individuelle Themen. Die Erreichbarkeit habe sich wieder normalisiert.
Auch Neuauflage der Postbank-App erhitzt Gemüter
Aber die Tücken im Alltag nach der Kontenumstellung scheinen doch groß zu sein, wie ein Blick in die Kommentarspalten der Internetstörungsmelder zeigt. „Ich habe keinen Zugriff mehr auf meine Postbank-ID, noch am Überweisungsautomaten noch in der Filiale. Mehr falsch machen kann man eigentlich nicht“, schreibt dort beispielsweise ein Postbankkunde.
Das alte Haus ist abgerissen, und im neuen Haus fehlen Fenster, Türen, Licht und die Treppe ins erste OG. Dann kommt ein Update: Im Garten wird Rasen gesät ...
Auch die Neuauflage der Postbank-App erhitzt die Gemüter. Die App wurde „komplett neugestaltet und programmiert“, wirbt das Kreditinstitut. Moderne Technologie würde „einfach intuitiv“ für ein besonderes Nutzererlebnis sorgen. Aus dem bisherigen Postbank-Finanzassistenten werde die App. Allerdings sind zunächst nicht alle Funktionen verfügbar, sondern sollen erst nach und nach aufgespielt werden. Auf viel Gegenliebe stößt die Einführungsstrategie nicht. Erhält der Finanzassistent bei Apple-Nutzern noch viereinhalb von fünf möglichen Sternen, wird die neue App mit einem Stern abgestraft. „Das alte Haus ist abgerissen, und im neuen Haus fehlen Fenster, Türen, Licht und die Treppe ins erste OG. Dann kommt ein Update: Im Garten wird Rasen gesät ...“, schreibt der App-Nutzer Horton im Netz.