Der Mann, der die Berge respektierte

aus Zeit-Lupe

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Die Klappski im Rucksack: Kurz vor seinem nächsten Abenteuer lächelt Davo Karnicar in die Kameras.Foto: Instagram/Karnicar

Dem Ski-Extremsportler Davorin Karnicar gelingt im Jahr 2000 die Komplettabfahrt des Mount Everest.

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. Von Björn-Christian Schüßler

Was veranlasst einen Mann, sich aus seinem slowenischen Bergort Zgornje Jezersko auf den höchsten Berg der Welt zu begeben, um mit Skiern wieder hinabzufahren? „Der Respekt vor den Bergen. Das Leben am Berghang hat mich den gebotenen Respekt gelehrt, und die Furcht im Umgang mit ihnen“, sagte Davorin Karnicar der Zeitung „Delo“. Der Extremsportler meisterte im Oktober 2000 genau diese Herausforderung. Er stieg am Abend von der nepalesischen Südseite aus auf den Mount Everest, schnallte sich gegen 7 Uhr morgens auf dem 8848 Meter hohen Gipfel Carvingski unter die Schuhe und fuhr über den Südsattel und den erstmals ausreichend beschneiten Hillary Step bis ins Basislager ab. Für die 3500 Höhenmeter benötigte der 37-Jährige vier Stunden und 40 Minuten.

Nach insgesamt 15 Stunden kehrte Karnicar ins Basislager zurück, erschöpft, sogar zu müde, um richtig glücklich zu sein. „Es fühlte sich an, als wäre ich Lichtjahre von der Welt entfernt gewesen“, sagte der 38-Jährige Wochen später.

Der Slowene, der als Teenager mäßig erfolgreich durch den alpinen Ski-Europacup tingelte, fragte sich mit 20 nach dem Sinn seines Lebens. Er ging gern in seiner Heimat in den Steiner Alpen klettern, als Skilehrer an der Seite seines Vaters verdiente er sich ein Taschengeld. Warum nicht die Leidenschaften kombinieren? Der Traum von Abfahrten von den Achttausendern war geboren.

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Die Abfahrt vom Mount Everest machte Karnicar, der zuvor manche Rückschläge erlitten und in der Himalaya-Kälte auch schon zwei Finger verloren hatte, über Nacht weltberühmt. Und noch abenteuerlustiger. Nicht nur, dass Karnicar in Khumbu eine Skischule für nepalesische Kinder eröffnete. Er nahm auch die „Seven Summits“ in Angriff – Abfahrten von den höchsten Gipfeln aller Kontinente. Binnen sechs Jahren erlebte der Extremsportler auf Denali (Nordamerika), Aconcagua (Südamerika), Kilimandscharo (Afrika), Mount Kosciuszko (Australien), Elbrus (Europa) und Mount Vinson (Antarktis) „andere Kontinente, andere Menschen, andere Natur“. Der Mann, der die Berge respektierte, starb 2018 in seiner Heimat bei Baumfällarbeiten.