Béla Réthy, die Wiesbadener Sport-Stimme des ZDF

aus WM in Katar

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Zusammen mit Familie und Freunden feierte Béla Réthy (2. von rechts) kurz vor Weihnachten in einem Lieblingslokal „Chez Mamie”, seinen 66. Geburtstag nach und den Übergang ins Rentenalter.

Das Timbre dieser Stimme kennt fast jeder Fußball-Fan in Deutschland. Nun ist der 66-jährige Kult-Kommentator Réthy im Ruhestand. Ein Zustand, an der er sich noch gewöhnen muss.

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Wiesbaden. Er war die Sport-Stimme des ZDF. „Die war schon als Teenager sehr tief”, erinnert sich Béla Réthy in seinem unverwechselbaren Timbre, das Millionen von Fernsehzuschauern, aber auch Fußballer, wie der Nationalspieler Leon Goretzka mal in einem Interview mit Réthy bekannte, in den Bann zog. Nun ist die Stimme auf dem Bildschirm verstummt. Der Wiesbadener ist bekanntlich mit dem WM-Halbfinale Frankreich gegen Marokko just an seinem 66. Geburtstag in Rente gegangen. „Ich bin noch ein wenig im alten Modus”, muss sich Réthy auch einige Tage danach erstmal an das neue Leben im Ruhestand gewöhnen. Das Büro im ZDF sei noch nicht ausgeräumt und eine Abschiedsfeier mit den Ex-Kollegen stehe im Januar auch noch aus.

Abitur in Wiesbaden, Studium in Mainz

Seine Familie und die Wiesbadener Freunde und Bekannten haben mit dem „jungen Rentner” schon vor Weihnachten in seinem französischen Lieblingslokal „Chez Mamie” gefeiert. „Wiesbaden wird immer meine Heimat und Rückzugsort bleiben”, wird Réthy auch mal für längere Zeit nach Portugal aufbrechen. Die Welt hat er in all den Jahren schon gesehen. In 40 Berufsjahren war der Sportjournalist in 70 Ländern unterwegs. Doch schon als junger Knirps kam er herum. In Wien als Sohn von ungarischen Eltern geboren, zog die Familie nach São Paulo in Brasilien. Mit elf Jahren kehrte der junge Béla dann mit seiner Familie nach Europa ins Rhein-Main-Gebiet zurück. Ohne ein Wort Deutsch zu können, lernte Réthy schnell die neue Sprache. Réthy, der heute sechs Sprachen spricht, machte dann sein Abitur 1976 an der Wiesbadener Gutenbergschule, anschließend studierte an der Universität in Mainz Publizistik, Soziologie und Ethnologie.

Du brauchst ein dickes Fell und darfst keine Mimose sein.

BR
Béla Réthy Fußballkommentator
Béla Réthy hat den Fußball und das Mikrofon nach der WM in Katar aus der Hand gelegt.
Béla Réthy hat den Fußball und das Mikrofon nach der WM in Katar aus der Hand gelegt. (© ZDF/Felix Schmitt)
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Beim ZDF landete er zunächst im Archiv, das zu der damaligen Zeit noch in Wiesbaden Unter den Eichen und in der Walkmühle untergebracht war. Nach einem Praktikum in der Redaktion nahm die Karriere dann unter solchen Größen wie Dieter Kürten und Harry Valérien ihren Lauf. „Oskar Wark hat mir damals viel geholfen”, verbindete Réthy eine Freundschaft mit dem 2009 verstorbenen Kollegen aus dem Rheingau. „Das war sicherlich der emotionalste Moment, als mir gesagt wurde, ich darf als Assistent mit zur Weltmeisterschaft 1986 nach Mexiko”, lernte Réthy sehr schnell. Die beruflichen Highlights reihten sich dann wie eine Perlenschnur aneinander. Insgesamt jeweils drei WM- und EM-Endspiele sowie sieben Finals der Champions League kommentierte Réthy. Auch beim legendären 7:1 im WM-Halbfinale 2014 zwischen Deutschland und Brasilien war der bekennende Sympathisant der Frankfurter Eintracht am Mikrofon. Ein Intermezzo bei den Olympischen Spielen 2018 als Langlauf-Kommentator gehörte ebenso dazu. „Das war ein Ausflug in eine andere Welt.”

Deutsche Elf „fernab von einem Desaster”

Dass die deutsche Elf jetzt zum zweiten Mal in Folge bei einer WM-Endrunde in der Vorrunde gescheitert ist, sieht der Experte differenziert. „Das Ergebnis ist zwar das gleiche, doch diesmal hatte Deutschland eine viel bessere Mannschaft. Die schlechte halbe Stunde gegen Japan und das Verweigern von Spanien im Spiel gegen Japan, das Letzte zu geben, war eine blöde Mischung. Ich will jedenfalls nicht alles Schwarz-Weiß sehen. Der Auftritt war fernab von einem Desaster.” Dass Hansi Flick weiter Bundestrainer bleibt, findet Réthy gut.

Auch die WM in Katar sieht der Weitgereiste nicht nur negativ. „Dafür, was wir erwartet haben, war das ganz in Ordnung. Die berechtigte Kritik an den Umständen war aber speziell in Deutschland überzogen”, meint Réthy, dass die WM in anderen Ländern eher angenommen wurde. Die schlechten Einschaltquoten hierzulande dokumentieren das. Freilich vermisste Réthy vor Ort bis auf die argentinischen und marokkanischen Fans auch die echte Fußballstimmung. „Die teilweise künstlich erzeugte Stimmung hat mir nicht gefallen.”

Dass Béla Réthy nicht bei allen Zuschauern ankam und auch polarisierte, nimmt der Gescholtene nicht persönlich. „Die unsachliche Kritik, gerade in den sozialen Medien, habe ich nie an mich herangelassen. Das macht sonst nur schlechte Laune”, befindet Réthy. Was würde der alte Réthy denn dem jungen Réthy für seinen Beruf empfehlen? „Du brauchst ein dickes Fell und darfst keine Mimose sein. Dabei darf man sich nicht zu wichtig nehmen. Das Ereignis selbst soll immer dominieren, nicht der Mensch, der darüber berichtet.” Dass in den letzten Jahren wieder die Co-Kommentatoren in Mode gekommen sind, in Katar hatte Réthy bekanntlich Sandro Wagner („Béla, du bist eine Legende. Schade, dass du aufhörst.”) an seiner Seite, sieht der 66-Jährige durchaus positiv: „Dieser Dialog ist auch wie ein Gespräch mit einem potenziellen Zuschauer. Und am Ende muss man selbst nicht so viel reden.”

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Begegnungen mit dem echten Pelé und dem „weißen Pelé”

Der Fußball und damit auch der Sportjournalismus haben sich in all den Jahrzehnten dramatisch verändert. Réthy erinnert sich noch gerne an die persönlichen Begegnungen mit Pelé bei den Weltmeisterschaften. Eine Begegnung mit dem „weißen Pelé”, wie der damalige brasilianische Nationalspieler Zico genannt wurde, wäre heute jedenfalls in dieser Form undenkbar. Als sich der Brasilien-Kenner Réthy bei der WM 1986 nach dem Befinden des angeschlagenen Stars beim Pressesprecher der brasilianischen Nationalmannschaft erkundigen wollte, sagte der zu ihm, dass er doch einfach zu Zico, der um die Ecke im Fitnessstudio trainierte, hingehen könnte und selber fragen soll. Gesagt, getan und der junge Réthy hatte seine Geschichte in der Tasche. Mal gucken, welche Geschichten er im Ruhestand noch so erzählt. Seine Biografie ist übrigens schon 2014 erschienen.