Bayer Leverkusen hat einen Horrorstart mit vier Pflichtspielpleiten hingelegt. Ist das gut oder schlecht für Mainz 05? Was macht die Werkself in der Verfassung gefährlich?
MAINZ. Das geht schnell vergessen: Bayer Leverkusen hat die vergangene Saison mit starken 64 Punkten als Tabellendritter beendet. Qualifikation für die Champions League. Rückrundenbester gemeinsam mit RB Leipzig (beide 36 Zähler). Und nun? Raus im DFB-Pokal beim Drittligisten SV Elversberg (3:4), danach drei Niederlagen in der Bundesliga. Miserabler kann man nicht starten.
Was geht ab unterm Bayer-Kreuz vor dem Auftritt an diesem Samstag beim FSV Mainz 05? Leverkusen ist gehandelt worden als einer der möglichen Jäger des FC Bayern. Jetzt heißt es: 0 Punkte nach drei Spieltagen, 1:6 Tore, zwei Heimniederlagen hintereinander. Torwart Lukas Hradecky, ein Mann klarer Worte, bemängelte nach dem jüngsten 0:3 gegen die TSG Hoffenheim, ihm fehle in der Mannschaft die Gier, Zweikämpfe führen und gewinnen zu wollen. Mentalität. Ein ganz altes Thema bei diesem Club.
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Psychologische Aspekte. Über Qualität muss man bei Bayer nicht diskutieren. Bekommen die Profis in Mainz wieder Zugriff auf ihre spielerischen Fähigkeiten, auf ihre Geschwindigkeit in der Offensive, auf ihre Torgefährlichkeit? Es gibt zwei Theorien. 1.: Die negativen Bilder und die miese Stimmung, die nach dem Chaos-Start in den Köpfen der Spieler wabern, lassen sich nicht in einer Woche vertreiben. 2.: Die Wut über die vier Pflichtspiel-Niederlagen setzt genau die kämpferische Energie frei, die der CL-Teilnehmer benötigt, um in der Bastion Mainz die Wende herbeizuführen.
Beide Varianten sind denkbar. Wobei in der Bundesliga seit vielen Jahren zu beobachten ist, das Negativ-Serientäter länger bis sehr lange brauchen, um die Ausfahrt aus dem dunklen Tunnel wieder zu finden. Wenn mal die Überzeugung in die Wirksamkeit der eingesetzten Mittel gelitten hat, dann schwindet vor allem das Vertrauen in den selbstverständlichen Zugriff auf die eigenen Stärken. In diesem Fall wird dann gerne appelliert an die Kampfbereitschaft. Aber mit der Betonung auf Rennerei und Grätscherei hat das technisch edel zusammengestellte Team von Bayer 04 eher selten Spiele gewonnen. Und: Genau auf dem Gebiet der emotionalen und physischen Intensität sind die 05er grundsätzlich und besonders in Heimspielen sehr wild unterwegs. Da braucht ein angeschlagener Gegner einen ausgeprägten Widerstandsgeist plus Qualität im Ballbesitz.
Sportliche Aspekte. Zweifellos ist die Bayer-Offensive top besetzt. Mittelstürmer Patrick Schick (26) hat in der Vorsaison 24 Tore geschossen. Der Turbosprinter und Flügeldribbler Moussa Diaby (22) hat 13 Tore erzielt und zwölf Vorlagen geliefert.
Starke Neuzugänge aus Russland und Tschechien
Zehner Sardar Azmoun (27) war über knapp drei Spielzeiten im Trikot von Serienmeister Zenit St. Petersburg der überragende Stürmer in der russischen Liga. Der iranische Nationalspieler, technisch stark, schnell, beweglich, vielseitig und sicher im Abschluss, ist bislang noch kaum zu Geltung gekommen im neuen Umfeld. Das gilt auch für Sommerzugang Adam Hlozek (19); das leichtfüßige Linksaußentalent hat der Club für stolze 13 Millionen Ablöse von Sparta Prag verpflichtet. Womöglich kommt bis zum Wochenende noch Callum Hudson-Odoi, der ausgesprochen begabte Flügelstürmer, mit dem Thomas Tuchel beim FC Chelsea so wenig anfangen kann.
In welcher Form auch immer Bayer sich präsentieren mag in Mainz, die 05er werden in der Defensive einiges zu tun bekommen.
Von Reinhard Rehberg