Fünen: Im Inselmeer trifft dänisches Lebensgefühl auf viel Natur
Von Sven Hollerich
Schiff und Boot sind zwei ganz normale Fortbewegungsmittel auf Fünen. In Svendborg im Südwesten von Fünen liegen aber nicht nur Segelboote. Auch Fähren fahren hier. Sie verbinden die Hauptinsel zum Beispiel mit Ærø, Skarø oder Drejø. Foto: www.visitfyn.de
( Foto: www.visitfyn.de)
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Bye til i morgen“, bis morgen, rufen die Schulkinder Kapitän Jacob Søndergaard zu, als sie am Nachmittag auf Skarø die Fähre mit dem Namen Højestene verlassen. Nur drei von ihnen, Freja, Mads und Mikkel, bleiben noch ein wenig länger auf dem Schiff: bis zur nächsten Anlegestelle in Drejø. Die rund 75 Minuten, die die Überfahrt von Svendborg hinaus auf ihre Heimatinsel dauert, nutzen die drei dazu, ihre Hausaufgaben zu erledigen.
Der Kapitän kennt viele seiner Fahrgäste persönlich, nicht nur die Schulkinder. „Ich mag den Kontakt zu den Inselbewohnern. Passagiere bringen mir immer mal ein Stück Kuchen ans Steuer. Natürlich bekommen sie von mir dann einen Kaffee“, sagt Jacob Søndergaard, der selber in Svendborg zu Hause ist – mit 27 000 Einwohner ist das die zweitgrößte Stadt auf der Insel Fünen.
„Die Menschen auf Fünen sind sehr ‚hyggelig‘“, sagt der 58-Jährige. Nein, ‚hyggelig‘ bedeutet nicht hügelig – auch wenn Fünen weitaus mehr Hügel zu bieten hat als viele andere Landstriche in Dänemark. „Hyggelig“ bezeichnet ein dänisches Lebensgefühl. Übersetzt bedeutet es „gemütlich“. „Wir Dänen sind gesellig und lieben es, zu feiern,“ erklärt der Fährmann.
Schiff und Boot sind zwei ganz normale Fortbewegungsmittel auf Fünen. In Svendborg im Südwesten von Fünen liegen aber nicht nur Segelboote. Auch Fähren fahren hier. Sie verbinden die Hauptinsel zum Beispiel mit Ærø, Skarø oder Drejø. Foto: www.visitfyn.de Foto: www.visitfyn.de
Schloss Egeskov ist Fünens größter Touristenmagnet. Rund 200 000 Menschen wollen das Wasserschloss und seinen Garten jedes Jahr sehen. Foto: Sven Hollerich Foto: Sven Hollerich
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Dass die Bewohner der kleinen, vor Svendborg gelegenen Inseln im südfünischen Inselmeer ein ziemlich geselliges Völkchen sind, verwundert nicht weiter: Auf der 426 Hektar großen Insel Drejø zum Beispiel leben lediglich 70 Menschen. Auf der zwei Quadratkilometer großen Schwesterinsel Skarø sind es nur 35. Man kennt sich.
Im Sommer bringt Kapitän Søndergaard mit der Højestene statt Schulkindern zahlreiche Tagestouristen von Svendborg hinüber auf die beiden Inseln. „Sie kommen wegen der besonderen Inselgemeinschaft“, sagt der Kapitän, der sein Fährschiff fünf Mal täglich nach Drejø und Skarø steuert. Er begrüßt jeden Gast persönlich.
INFORMATIONEN
Anreise: Zum Beispiel mit dem Auto über Hamburg und Flensburg nach Odense oder mit dem Flugzeug nach Kopenhagen und von dort mit dem Zug oder dem Mietwagen weiter nach Fünen.
Weitere Infos: Visit Fyn, www.visitfyn.de
Søndergaards Fähre im südfünischen Inselmeer bedient nur eine von mehr als 50 Fährverbindungen in Dänemark. Beim Blick auf die Landesgrenzen wird klar, dass Schiffspassagen hier zum öffentlichen Personennahverkehr gehören wie anderswo Zug- oder Busverbindungen. 7 314 Kilometer Küstenlinie trennen das dänische Festland (Jütland) und die Inseln von Nord-, und Ostsee. Nur 75 der insgesamt 1419 Inseln sind bewohnt. Dänemark ist von Wasser umarmt. Tatsächlich gibt es keinen Ort im Land, der mehr als 52 Kilometer vom Meer entfernt ist. Das gilt natürlich erst recht für Fünen und die etwa 90 Inseln rundherum.
Das südfünische Inselmeer lässt sich am besten durch Inselhopping erkunden. Von Faaborg, der Hafenstadt im Süden der Hauptinsel, können Urlauber mit einem Insel-Hopping-Ticket zum Beispiel die Inseln Bjørnø, Lyø und Avernakø ansteuern. Ab Svendborg verbindet eine Fährlinie Fünen mit Ærø. Die märchenhafte Insel bildet den südwestlichen Abschluss der Inselwelt vor Fünen. Zwölfmal täglich steuert ein Schiff das 88 Quadratmeter große Eiland an. Das puppenstubenhafte Ærøskøbing mit seinen engen, verwinkelten Gassen und denkmalgeschützten Fachwerkhäusern aus dem 17. und 18. Jahrhundert ist das historische Zentrum der Insel. Angesichts der märchenhaften Kulisse könnte man schnell vergessen, dass der Ort kein Freilichtmuseum ist, sondern dass hier Menschen leben. Auch Fünens beliebteste Attraktion ist noch immer bewohnt: 200 000 Menschen strömen jedes Jahr zum Schloss Egeskov auf der Hauptinsel.
Es ist der Hauptsitz von Graf Michael Ahlefeldt-Laurvig-Bille, der dort mit seiner Familie lebt. Das 460 Jahre alte Renaissance-Schloss zählt zu den schönsten Wasserschlössern Europas. „Und es ist das wohl schönste der insgesamt 123 Schlösser und Herrensitze auf Fünen“, sagt Sandra Schneider Neelmeyer, die seit vielen Jahren auf der Insel lebt.
Schloss Egeskov lockt aber nicht nur als architektonisches Kleinod, sondern vor allem wegen des grandiosen Landschaftsgartens. Daran angeschlossen befindet sich ein Freizeitpark mit Spielmöglichkeiten, Irrgarten, Baumwipfel-Pfad und Museum. Und ein kleines Schloss im Schloss lässt nicht nur Mädchenherzen höher schlagen: Titanias Palast, die prunkvolle Residenz einer Elfenkönigin ist seit 2007 dort zu sehen. Das Puppenhaus im Maßstab eins zu zwölf mit seinen tausenden von Miniaturen und Kunstwerken aus aller Welt ist das größte seiner Art – drei Meter lang, einen halben Meter breit und etwas mehr als eineinhalb Meter hoch. Wer davor steht, fühlt sich in ein Märchen versetzt – wie an vielen Orten auf der Insel.
Was nicht weiter verwundert: In Fünens Hauptort Odense wurde der dänische Dichter Hans Christian Andersen geboren. Der Märchendichter ist der wohl berühmteste Sohn der drittgrößten Stadt Dänemarks.
Wieder zurück an der Südküste Fünens bleibt am Ende der Reise noch Zeit für einen Radausflug nach Helnæs. Ein fast zwei Kilometer langer Damm über den Lillebælt bildet die Verbindung auf die Halbinsel. Deren Wahrzeichen ist der 1900 erbaute Leuchtturm Lindehoved Fyr. Mit seinen 28 Metern Höhe ist seine Spitze fast genauso hoch, wie der höchste Punkt der Insel. Toskana-Kenner werden beim Anblick womöglich stutzig: Denn der Turm ist eine Kopie des Torre del Mangia aus Siena. Doch statt auf die mittelalterlichen Paläste des Zentrums der Toskana wandert der Blick hier zur Küste des südfünische Inselmeeres.