Grundstücksexperte Rainer Schorr zur Entwicklung in Berlin Grünheide: Eine Gigafabrik gibt einen Impuls für die Region
(Foto: Copyright PRS Family Trust)
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Berlin, 02.11.2020 – Der starke Zuzug aus Berlin an den Stadtrand sorgt dort seit Jahren für konstant steigende Grundstückspreise. Wohnraum in der Hauptstadt ist sehr knapp und oft teuer, das Angebot sinkt und die Menschen suchen im Umland nach Alternativen. Infrastruktur- und Großprojekte, wie die baldige Eröffnung des Hauptstadtflughafens BER oder die Verlängerung der S-Bahn, sorgen dort für rege Bautätigkeit und lassen ganze Wohnsiedlungen und Wirtschaftscluster entstehen. Gleichzeitig erkennen in Zeiten von Corona viele die Vorteile vom Leben im ruhigeren und grüneren Speckgürtel Berlins, private Bautätigkeit wird staatlich gefördert.
Grundstücke in S-Bahn Nähe sind daher attraktiv. Die Menschen haben mit dem Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr der Hauptstadt die Möglichkeit rasch in der Innenstadt zu sein und genießen gleichzeitig die Vorteile höherer Lebensqualität im Umland. Die Preise entwickeln sich dabei fast im Tandem zum Entwicklungsstand der Region. „Sie können diesen Effekt an der Bodenrichtwertentwicklung direkt messen“, sagt Rainer Schorr, Geschäftsführer der PRS Family Trust GmbH. „Grundstücke in S-Bahn Nähe sind ein klassisches Beispiel für den Einfluss von Infrastrukturprojekten auf Bodenpreise. Sie zeigen das Entwicklungspotential, das im Umland steckt.“
12.000 neue Arbeitsplätze steigern Wohnungsbedarf
Ein weiteres Großprojekt, welches für einen regionalen Entwicklungsschub sorgen dürfte, ist die Industrieansiedlung von Tesla in Grünheide im Südosten Berlins. Ein Informationsbüro von Tesla steht bereits in der Gemeinde. Nur etwa zwölf Autominuten von der S-Bahnstation Erkner entfernt, befindet sich die vierte Gigafactory des Autoherstellers im Bau. Sie soll 12.000 neue Arbeitsplätze schaffen und fast im Alleingang Grünheide als Wirtschaftsstandort im Berliner Umland etablieren.
Für den Immobilienmarkt der Umliegenden Gemeinden haben die Deutschland-Pläne des Autoherstellers bereits handfeste Folgen. Die neue Gigafactory wirkt als Katalysator für die Entwicklung der Baulandpreise. Seit der Ankündigung des Konzerns, sind die Angebotspreise in den umliegenden Gemeinden gestiegen. „Das wird nicht nur den Bestandsmarkt in Erkner und Grünheide unter Druck setzen. Tesla will bereits im Sommer 2021 produzieren können und tausende Arbeitskräfte dafür einstellen. Doch nicht alle neuen potenziellen Arbeitnehmer können im Bestand der umliegenden Gemeinden einen passenden Wohnraum finden“, sagt Rainer Schorr. Grünheide allein kann diese nicht aufnehmen. Es ist bereits abzusehen, dass die Gigafabrik früher eröffnen wird, als neue Grundstücke bebaut sein werden.
Steigende Preise im Südosten Berlins
„Die Nachfrage nach Wohnraum im Südosten Berlins wächst enorm. Die Preise steigen weiter und bieten für Investoren attraktive Möglichkeiten auf Grundstücksentwicklungen zu setzen.“ sagt Rainer Schorr. Die Engpässe können Leerstände in weiter entfernten Regionen nur teilweise abmildern. „In den Gemeinden nahe Grünheide wird gebaut werden müssen, denn die nächsten nennenswerten Wohnraumkapazitäten liegen in Frankfurt an der Oder und in Eisenhüttenstadt, also etwa einer Autostunde von der Gigafactory entfernt“, sagt Rainer Schorr.
Bedarf an Baugrundstücken wächst
Die Investitionspotentiale der Ansiedlung für Tesla hat bereits einige Projektentwickler auf den Plan gerufen. Viele Grundstücke sind bereits verkauft. Bei weiteren stehen Transaktionen an. „Der Fortschritt der Entwicklungen im Süden und Südosten Berlins spiegelt sich in den nachfolgend steigenden Grundstückspreisen wider“, erklärt Rainer Schorr. „Der BER verdeutlicht diesen Zusammenhang sehr gut.“ Auch in der Umgebung des Hauptstadtflughafens Berlin-Brandenburg International entwickeln sich Nachfrage nach baureifen Grundstücken und deren Preise dynamisch. In den vergangenen zwei Jahren haben sich die Baulandpreise in der Gemeinde Schönefeld um etwa 60 Prozent erhöht. „Der Unterschied zu Schönefeld ist, dass die Entwicklung der Region schon längerfristig voranging und eine Eröffnung des BER eingeplant werden konnte. Die Gigafactory in Grünheide wird sehr viel schneller entstehen und die Immobilien- und Grundstückspreise der Region schlagartiger beeinflussen als dies beim relativ gemächlichen Flughafenbau der Fall war“, ergänzt Schorr.
Kleiner Gemeinden stoßen an ihre Grenzen
Die Gemeinde Grünheide ist bereits an den Grenzen ihrer Wohnraumkapazitäten angelangt. „Wenn wir nicht genug bauen, wird sich Tesla vermutlich selbst darum kümmern“, sagt Schorr. „Der Gemeinde bietet sich jedoch eine einmalige Gelegenheit, an der maßgeblichen Entwicklung der Region beteiligt zu sein. Es gibt noch zu wenige bebauungsfähige Grundstücke. Bebauungspläne müssen teilweise umgeschrieben, Wohn-, Logistik- und Gewerbegebiete ausgewiesen werden.“
Das deutsche Planungsrecht ist allerdings träge, und kann auf eine so plötzliche Bedarfsänderung schwerlich reagieren. Die vorgesehenen Nutzungsarten der vorhandenen Flächen müssen in den Flächennutzungs- und Bebauungsplänen eine andere Ausweisung bekommen. „Das war auch in der Umgebung vom BER der Fall“ sagt Schorr. „Das vorhandene Bauland in Grünheide ist so wie es derzeit bestellt ist jedoch oft nicht nutzbar und muss sich in Abstimmung mit der Gemeinde weiterentwickeln – etwa, wenn die Nutzungsarten im Flächennutzungsplan Gewerbegebiet vorsehen, aber Wohnraum viel dringender gebraucht wird. Grünheide muss hier nachholen. Die Preise der derzeit vorhandenen bebauungsfähigen Grundstücke können sich dort in nächsten Monaten noch sehr volatil entwickeln“, sagt Rainer Schorr.
Neben dem Ausbau des Wohnraumangebots ist der Ausbau der Infrastruktur die größte Herausforderung der regionalen Stadtentwicklung. Es müssen nicht nur die bestehenden
Verkehrsanbindungen ausgebaut werden. Neben Wohngebieten müssen auch Kitas, Schulen,
Nahversorger und Einkaufsmöglichkeiten entstehen.