In der Affäre um den Flughafen Hahn bleiben weiter viele Fragen offen
Bei der Affäre um den gescheiterten Verkauf des Flughafens Frankfurt Hahn ist noch immer kein Ende in Sicht. Landesregierung und Beratergesellschaft schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Einer der beiden lügt.
Von Markus Lachmann
Reporter Politikredaktion Mainz
Da schien die Welt noch in Ordnung zu sein: Staatssekretär Stich (links) und Minister Lewentz (rechts) mit den chinesischen "Käufern". Archivfoto: dpa
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MAINZ - Es waren hektische Tage in jenem Mai 2016 im Regierungsviertel. Der Verkauf des Flughafens Hahn an die chinesische Firma SYT sollte perfekt gemacht werden, die Zeit drängte. Wie man heute weiß, scheiterte der Verkauf im Juni krachend, weil das Geld nicht floss. Zurück zu jenem hektischen Mai des Jahres 2016: In letzter Sekunde hatte es seltsame Gesellschafterwechsel bei SYT gegeben, das Innenministerium hatte darauf seine Berater gebeten, weitere Dokumente aus China zu besorgen.
Das Kabinett gab am 30. Mai 2016 grünes Licht für den Verkauf. Am 31. Mai, einem Dienstag, kam es dann zu einem „finalen“ Treffen zwischen Innenstaatssekretär Randolf Stich (SPD), zwei Beamten des Ministeriums und den Beratern von KPMG in Frankfurt. Die Aussagen, was besprochen wurde, gehen auseinander. Nach Angaben des Innenministeriums hat KPMG auf ausdrückliche Nachfrage Stichs bestätigt, dass dem Vertragsabschluss mit der Shanghai Yiqian Trading (SYT) am 2. Juni keine Hindernisse entgegenstünden. KPMG, vom Landesrechnungshof dazu Monate später befragt, weist strikt zurück, eine solche Aussage getroffen zu haben.
Vermerk erst sechseinhalb Wochen nach dem Gespräch erstellt
Wer hat Recht? Auch nach dem Sitzungsmarathon von vergangener Woche in den Ausschüssen des Landtags ist man bei diesen zentralen Fragen keinen Schritt weitergekommen. Interessant: Der Vermerk im Innenministerium, der das Gespräch bei KPMG vom 31. Mai 2016 wiedergibt, datiert auf 21. Juli 2016, unterschrieben von Stich, Abteilungsleiter Klaus Stumpf und dem zuständigen Referatsleiter. Also siebeneinhalb Wochen nach dem eigentlichen Gespräch.
OPPOSITION
Die CDU-Fraktion will den offenen Fragen zur Hahn-Affäre weiter nachgehen. Dies soll Im Rechtsausschuss des Landtags sowie erneut im Innenausschuss geschehen, wie die beiden Abgeordneten Alexander Licht und Martin Brandl am Freitag erklärten.
Zu einem anderen angeblichen Gespräch, einem Telefonat, gibt es überhaupt keine Aufzeichnungen. Auch dieses ist zentral, es soll nach Angaben von Innenstaatssekretär Stich am 30. Mai 2016 morgens stattgefunden haben, also noch vor der entscheidenden Sitzung des Kabinetts. KPMG verneint bis heute, dass dieses Telefonat stattgefunden habe. Aufzeichnungen des Staatssekretärs gibt es nicht. In den Ausschüssen vergangene Woche konnte sich Stich auch nicht mehr erinnern, mit wem er gesprochen hatte.
In dem angeblichen Telefonat soll es um das Ergebnis des aktualisierten Sicherheitschecks gegangen sein, nach dem es ja Änderungen bei den SYT-Gesellschaftern gegeben hatte. So hatten die Vertreter der Chinesen am 19. Mai 2016 den verdutzten Deutschen erklärt, es gebe mit der Shanghai Guo Qing Investment Co. Ltd. nun einen neuen Gesellschafter. Und per E-Mail an KPMG schrieben die Anwälte von SYT am 27. Mai auf einmal: Statt der Investmentgesellschaft werde ein gewisser Zhu Qing neuer Gesellschafter. Ja, was den nun?
Nicht zuletzt wegen dieser Wirren bei der Gesellschafterstruktur hatte KPMG in einem Zwischenbericht vom 20. April 2016 die „Ampeln“ beim Sicherheitscheck teils auf Rot, teils auf Gelb stehen. In der finalen Fassung des Berichts („IDD“), die erst am 16. Juni 2016 im Innenministerium einging, standen die Ampeln dann auf Grün.
Rote Ampeln, atemberaubende Gesellschafterwechsel – was davon war dem Kabinett von Malu Dreyer (SPD) bekannt? Wurden Warnungen anderer Ministerien unter den Tisch gekehrt? Das bleibt im Dunkeln. Die Kabinettsvorlage, die der Entscheidung am 30. Mai 2016 zugrunde lag, war veraltet und trug den Stand vom 18. Mai. „Alles in Butter“, lautete der Tenor. Innenminister Roger Lewentz (SPD) trug die neuesten Infos damals im Kabinett mündlich vor.
Doch was genau trug der Minister den Kabinettskollegen vor? Vergangene Woche zitierte Lewentz in den Ausschüssen aus seinem sogenannten Sprechvermerk – so wird die Vorlage für einen mündlichen Vortrag bezeichnet. Wirklich beantwortet ist die Frage aber auch damit nicht.