Christian Baldauf wird CDU in Wahlkampf 2021 führen
Christian Baldauf, Fraktionsvorsitzender im Landtag, soll der CDU-Spitzenkandidat für die Wahl 2021 werde. Die größte Gefahr für die SPD wäre, ihn zu unterschätzen.
Von Markus Lachmann
Reporter Politikredaktion Mainz
Als Julia Klöckner im vergangenen Jahr Bundeslandwirtschaftsministerin wurde, übernahm Christian Baldauf den Posten des CDU-Landtagsfraktionschefs.
(Archivfoto: Lachmann)
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MAINZ. Vor wenigen Wochen liefen sich Christian Baldauf und Malu Dreyer über den Weg. „Bei euch ist ja was in Bewegung“, soll die Ministerpräsidentin sinngemäß zu dem CDU-Mann gesagt haben. „Bei euch auch“, lautete dessen Antwort.
Christdemokraten behaupten, Malu Dreyer sei derzeit die Einzige in der SPD, die den 51 Jahre alten Anwalt aus Frankenthal ernst nehme. Das ist natürlich überspitzt und selbst wenn es so wäre, dürfte sich das von diesem Montag an ändern. Wenn nicht noch kurzfristig ein Komet in die Erde einschlägt, dürfte Baldauf, der Landtagsfraktionschef, von Julia Klöckner als Spitzenkandidat für 2021 vorgeschlagen werden.
Vor neun Jahren war es genau andersherum. Baldauf räumte für Klöckner den Platz, gab Fraktions- und Parteivorsitz ab und verzichtete auf die Spitzenkandidatur gegen Kurt Beck. Eher zähneknirschend dürfte dies der Anwalt gemacht haben, aber vielleicht auch in der Einsicht, dass er noch nicht weit genug war. Baldauf hatte nach der Finanzaffäre seines Vorgängers, Christoph Böhr, den Laden aufgeräumt, die Fraktion aus den schweren juristischen Gewässern gebracht und die Kasse saniert. Dem Neuen wurde jedoch nachgesagt, er sei zu flapsig, thematisch zu unbeständig, taktisch zu ungeschickt. Im Duell mit Beck sah Baldauf nicht immer gut aus. Als der Jurist den Ministerpräsidenten im Untersuchungsausschuss zum Nürburgring stellen wollte, metzelte der bärtige Pfälzer den jungen Oppositionsführer einfach nieder. Klöckner war damals wahrscheinlich tatsächlich der bessere Kontrapart zu Beck. Auch wenn sie diesem 2011 dann knapp unterlag.
Im Mai 2018 wurde Julia Klöckner Bundesministerin in Berlin. Sie blieb Parteichefin, übergab in der Fraktion den Staffelstab an Baldauf. Dieser witterte Morgenluft. Dass er mehr wollte, daraus machte er nie einen Hehl. Dass dies nur gemeinsam mit Julia Klöckner gelingen werde, auch nicht. Baldauf ging nach seiner Wahl zum Fraktionschef ruhig ans Werk, nicht hektisch. Er musste eine Reihe von Mitarbeitern ersetzen, holte junge, talentierte Leute ins Boot. Er pflegte die Kontakte zu Journalisten und bediente seine Netzwerke in der Partei. Unter Baldauf genießen die Abgeordneten mehr Beinfreiheit als früher. Allerdings schwächle die Fraktion inhaltlich, sagen kritische Stimmen. Es gibt wenige thematische Highlights, die mit dem „neuen alten“ Fraktionschef verbunden werden, etwa seinen Vorschlag zur Einrichtung eines Fonds für die Opfer von Hochwasser. „Er muss jetzt endlich mal liefern“, ätzt die FDP.
Parteitag der CDU im Oktober 2018. Baldauf hat Schwung, zu viel Schwung. Auf dem glatten Parkett des Saals in Lahnstein rutscht er aus. Dem passionierten Taucher, Rennradfahrer und Hobby-Kicker passiert nichts. Er klopft den Staub vom Anzug ab – und macht weiter. Obwohl er mit seiner Rede erst weit nach Klöckner an der Reihe ist und einige Parteifreunde schon den Saal verlassen haben, gewinnt er die Delegierten für sich. Sein Thema: Demokratie und Rechtsstaat. Bei seiner Wiederwahl als Vize-Parteichef erhält er 92 Prozent der Stimmen, fast zehn Punkte mehr als Klöckner. Vielleicht ist es der Turning Point, der Wendepunkt für den Frankenthaler.
Geschickt Signale an die Grünen ausgesandt
Baldauf gilt als Konservativer und eher „Schwarzgelber“. Doch geschickt hat der 51-Jährige in den vergangenen Monaten Signale an die Grünen ausgesandt, etwa beim Thema Klimaschutz. Der Fraktionschef hat eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, es geht um das Miteinander von Landwirtschaft und Umwelt. Zu Hause lebt Baldauf tatsächlich mehr öko, als mancher denkt. Der verheiratete, zweifache Familienvater hat eine Solaranlage auf dem Dach, ein E-Auto steht auf dem Einkaufszettel. Das hängt der Christdemokrat aber nicht an die große Glocke. Der Youtuber Rezo lässt grüßen: Baldauf hört sich an, was die Jugend zu sagen hat. Die Kritik, dass die CDU kaum noch Jugendliche erreiche, nimmt er ernst.
Könnte ein Christian Baldauf der Sympathieträgerin Malu Dreyer gefährlich werden? Der Politiker, der im Männerchor singt und großer FCK-Fan ist, gilt als ehrlich, nahbar. Das ist seine Stärke und Schwäche zugleich. Manchmal ist er so ehrlich und spontan, dass seinen Mitarbeitern die Haare zu Berge stehen. Vor zehn Tagen ließ sich Baldauf von einem Sat.1-Kamerateam im Landauer Zoo filmen, er hat eine Patenschaft für ein Dromedar-Baby übernommen. Darauf angesprochen, dass der politische Gegner womöglich das Thema „Trampeltier“ ausschlachten könnte, winkt Baldauf ab. So sei er eben.
Bis zum Wahlkampf in Rheinland-Pfalz ist es noch hin. Größte Gefahr für die Sozialdemokraten könnte es sein, dass ihre Fußtruppen nicht marschieren, weil sie denken, bei einem Kandidaten Baldauf sei die Wahl schon gewonnen. Einen personellen Überraschungseffekt wird die CDU im Wahlkampf nun nicht mehr bieten können. Dass man einen Mann gegen die Frauen-Hochburg Staatskanzlei ins Rennen schickt, dürfte der CDU strategisch nicht unbedingt zum Nachteil gereichen. Unabhängig von allen Überlegungen: Es ist nicht auszuschließen, dass die weiteren Ereignisse in Berlin die Wahl in Rheinland-Pfalz 2021 stark beeinflussen werden. Baldauf und Dreyer können erst einmal nur auf Sicht fahren.