Wenn das Bellen verklingt: Verein „Tote Hunde“ steht in...

Symbolfoto: dpa

Für Hundehalter ein schreckliches Szenario: Beim Spaziergang büxt der Vierbeiner aus – und taucht nicht wieder auf. Der Verein „Tote Hunde“ will den Besitzern in dieser...

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MAINZ. Für Hundebesitzer ist es das erleichterndste Geräusch der Welt: Das Rasseln der Steuermarke, wenn einem aus welchem Grund auch immer das Tier entlaufen ist, dann aber nach quälend langer Suche im Laufschritt zu einem zurückfindet. Doch manchmal bleibt das Rasseln aus, der Hund verschwunden – dann gibt es noch die Hoffnung, die aber Stunde um Stunde der Angst und Resignation weicht.

Den Besitzern diese Ungewissheit zu nehmen, ist die wichtigste Motivation der 1600 Menschen, die sich bundesweit für den Verein „Tote Hunde“ engagieren. Wenn ein Kadaver eines Hundes oder eines anderen Tieres gesichtet wird, werden sie gerufen und kümmern sich darum, dass die Polizei ihn birgt und sie helfen, die Identität festzustellen.

856 Fälle gab es im vergangenen Jahr bundesweit – 25 in Rheinland-Pfalz, wobei es insgesamt rund 100 mal Alarm gab. Rheinland-Pfalz sei noch ein vergleichsweise ruhiges Umfeld, berichtet „Tote Hunde“. Böschungen von Autobahnen oder Bahndämme würden die Hunde anlocken, weil es darin viele Wildtiere gebe. Anders als Katzen interessieren sich Hunde auch für Kadaver.

In Rheinland-Pfalz gibt es 180 Helfer

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Mir tut es in der Seele weh, wenn ein Tier im Mülleimer landet“, erzählt Ina Schmidt aus dem Westerwald. Eine von rund 180 Helfern in Rheinland-Pfalz. Sie sei selber, wie die allermeisten anderen auch, Besitzerin und könne die Ängste der Halter nachempfinden, wenn ein Hund entlaufen ist: „Für die meisten sind sie doch ein Familienmitglied.“

Daher nimmt Schmidt einiges in Kauf für ihr Engagement: Alleine für einen einzigen Fund sei sie jüngst 230 Kilometer gefahren. Das Benzingeld zahle sie selber und obendrein binde die Aufgabe sie mehrere Stunden in der Woche.

Und das ist nicht alles, wie die Sprecherin des Vereins in Rheinland-Pfalz, Alexandra Bungert berichtet: Mitunter zerreißen Autos oder Züge die Tiere regelrecht. Dann müssten die Helfer anhand von einzelnen Körperteilen die Recherche aufnehmen: „Es gibt viele Helfer, die nach so einer Aufgabe jemanden zum Reden brauchen.“

„Manche weinen am Telefon“

Vergleichsweise einfach ist es noch, wenn die Hunde einen Chip tragen und registriert sind. Doch viele Besitzer würden es unterlassen, ihre Tiere entsprechend kenntlich zu machen. Dann müssen die Helfer von „Tote Hunde“ über Rasse, Geschlecht, Zähne und Tätowierungen sowie mithilfe der Vermisstenkartei die Tiere zuordnen.

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Ist die Identität des Tieres ermittelt, steht den Helfern noch eine schwere Aufgabe bevor: die Besitzer zu informieren. „Manche weinen am Telefon“, sagt Bungert. Andere erzählten von ihren Hunden, etwa von dem Moment, in dem er entlaufen ist. Dann gibt es auch welche, die sind geschockt und wollen den Kadaver nicht abholen. „Am nächsten Tag rufen sie dann aber doch an und sagen, sie haben es sich anders überlegt und wollen das Tier begraben.“

Nicht jeder ist erleichtert nach dem Anruf von „Tote Hunde“. In manchen Fällen hat der Hund einen Autounfall verursacht. Hat der Halter dann keine Haftpflicht-Versicherung abgeschlossen, kann ein enormer Schaden auf ihn zukommen. „In den meisten Fällen sind die Menschen aber dankbar“, sagt Bungert. Denn dann sei ihnen wenigstens die Sorge um den Hund genommen, der für viele ein Familienmitglied geworden ist.

Von Mario Thurnes