Klimaschutzbewegung will Fleischkongress in Mainz verhindern

Beim Fleischkongress in Mainz sollen laut Veranstalter auch Themen wie Nachhaltigkeit und Regionalität bei der Fleischerzeugung diskutiert werden.
© Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa

Mehrere Gruppen haben eine Online-Petition gestartet, um die Bundesveranstaltung in Mainz zu verhindern. Stadt und Wirtschaftsministerium äußern sich kritisch zu der Aktion.

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Mainz. Aufstand statt Aufschnitt: Im November findet nach aktuellen Planungen in der Mainzer Rheingoldhalle ein zweitägiges Netzwerktreffen der Fleischindustrie statt, der sogenannte Fleischkongress. Ein Forum zur Diskussion, eine Kursbestimmung für die künftige Ausrichtung der Fleischwirtschaft. Nur: Gegen diese Veranstaltung formiert sich im Internet derzeit Widerstand. Die Klimaschutzgruppe und Tierbefreiungsinitiative „Kolibri Kollektiv“ hat im August eine Online-Petition gestartet, um den Kongress in Mainz zu verhindern. Bislang haben rund 22.000 Menschen die Petition unterzeichnet.

Ein Bündnis aus lokalen und regionalen Umweltschutzbewegungen

Am 21. und 22. November soll der Fleischkongress zum dritten Mal in Mainz stattfinden. Die Gegner des Branchentreffs argumentieren, dass es auch in diesem Jahr weder „die desaströsen Auswirkungen der Tierindustrie auf Umwelt und Klima“ noch „die katastrophalen Zustände in den Schlachtfabriken“ auf die Agenda des Treffens geschafft hätten. Stattdessen würden sich die Themen abermals nur „um Verkaufsstrategien und Gewinnmaximierung“ drehen. Laut dem Kolibri Kollektiv habe deshalb ein breites Feld aus lokalen und regionalen Gruppen beschlossen, den Kongress zu verhindern. Darunter auch Umweltschutzorganisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Greenpeace sowie Klimaschutzbewegungen wie die Students for Future. Mit ihrer Petition wollen Protestler die Stadt Mainz auffordern, der Fleischindustrie keine Räumlichkeiten für den Kongress zur Verfügung zu stellen. Sobald ausreichend Unterschriften zusammengekommen sind, soll die Petition dem Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) übergeben werden.

Wie kommt der Protest bei der Fleischer-Branche an? Andreas Harth ist stellvertretender Obermeister der Fleischer-Innung Mainz-Bingen. Und Inhaber einer Metzgerei mit eigener Schlachtung in Stadecken-Elsheim. Angesprochen auf die Petition antwortet er offen: „Es stimmt zum Teil, was die Initiatoren der Petitionen sagen, Massentierhaltung und industrielles Schlachten braucht eigentlich kein Mensch, aber darum geht es bei dem Kongress auch nicht.“ Vielmehr sei es das Ziel der Branche, über einen strukturierten Austausch sich den Bedürfnissen und Wünsche der Kunden anzupassen. Und das gehe am besten über solche Netzwerkveranstaltungen. „Bei unseren Gesprächen geht es auch um den zunehmenden Umgang mit Veganern und Vegetariern, es geht um ökologische Aspekte, um Nachhaltigkeit und Regionalität.“ Deshalb sei eine Absage des Kongresses laut Harth auch kontraproduktiv, „weil sich ohne Dialog in der Industrie wenig ändern würde“.

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In der Mainzer Stadtverwaltung ist die Petition ebenfalls bereits registriert worden. Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) räumt auf Anfrage grundsätzlich ein: „Es ist sicher angebracht, sich mit den Argumenten vom Kolibri Kollektiv zu beschäftigen.“ Von einer Absage der Veranstaltung hält die Wirtschaftsdezernentin indes wenig. Auch weil bei dem zweitägigen Kongress Themen wie „Fleischalternativen, digitale Transformation und Tierwohl auf der Tagesordnung“ stehen würden. Zudem zeigt sich die CDU-Politikerin froh darüber, dass ein solch großer Kongress einer bundesweit bedeutsamen Industrie in Mainz stattfindet. „Schließlich werden hunderte Teilnehmer und Tagesgäste erwartet“, sagt Matz. „Davon profitiert unsere heimische Wirtschaft in großem Maße - die Hotellerie, der Handel, die Gastronomie, das Taxigewerbe oder auch kulturelle Einrichtungen.“

Auch die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) bewertet eine mögliche Absage des Kongresses als falsches Signal. Schmitt sagt: „Für eine offene Gesellschaft, in der es natürlich unterschiedliche Interessen gibt, ist es unglaublich wichtig, den Dialog zu suchen und sich auszutauschen. Deshalb ist es für mich unverständlich, dass eine Veranstaltung wie der Deutsche Fleischkongress verhindert werden soll.“ Kongresse dieser Art bieten laut der Wirtschaftsministerin eine Plattform, um konstruktiv über Streitthemen wie Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung beim Erzeugen von Tierfutter oder artgerechte Haltung zu diskutieren. Daher werde auch der Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums, Andy Becht (FDP), auf dem Kongress vertreten sein, wie Ministerin Schmitt ankündigt.