Kurz vor der Landtagswahl zieht die rheinland-pfälzische CDU vor den Verfassungsgerichtshof. Sie wirft der Landesregierung Verschleierung bei der Aufklärung einer Affäre vor.
MAINZ. Vor wenigen Wochen hat die rheinland-pfälzische Landesregierung den Verfassungsstreit um den Kommunalen Finanzausgleich krachend verloren. Jetzt droht ihr die nächste Klatsche in Koblenz. Christofer Lenz ist jedenfalls zuversichtlich: „Die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung ist sehr hoch, es geht jetzt eher um das Torverhältnis.“
Staatsrechtler Lenz aus Stuttgart vertritt die CDU-Landtagsfraktion, die die Ampelregierung wegen der Beförderungsaffäre vor den Kadi in Koblenz schleift. Konkret geht es um die „ungenügende und oberflächliche Beantwortung“ der Großen CDU-Anfrage zu diesem Thema, sagt der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Martin Brandl. „Das ist ein weiterer Skandal, ein Schlag ins Gesicht des Parlaments.“
Eine solche Klage gab es in Rheinland-Pfalz noch nie, im Bund und anderen Ländern dagegen oft, so Lenz: „Da gibt es tonnenweise Rechtsprechung. Die Verfahren hatten ganz überwiegend Erfolg, weil die Anforderungen der Rechtsprechung an die Regierungen hier sehr hoch sind.“ InRheinland-Pfalz ist das Fragerecht (anders als im Bund und den restlichen Ländern) sogar in Artikel 89a der Landesverfassung verbrieft. „Parlamentarische Anfragen hat die Landesregierung unverzüglich zu beantworten“, heißt es da. Für Lenz gibt es dabei keinen Auslegungsspielraum.
„Regierungen verlieren lieber hinterher vor Gericht“
„Vollständig, richtig und zeitnah“ hätten die von SPD, FDP und Grünen geführten Ministerien und die Staatskanzlei zur Beförderungsaffäre aber nicht geantwortet. Man verschanze sich hinter Datenschutz, auch wenn dieser nur „berührt“ und nicht „verletzt“ wurde. Die Ablehnung von Antworten hätte mit Kabinettsbeschluss begründet werden müssen, sagt Lenz, nicht nur durch die Unterschrift von Innenstaatssekretär Randolf Stich. Einige Fragen seien zudem von einem Ministerium beantwortet worden, vom nächsten nicht. Lenz sieht darin nur „die Spitze des Eisbergs“. Politische Beamte wurden nämlich gar nicht betrachtet und Ausnahmeregeln bei Beförderungen nicht begründet.
Neue, fundiertere Antworten erzwingen kann die CDU nicht, die Feststellungsklage kann aber rechtswidriges Handeln belegen. „Regierungen sagen unangenehme Dinge nicht, sie verlieren lieber hinterher vor Gericht“, meint Jurist Lenz. Brandl will trotz dieses Kalküls kein Gras über den Skandal wachsen lassen – zumal er darin dieselbe „Systematik des Vertuschens“ wie beim Hahn und am Nürburgring sieht.
Von Ulrich Gerecke