Das Landgericht Mainz hat den AfD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Münzenmaier wegen Beihilfe zur Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Wie den Politiker seine...
MAINZ. Weil er eine Attacke von Lauterer Hooligans auf Mainzer Fans im Jahr 2012 unterstützt hat, ist der AfD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier zu einer Geldstrafe verurteilt worden. In der Fan-Szene des FCK war der heute 29-Jährige seinerzeit kein Unbekannter.
Etwa 90 Minuten hatten die Hools aus Kaiserslautern schon gewartet. Sie trugen dunkle Kapuzenpullis und Sturmhauben. Im Wäldchen, direkt hinter dem Bruchwegstadion in Mainz, machten sie Dehnübungen, bandagierten sich die Hände. Als nach 22 Uhr mehrere Busse mit Mainzer Fans am Bruchweg hielten, Rückkehrer aus Augsburg, darunter auch Frauen und Kinder, bewegten sich die FCK-Schläger in militärischer Blockformation auf sie zu. Etwa 20 Mainzer Ultras nahmen den Kampf an. Es flogen Fäuste, Glasflaschen, auch Straßenschilder. Wahlplakate wurden zerstört, um die Holzlatten zu nutzen. Bilanz: Platzwunden, Brüche, bewusstlos Geschlagene.
In einer Kolonne mit zehn Fahrzeugen sei man zum Bruchweg gefahren
Das war am Abend des 17. März 2012. Die Hools und Ultras sollen vom heutigen AfD-Politiker Sebastian Münzenmaier an den Tatort gelotst worden sein. Der gebürtige Darmstädter war in der Lauterer Szene in früheren Jahren kein Unbekannter; er engagierte sich im Fanbeirat, soll auch Kontakte zur Ultra-Gruppe „Frenetic Youth“ gehabt haben – zu deutsch: „Frenetische Jugend“. Bei einer Wohnungsdurchsuchung fanden die Beamten bei ihm seinerzeit einen Teleskop-Schlagstock und einen „Ninja-Zipper“, ein bei Hooligans beliebter Kapuzenpullover. Münzenmaier hatte im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt, auch einen Baseball-Schläger am Bett stehen zu haben. Aus Sicherheitsgründen. Doch die Sachen seien nicht eingesetzt worden.
Das Amtsgericht hatte zwar nicht nachweisen können, dass Münzenmaier an der Schlägerei beteiligt war. Allerdings waren die Richter davon überzeugt, dass er an jenem Abend die FCK-Schläger von einer Tankstelle in Mainz zum Bruchweg schleuste. Es gab Zeugen, die Münzenmaier gesehen haben wollen. In einer Kolonne mit zehn Fahrzeugen sei man zum Bruchweg gefahren.
Auch soll der Name „Münz“ in Chat-Protokollen, in denen der Krawallabend vorbereitet wurde, aufgetaucht sein. Münzenmaier selbst sagt: „Ich habe mich nie an irgendwelchen gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligt.“ Auch hätten seine Handy-Daten gezeigt, dass er nicht am Tatort gewesen war. Das Gericht war davon ausgegangen, dass er zurück zur Tankstelle gefahren sei, um auf Nachzügler zu warten.
Das ganz große Fass wurde nicht mehr aufgemacht
Im Oktober vergangenen Jahres verurteilte das Amtsgericht Mainz den AfD-Politiker: Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung, sechs Monate Freiheitsstrafe, zur Bewährung ausgesetzt, plus Geldstrafe. Dagegen legten sowohl der Abgeordnete als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Am Montag kam es vor dem Landgericht Mainz zur Berufungsverhandlung. Das ganz große Fass wurde von der 7. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Oliver Berg nicht mehr aufgemacht: So hatten sich Verteidigung und Staatsanwaltschaft bereits im Vorfeld der Verhandlung verständigt – auf eine mögliche Geldstrafe. So kam es dann auch: 90 Tagessätze zu 180 Euro, zusammengerechnet 16.200 Euro. Damit gilt der AfD-Politiker nicht als vorbestraft, was erst ab 91 Tagessätzen der Fall gewesen wäre. Die Haftstrafe ließ das Gericht fallen.
Der Hintergrund: In Zusammenhang mit der Hool-Attacke gab es eine ganze Reihe von Verurteilungen, das Strafmaß für die Haupttäter war jeweils eine Freiheitsstrafe von einem halben Jahr. Geht man darunter, dann hat eine Geldstrafe Vorrang. Aufgrund des „Deals“, den Verteidigung und Staatsanwaltschaft machten, zog die Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf Berufung zurück. Münzenmaier wiederum legte Berufung nur noch beim Strafmaß ein – nicht aber beim vom Amtsgericht festgestellten Sachverhalt. Wie Richter Berg sagte, habe der Angeklagte den Sachverhalt eingeräumt, „das haben wir als Geständnis zu bewerten". In der Urteilsbegründung sprach der Richter von „fiktionalem Geständnis“. Münzenmaier betonte anschließend, dass er kein Geständnis abgelegt habe.
Im Jahr 2012 war die Stimmung aufgeladen. Bei Derbys wurden Banner im Stadion verbrannt. Es gab Gerüchte, Mainzer Fans hätten sich auf dem Grab von Fritz Walter erleichtert. Der Angriff in Mainz war als Rache gedacht. Münzenmaier ist heute noch Fan des FCK, ist allerdings in der Fanszene nicht mehr aktiv. Der Abend des 17. März 2012 wird ihn wohl noch lange verfolgen.
Von Markus Lachmann