Vier Regionen über Corona-Schwelle

aus Coronavirus-Pandemie

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Coronavirus Foto: peterschreiber.media-stock.adobe

In Hessen erhöht sich die Zahl der Regionen mit kritischem Corona-Wert. Im Main-Taunus-Kreis greifen deswegen neue Beschränkungen. Und Frankfurt könnte bald die höchste...

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HESSEN. Der Main-Taunus-Kreis hat am Dienstag weitere Beschränkungen des öffentlichen Lebens wegen der Corona-Pandemie eingeführt. So gelte unter anderem eine Sperrstunde ab 23.00 Uhr und eine Maskenpflicht in Gaststätten, teilte die Kreisverwaltung mit. Zudem dürfen sich unter anderem im öffentlichen Raum nur maximal fünf Personen oder zwei Hausstände treffen. Für öffentliche Vor- und Aufführungen gilt eine Personenobergrenze von 100. Bei privaten Feiern in öffentlichen oder gemieteten Räumen gilt eine Grenze von maximal 25.

Bereits im Laufe des Montags hatte der Kreis den als kritisch geltenden Schwellenwert von 50 Infektionen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen überschritten. Die sogenannte Inzidenz lag nach Angaben von Dienstag bei 59. Einen Schwerpunkt von Infektionen habe es in den vergangenen Tagen in einer Behinderteneinrichtung und einem Pflegeheim gegeben. Der Main-Taunus-Kreis ist die vierte Region, die aktuell in Hessen die Inzidenz von 50 überschreitet. Zuvor war dies in Frankfurt, der Stadt Offenbach und dem Kreis Groß-Gerau der Fall.

Die täglich aktualisierten Corona-Zahlen des Sozialministeriums lagen am frühen Abend zunächst nicht vor. In Frankfurt stieg die Zahl nach Angaben der Stadt jedoch weiter. Die Sieben-Tage-Inzidenz liege bei aktuell 74,8 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner und damit nur noch knapp unter der Marke von 75, ab der die fünfte Warnstufe des Präventions- und Eskalationskonzeptes des Landes greift. Dann werde der Planungsstab des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration die Steuerung der medizinischen Lage übernehmen. "Die Lage ist ernst", sagten Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) und Gesundheitsdezernent Stefan Majer (Grüne).

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Unterdessen forderte Hessens SPD-Chefin Nancy Faeser ein Ende der coronabedingten Beherbergungsverbote. Sie seien "wirkungslos und in der Praxis nicht handhabbar", erklärte sie. Es gebe keine belastbaren Belege dafür, dass Reisen innerhalb Deutschlands nennenswert zum Anstieg der Corona-Fallzahlen beigetragen hätten. Das Beherbergungsverbot treffe unterschiedslos alle, die das Pech hätten, im falschen Postleitzahlenbezirk zu wohnen. "Entscheidend für die Risikobewertung ist aber nicht der Wohnort, sondern das individuelle Verhalten."

Das hessische Kultusministerium hält nichts von dem Vorschlag, die Weihnachtsferien wegen der Corona-Pandemie zu verlängern. Es gebe derzeit keine Erwägungen, die Ferientermine im laufenden Schuljahr anzupassen, teilte das Ministerium am Dienstag in Wiesbaden mit. "Eltern sind auf verlässliche Ferienzeiten und Planungssicherheit für die Betreuung ihrer Kinder angewiesen." Lehrer und Schüler müssten sich auf die Abschlussprüfungen vorbereiten können. Zudem sei das Infektionsgeschehen zu dynamisch, als dass bereits jetzt Voraussagen für die Weihnachtszeit möglich wären, erklärte das Ministerium. Mit ihrem Vorschlag, die Weihnachts- und Winterferien wegen der Corona-Pandemie zu verlängern und stattdessen die Sommerferien zu kürzen, haben zwei Bundestagsabgeordnete der Union eine lebhafte Diskussion ausgelöst. Auch die hessische SPD-Fraktion lehnte den Vorstoß zur Verlängerung der Weihnachtsferien wegen Corona ab. "Kurzfristig geänderte Ferientermine schaffen Stress und Verunsicherung bei Eltern, Lehrkräften und Schülern", teilte der bildungspolitische Sprecher Christoph Degen mit.

Der Kreis Groß-Gerau führt nach dem Ende der Herbstferien für den Unterricht ab Klasse fünf wegen weiter steigender Infektionszahlen die Maskenpflicht im Präsenzunterricht ein. "Wir müssen die Pandemie im Kreis noch ein Stück ernster nehmen", sagte Landrat Thomas Will (SPD). Dies gelte zunächst bis zum 1. November. Schulen seien Orte der Begegnung und daher auch ein besonders geeigneter Bereich, in dem sich Infektionen ausbreiten können, begründete der Kreis die Maßnahme. Die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen pro 100 000 Einwohner sei weiter gestiegen. Sie lag am Sonntag bei 51,1 und sei am Dienstag auf 55,1 gestiegen.

Angesichts der sich verschärfenden Corona-Situation fürchten Sozialverbände einen Mitarbeitermangel in ihren Hilfseinrichtungen für Obdachlose. "Daher ist unsere dringende Forderung an das Land Hessen, die Wohnungslosenhilfe als systemrelevant anzuerkennen", sagte der Leiter des Arbeitskreises Armut, Migration und soziale Integration der Wohlfahrtspflege, Stefan Gillich. Dann hätten Mitarbeiter Anspruch auf Notbetreuungsprogramme für ihre Kinder.

Auch die Wirtschaft leidet unter den Folgen der Pandemie weiterhin: Die Erholung des Passagierverkehrs am Frankfurter Flughafen in der Corona-Krise hat im September einen Rückschlag erlitten. Der Flughafenbetreiber Fraport zählte an Deutschlands größtem Airport knapp 1,15 Millionen Fluggäste und damit 82,9 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, wie er am Dienstag mitteilte. Das waren zudem rund 360 000 Passagiere weniger als im August, als der Rückgang im Jahresvergleich 78,2 Prozent betragen hatte.

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Die Fahrgastzahlen im öffentlichen Nahverkehr werden sich nach Einschätzung der Hessischen Landesbahn (HLB) frühestens in einigen Jahren erholen. Bis dahin würden sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie zeigen, sagte HLB-Geschäftsführer Veit Salzmann. Die Auslastung sei zwischenzeitlich auf 40 Prozent gesunken und liege mittlerweile im Schnitt bei 75 Prozent.

Von dpa