Erneuter Streik: Apotheken wollen Druck erhöhen

Bundesweiter Apotheker-Streik lief auch in Darmstadt – hier die Einhorn-Apotheke am Ludwigsplatz.
© Guido Schiek

Bundesweit sollen am 27. September erneut die Apotheken geschlossen bleiben. Die hessische Apothekerschaft hat zudem den Weg für zukünftige Streiks geebnet.

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Frankfurt/Mainz. Am Mittwoch, den 27. September, sollen erneut die Apotheken in Deutschland geschlossen bleiben – wenn auch nur von 13 bis 16 Uhr. Die Versorgung der Bürger wird in dieser Zeit über den Notdienst erfolgen. Der Hessische Apothekerverband (HAV) hat sich bei seiner Jahreshauptversammlung in der vergangenen Woche für eine weitgehende Teilnahme an der bundesweit geplanten Protestaktion ausgesprochen. „Gleichzeitig waren wir uns aber auch einig, dass eine dreistündige Aktion zu kurz greift und wir den Druck nach dem erfolgreichen Protesttag im Juni jetzt auch mit mehrtägigen Apothekenschließungen erhöhen müssen“, sagt HAV-Vorsitzender Holger Seyfarth.

Zu der bundesweiten Protestaktion hat die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) aufgerufen, damit die Apothekenteams die Rede von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beim Deutschen Apothekertag (DAT) in Düsseldorf live verfolgen können. Der Verband erhofft sich dabei Antworten auf sechs Fragen, die er im Vorfeld an den Minister geschickt hat. Die Apotheker wollen zum Beispiel wissen, warum sich Lauterbach weigert, die Honorierung der Apotheken an die wirtschaftliche Gesamtentwicklung anzupassen, obwohl sich die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag die Stärkung der Apotheken vor Ort zum Ziel gesetzt haben. Eine weitere Frage ist, wie die Bundesregierung die Apotheken vor Ort dabei unterstützen will, die flächendeckende Arzneimittelversorgung in Zukunft sicherzustellen.

Erster Protesttag im Juni brachte kaum Erfolg

Bereits im Juni hatten die Apotheken bundesweit einen Tag lang gestreikt, um auf ihre seit Jahren bestehende Unterfinanzierung aufmerksam zu machen. Dabei geht es auch um Probleme aufgrund von Personalnot, um Lieferengpässe und zunehmende Bürokratie.

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Passiert ist seitdem nicht viel. Ein kleiner Erfolg sei, dass es Apothekern jetzt weiterhin möglich ist, bei Lieferengpässen auf alternative Arzneimittel oder andere Packungsgrößen zurückzugreifen. Das wurde im Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln (ALBVVG) geregelt. „Gleichwohl es ein Schlag ins Gesicht ist, dass dies lediglich mit einer Lieferengpasspauschale von 50 Cent vergütet wird“, sagt HAV-Sprecher Alexander Schopbach. Das stehe in keinem Verhältnis zum Aufwand, den ein Apotheker betreiben muss, um eine Alternative für ein nicht lieferbares Medikament zu erhalten.

Die Hauptforderung der Apotheker, eine Erhöhung des Fixbetrages, steht nach wie vor im Raum: Seit mehr als 20 Jahren wird jedes verschreibungspflichtige Medikament mit einem Betrag von 8,35 Euro vergütet. Daran hat sich auch trotz gestiegener Allgemeinkosten, höherer Mieten, höherer Energiekosten und gestiegener Tariflöhne nichts geändert. Bislang habe es keine Gesprächsbereitschaft seitens des Bundesgesundheitsministers gegeben, kritisieren die Apothekerverbände.

Apothekensterben geht weiter

„Für junge Pharmazeuten ist es aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen einfach nicht mehr attraktiv, eine Apotheke zu übernehmen“, sagt Schopbach. Hier müsse dringend gegengesteuert werden, damit nicht noch mehr Apotheken verschwinden. „Wir hatten 2022 das höchste Apothekensterben seit Bestehen der Bundesrepublik.“ Über ein Drittel der Apothekeninhaber in Hessen sei älter als 60 Jahre. Nicht anders sieht es in Rheinland-Pfalz aus: „Ein Drittel der Betriebe sind gefährdet“, sagt Petra Engel-Djabarian, Sprecherin des Landesapothekerverbands (LAV) Rheinland-Pfalz.

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Die Apotheken hätten gezeigt, dass sie flächendeckend ihren Job gut und richtig machen – und zwar sieben Tage die Woche, 24 Stunden lang. Aber man könne ein System nicht an den Rand eines Kollapses bringen. „Wir sind solidarisch mit der Protestaktion am 27. September, und wir werden unsere Mitgliedsapotheken dazu auffordern, bei diesem Streik mitzumachen“, sagt Engel-Djabarian. Laut der LAV-Sprecherin sind für Rheinland-Pfalz noch darüber hinaus noch keine weiteren Schritte angedacht. Zunächst sei erst einmal abzuwarten, was beim Apothekertag passiert.

So kündigt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände auf X (vormals Twitter) den Streik an: