Höhere Booster-Nachfrage durch angepassten Corona-Impfstoff?

aus Coronavirus-Pandemie

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Spritzen mit dem Impfstoff Comirnaty des Herstellers Biontech/Pfizer werden aufgezogen. Foto: dpa

Auch beim neuen Impfstoff gibt es Lieferprobleme. Zudem zirkuliert die Variante BA.1 gar nicht mehr. Kann der angepasste Impfstoff der Impfkampagne dennoch neuen Schwung geben?

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WIESBADEN/MAINZ. Die Hausärzte sind sauer: Erneut gab es Probleme bei der Auslieferung von Corona-Impfstoff. Die Arztpraxen haben deutlich weniger des an die Omikron-Variante BA.1 angepassten Impfstoffes erhalten, als sie bestellt hatten. Bis zu 240 Dosen des neuen Impfstoffes konnten die Praxen in der vergangenen Woche erstmals bestellen. Ausgeliefert werde davon aber nur ein Teil, kritisierte Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV).

Im Schnitt ist die BA.1-Impfstoff-Lieferung um 30 bis 70 Prozent gekürzt worden, bestätigt Barbara Römer, Vorsitzende des Hausärzteverbandes Rheinland-Pfalz. Inzwischen hat das Bundesgesundheitsministerium aber eine Nachlieferung für Freitag angekündigt.

Hausärzte fordern verlässliche Belieferung

„Man verlangt von uns Verlässlichkeit und Stabilität in der Versorgung, doch ohne verlässliche Belieferung von Impfstoffen ist eine Umsetzung schlichtweg unmöglich“, so Römer. Die Hausarztpraxen hätten weder Zeit noch Energie, wieder „in die Mühle von Impfterminverschiebungen einzusteigen“. Man hätte lieber noch ein bis zwei Wochen warten sollen, damit eine stabile und ausreichende Menge an BA.1-Impfstoff für alle verfügbar ist.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte den an der Impfkampagne beteiligten „Leistungserbringern“ bereits Ende August in einem Schreiben angekündigt, dass der Bund den neuen Impfstoff erhalten würde – und zwar zunächst rund fünf Millionen Dosen von Biontech/Pfizer und 1,65 Millionen Dosen von Moderna in der vergangenen Woche. Diese würden dann zügig an den pharmazeutischen Großhandel ausgeliefert werden.

Laut einem Bericht im Handelsblatt haben die Arztpraxen allerdings deutlich weniger Impfstoff bestellt, als möglich gewesen wäre. Demnach orderten die Praxen mehr als 1,6 Millionen Dosen der BA.1-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna. Das hatte das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (ZI) dem Handelsblatt mitgeteilt. Aktuell sei die Impfnachfrage der Patienten aber gering, so ZI-Chef Dominik Stillfried.

„Viele warten auf BA.4/BA.5-Impfstoff“

Das bestätigt auch Barbara Römer. „Viele warten auf den BA.4/BA.5 angepassten Impfstoff“, so die Hausärztin aus dem rheinhessischen Saulheim. Die Arztpraxen hätten deshalb überwiegend nur kleine Mengen an Vials bestellt. Allerdings hätten sie nicht einmal dafür in der vergangenen Woche eine Liefersicherheit bekommen. „Das ist für uns ein untragbarer Zustand. Hat man denn nichts aus dem Lieferchaos in 2021 gelernt?“, fragt Römer.

Auch das Land Rheinland-Pfalz hat für seine Impfzentren und Impfstellen den neuen Impfstoff geordert. Bisher wurden 8640 Impfdosen des BA.1-Impfstoffes von Biontech/Pfizer und 8400 von Moderna ausgeliefert. Unklar ist, ob der neue Impfstoff die Nachfrage nach Booster-Impfungen angekurbelt hat. „Wir stellen fest, dass ein verstärkter Besuch der Impfzentren erfolgt“, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Konkrete Zahlen könnten derzeit aber noch nicht genannt werden.

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Anders als in Rheinland-Pfalz ist in Hessen das Land nicht in die Bestellung und Auslieferung der angepassten Impfstoffe involviert. Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen bestätigt allerdings, dass auch hier für die Ärzte weniger Impfstoff zur Verfügung stehe als erwartet.

Bislang gibt es noch keine Stiko-Empfehlung

Am Montag hat die Europäische Kommission zudem den an die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 angepassten Impfstoff von Biontech-Pfizer zugelassen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach rechnet mit einem zügigen Start von Corona-Impfungen mit dem zugelassenen neuen Präparat. „Wir werden wahrscheinlich in der nächsten Woche bereits den Impfstoff zur Verfügung stellen“, sagte der SPD-Politiker am Dienstag am Rande eines Israel-Besuchs in Rechovot bei Tel Aviv.

Erste Dosen des Impfstoffes von Biontech sollen am kommenden Montag und Dienstag (19./20. September) an den Pharma-Großhandel ausgeliefert werden, wie laut der Deutschen Presseagentur aus einem Brief Lauterbachs an alle Leistungserbringer der Impfkampagne wie Ärzte hervorgeht. Bis 3. Oktober soll Deutschland demnach vorerst rund 19 Millionen Dosen erhalten. Genaue Lieferpläne sollen noch abgestimmt werden.

Bisher gibt es von der Ständigen Impfkommission noch keine Empfehlungen zum Einsatz dieser neuen Impfstoffe. Mittlerweile ist in Deutschland die Omikron-Variante BA.5 vorherrschend, BA.1 zirkuliert nicht mehr.