In Zukunft sollen Patienten ihre Gesundheitsdaten selbst verwalten können – in der elektronischen Patientenakte. Den Ärzten wird Künstliche Intelligenz bei der Diagnose helfen.
Von Eva Bender
Lokalredakteurin Wiesbaden
Daten aus dem Leben der Patienten sollen in einer zentralen Akte zusammengeführt werden, damit der Mediziner beim nächsten Arztbesuch einen kompletten Überblick hat.
(Foto: metamorworks - stock.adobe.com)
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WIESBADEN - Im Laufes eines Menschenlebens fallen unzählig viele Daten zu seiner Gesundheit an – zu Befunden, Erkrankungen, Therapien und den Medikamenten, die er einnimmt. Viele dieser Informationen kennt der Hausarzt, manche nur der Facharzt oder das Krankenhaus, in dem der Mensch behandelt worden ist. Die Digitalisierung in der Medizin soll das verändern – durch eine sichere Datenautobahn für Patientendaten, und deren Zusammenführung in der elektronischen Patientenakte, die Krankenkassen ab 2021 bieten müssen.
Zwar werden schon heute an verschiedenen Stellen Patienten-Informationen gesammelt, es mangele aber am Austausch, beklagt Prof. Christof von Kalle vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) im Rahmen des Internistenkongresses. Die eigenen Daten mit zum nächsten Arztbesuch zu nehmen – das sei bislang nur theoretisch möglich. „Die Dokumentationslage ist katastrophal, man darf sie sich mit dem Datenschutz nicht schönreden.“
Weniger Kosten, mehr Qualität durch „Big Data“
Gemeinsam mit Unternehmen und gefördert durch Bundesmittel, arbeitet das DKFZ deshalb an dem Projekt „Data-Box“. Das Programm ermöglicht es den Patienten, „Daten formatunabhängig zu sammeln sowie mit den Ärzten ihres Vertrauens zu teilen und von diesen Daten zu erhalten“, erklärt von Kalle. Zudem sollen die Erfahrungen für ähnlich gelagerte Fälle genutzt werden. Im zweiten Schritt sollen dann „Big-Data-Analysen“, die Auswertung riesiger Datensätze, die Prävention und Therapie insgesamt verbessern. Mit Big-Data-Analysen und Künstlicher Intelligenz können mögliche Behandlungserfolge errechnet und sogar Diagnosen gestellt werden – etwa in der Radiologie. „Dort hat man klassisch zu wenig Zeit, um sich Bilder anzusehen. Deshalb gibt es Befundungssoftwares, die den Arzt unterstützen“, erklärt Michael Meyer von der Firma Siemens Healthcare. „Es ist keine Uniklinik mehr vorstellbar, wo nicht so gearbeitet wird.“ Die Künstliche Intelligenz sei ein Werkzeug, das die bildgebende Diagnostik in den nächsten Jahren grundlegend transformieren werde. Klar sei aber auch: Die letzte Entscheidung muss der Arzt treffen. Die Big-Data-Analysen und die Künstliche Intelligenz sollen unnötige Kosten im Gesundheitssystem senken, aber auch die Qualität der Behandlung verbessern – hin zu einer individualisierten Medizin. Etwa, wenn es um ältere Patienten mit chronischen Krankheiten geht, die täglich mehrere Medikamente nehmen. „Digitale Tools können helfen, Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten zu erkennen“, sagt Marcel Weigand, Vorstandsmitglied des Aktionsbündnis Patientensicherheit. „Ein Medikationsplan auf Papier ist in Zeiten der Digitalisierung einfach unwürdig.“
Ob Digitalisierung generell oder Künstliche Intelligenz – es handele sich um Werkzeuge, so Weigand. Diese könnten mehr oder weniger sinnvoll und verantwortungsbewusst, patientenorientiert oder aus wirtschaftlichen Interessen eingesetzt werden. „Am Ende muss jeder für sich abwägen. Es braucht aber eine Strategie“.