„Warum ER lieber im Knast sitzt, als GEZ zu zahlen“ – so hat die „Bild“ schon Mitte Mai über den Fall Georg Thiel berichtet. Die Berichterstattung fügt sich ein in eine ganze Reihe von „Bild“-Artikeln in den vergangenen Wochen, die sich kritisch mit den öffentlich-rechtlichen Medien und dem Auftreten ihrer Vertreter auseinandersetzen – ob in Fernseh- oder Social-Media-Beiträgen.
Angriffsfläche haben die Öffentlich-Rechtlichen zuletzt tatsächlich ausreichend geliefert; die Hauptvorwürfe an sie lauten nun: „Belehrung“ (etwa durch Moderatoren, die „gendern“, also auch die weibliche Form nach einer Pause mitsprechen); teils zu unkritische Haltung gegenüber der Bundesregierung bei den Coronamaßnahmen; teils zu große Nähe zu den Grünen; teils Verharmlosung der antisemitischen Demonstrationen hierzulande und Parteinahme für die Palästinenser im Nahostkonflikt.
Neu sind kritische Töne gegenüber ARD und ZDF bei „Bild“ natürlich nicht – neu sind aber die Interessen, die „Bild“ selbst in Sachen Fernsehen verfolgt. Und durch die die „GEZ-Kritik“ eine neue Dimension bekommt. So hat sich das gestreamte „Bild TV“ schon seit längerem im Internet etabliert; weniger mit buntem Boulevard – sondern mit topaktueller, bestens informierter politischer Berichterstattung. Im „Bild“-Stil, ja – aber mit deutlich schnellerer Reaktionsfähigkeit als bei anderen Sendern.
Noch vor der Bundestagswahl will „Bild“ nun auch ins „normale“ Fernsehen, eine entsprechende Sendelizenz ist beantragt, wie der Axel-Springer-Medienkonzern im April mitgeteilt hat. Kern soll ein am Vormittag beginnendes Live-Programm von täglich bis zu sechs Stunden sein. Ziel ist laut „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt, Fernsehen zu machen, „das Menschen nicht belehrt, sondern zeigt, was ist“. Programmchef des Senders wird Claus Strunz, Mitglied der „Bild“-Chefredaktion.