Gewalttat in Norwegen: Polizei schließt Terror nicht aus
Fünf Menschen sterben, als ein Mann in der Kleinstadt Kongsberg mit Pfeil und Bogen Jagd auf Menschen macht. Der mutmaßliche Täter stand bereits im Fokus der Behörden.
Von Steffen Trumpf und Christoph Meyer
Zwei Polizisten ermitteln in der Nähe des Tatorts in der norwegischen Kleinstadt Kongsberg. Fünf Menschen starben.
(Foto: dpa)
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OSLO - Nach der Gewalttat mit fünf Toten in der norwegischen Kleinstadt Kongsberg geht die Polizei inzwischen von einem terroristischen Hintergrund aus. "Die Vorfälle in Kongsberg erscheinen derzeit als terroristischer Akt", hieß es in einer Mitteilung des Sicherheitsdiensts der norwegischen Polizei am Donnerstag. Ermittlungen zu den genaueren Hintergründen liefen jedoch derzeit noch, hieß es weiter. "Die Bedrohungslage in Norwegen wird nach wie vor als moderat eingeschätzt." Die Zahl der Verletzten gaben die Behörden am Donnerstag mit drei an, nachdem zuvor zunächst von zwei Verletzten die Rede gewesen war.
Ein Mann hatte am Mittwochabend in der Innenstadt von Kongsberg zahlreiche Menschen mit mehreren Waffen, darunter auch Pfeil und Bogen, angegriffen. Fünf Menschen wurden getötet, vier Frauen und ein Mann. Nach Angaben der Polizei sind die Opfer im Alter zwischen 50 und 70 Jahren. Unter den Verletzten ist auch ein Polizist, der in einem Supermarkt einkaufen war.
Festgenommen wurde ein 37-jähriger Däne. Die Polizei teilte mit, der Verdächtige habe wegen Hinweisen auf eine Radikalisierung bereits im Fokus der Behörden gestanden. Die Hinweise deuteten an, dass er zum Islam konvertiert sei, so die Mitteilung. Die Polizei geht davon aus, dass er allein gehandelt hat.
Polizisten ermitteln im Zentrum von Kongsberg nach einer Gewalttat. Bei der Gewalttat hat es mehrere Tote und Verletzte gegeben. Foto: dpa
Polizisten ermitteln im Zentrum von Kongsberg nach einer Gewalttat. Bei der Gewalttat hat es mehrere Tote und Verletzte gegeben. Foto: dpa
Polizisten ermitteln im Zentrum von Kongsberg nach einer Gewalttat. Bei der Gewalttat hat es mehrere Tote und Verletzte gegeben. Foto: dpa
Polizisten ermitteln im Zentrum von Kongsberg nach einer Gewalttat. Bei der Gewalttat hat es mehrere Tote und Verletzte gegeben. Foto: dpa
Polizisten ermitteln im Zentrum von Kongsberg nach einer Gewalttat. Bei der Gewalttat hat es mehrere Tote und Verletzte gegeben. Foto: dpa
Polizisten ermitteln im Zentrum von Kongsberg nach einer Gewalttat. Bei der Gewalttat hat es mehrere Tote und Verletzte gegeben. Foto: dpa
Øyvind Aas, zuständiger Polizeichef, spricht nach der Gewalttat in Kongsberg mit Jounalisten. Foto: dpa
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Deutscher Bogensportverband "erschüttert" über Attentat
Der Chef des Deutschen Bogensportverbands hat sich bestürzt über das unter anderem mit Pfeil und Bogen verübte terroristische Attentat in Norwegen gezeigt. "Wir fühlen mit den Opfern und sind erschüttert, dass so etwas überhaupt geschehen kann", sagte Karl Jungblut am Donnerstag der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Auf Twitter gab es vereinzelte Rufe nach einer Verschärfung des Waffengesetzes für Pfeil und Bogen in Deutschland. Hierzulande gehört der Bogen zwar grundsätzlich zu den Schusswaffen, kann aber als Sportgerät ohne Genehmigung genutzt werden. Die Bestimmungen von Waffengesetz und Waffenverordnung gelten für Bögen nicht. Sie dürfen also ohne Waffenschein erworben und transportiert werden.
"Man kann auch keinen Hammer verbieten, weil auch mal Menschen damit erschlagen werden. Man kann auch keine Küchenmesser verbieten. So schlimm wie das ist, man ist nie davor gefeit, dass ein Gegenstand missbraucht wird", sagte Jungblut. Er gehe davon aus, dass der Schütze "ein gewisses Training" gehabt habe. "Es bedarf Übung, solche Schüsse gezielt und mit einer entsprechenden Stärke auszuführen, dass auf größere Distanz jemand schwer verletzt werden kann."
Laut Jungblut sind in Deutschland bis zu 25.000 Bogenschützen in Vereinen organisiert. Weitere 10.000 seien vereinsunabhängig regelmäßig aktiv.
Die zuständige Staatsanwältin hatte zuvor mitgeteilt, der Mann habe die Taten zugegeben. Sie bestätigte, dass er mehrfach mit dem norwegischen Gesundheitswesen in Kontakt gewesen war. Ob der Mann wegen psychischer Probleme in Behandlung war, ging aus den Äußerungen nicht hervor.
Der Sicherheitsdienst untersucht nun, ob das Geschehene andere zu schweren Gewalttaten inspirieren kann. Konkrete Hinweise darauf lägen aber nicht vor.
Täter bewegte sich über größeres Gebiet hinweg
Die Angriffe ereigneten sich an mehreren Orten in der Innenstadt von Kongsberg. Der Täter habe sich über ein größeres Gebiet hinweg bewegt, teilten die Ermittler mit. Das Zentrum der Stadt war deshalb weiträumig abgeriegelt worden.
Der Polizei war um 18.13 Uhr von mehreren Personen gemeldet worden, dass sich ein Bewaffneter durch die Stadt bewege und mit Pfeil und Bogen auf Menschen schieße. Nur fünf Minuten später wurde er von einer Polizeipatrouille gesichtet. Die Beamten wurden jedoch mit Pfeilen beschossen und der Mann konnte fliehen. Polizeisprecher Ole Bredrup Sæverud sagte am Donnerstag, es sei wahrscheinlich, dass die Opfer erst danach getötet wurden. Der Angreifer konnte nach Polizeiangaben rund eine halbe Stunde nach dem ersten Notruf festgenommen werden.
Der Vorfall ereignete sich am Vorabend des Regierungsantritts des neuen Ministerpräsidenten Jonas Gahr Støre. Der Sozialdemokrat bezeichnete die Tat bei seiner Amtsübernahme am Donnerstag als schrecklich. "Es ist schockierend, daran zu denken, was die Menschen erlebt haben, und ich fühle mit allen Betroffenen, mit denen, die sich unsicher fühlen und mit denen, die darüber informiert wurden, dass sie ihre Lieben verloren haben."
Polizisten ermitteln im Zentrum von Kongsberg nach einer Gewalttat. Bei der Gewalttat hat es mehrere Tote und Verletzte gegeben.
(Foto: dpa)
Reaktionen kamen auch aus dem Ausland. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schrieb an den Norwegischen König Harald V.: "Meine aufrichtige Anteilnahme gilt den Angehörigen und Freunden der Opfer. Ich hoffe inständig, dass die Verletzten schnell und vollständig genesen. Es betrübt mich, dass Norwegen zehn Jahre nach dem schrecklichen Terroranschlag in Utøya und Oslo erneut von Gewalt heimgesucht wird." Deutschland stehe an der Seite von Norwegen um die Demokratie gegen Gewalt und Hass zu verteidigen.
Auch der deutsche Außenminister Heiko Maas und die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen drückten unter anderem ihr Mitgefühl für die Opfer aus. Dänemark werden bei den Ermittlungen beistehen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der bis 2013 norwegischer Ministerpräsident war, twitterte: "Schockierende Nachrichten aus Kongsberg. [...] Wir müssen im Kampf gegen Hass und Gewalt zusammenstehen."
Der Vorfall weckt schlimme Erinnerungen: In diesem Sommer war es zehn Jahre her, dass der Terrorist Anders Behring Breivik im Regierungsviertel von Oslo eine Bombe zündete und anschließend auf der Insel Utøya Jugendliche regelrecht hinrichtete. 77 Menschen verloren ihr Leben. 2019 hatte ein junger Norweger eine Moschee in Bærum bei Oslo gestürmt, konnte jedoch überwältigt werden.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 13.10.2021 um 21:01 Uhr publiziert.