Geplanter Angriff auf Polizei und Feuerwehr in Dietzenbach
Etwa 50 Männer haben im hessischen Dietzenbach einen Brand gelegt. Als Feuerwehr und Polizei eintrafen, wurden sie massiv mit Steinen beworfen.
Von red
Dietzenbach: Reifen und Müll stehen am Rande einer Hochhaussiedlung. Etwa 50 Männer haben im hessischen Dietzenbach einen Brand gelegt und anschließend die Rettungskräfte angegriffen.
(Foto: dpa)
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DIETZENBACH - Eine heftige Stein-Attacke gegen Feuerwehrleute und Polizisten hat in Hessen Entsetzen ausgelöst. Die Einsatzkräfte waren in Dietzenbach im Kreis Offenbach vermutlich in einen Hinterhalt gelockt und dann attackiert worden. Verletzt wurde nach ersten Erkenntnissen niemand. Nach den Worten von Landesinnenminister Peter Beuth (CDU) könnte der Angriff womöglich mit einer größeren Polizeiaktion Anfang der Woche zusammenhängen. Beamte hatten in einem Hochhaus in mehreren Kellern unter anderem über 200 Fahrräder sichergestellt, mutmaßlich Diebesgut.
"Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass es am Ende einen Zusammenhang gibt zu Straftaten, die vorher begangen worden sind und wo es eine entsprechende Polizeiaktion gegeben hat", sagte Beuth in Wiesbaden. Einzelheiten müssten jedoch erst noch ermittelt werden. Auf einen politischen Hintergrund gebe es keine Hinweise, sagte der Minister. Nach den Worten eines Polizeisprechers in Dietzenbach ist die Motivlage noch völlig offen.
Der in Brand gesetzte Müllcontainer. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
Und der ebenfalls angezündete Bagger. Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
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Den Angaben zufolge wurden zunächst auf einem Parkdeck Mülltonnen und ein Bagger angezündet, um die Einsatzkräfte nach Angaben der Polizei in einen Hinterhalt zu locken. Als die Helfer am frühen Freitagmorgen eintrafen, wurden sie von etwa 50 Männern mit Steinen beworfen.
"Wir haben leider eine hinterhältige Tat zu beklagen ... eine Gewalttat, die ich aufs Schärfste verurteile", sagte Beuth. "Ein Dutzend Einsatzwagen wurden beschädigt, da grenzt es an ein Wunder, dass kein Helfer verletzt wurde." Beuth kündigte an, die Polizeipräsenz in Dietzenbach und Umgebung deutlich zu erhöhen. "Wir werden dafür sorgen, dass der Staat für Recht und Ordnung sorgt", sagte er.
Die jüngsten Gewalttaten an Polizisten in Hessen
Nach Angaben des Hessischen Landeskriminalamts in Wiesbaden gab es in jüngster Zeit einige heftige Fälle von Gewalt gegen Polizisten:
Mai 2020: Beamte werden in Frankfurt von einer Mainbrücke mit einem rund 20 Kilogramm schweren Blumenkübel beworfen. Der Werfer verfehlt sein Ziel nur knapp. Nun muss sich ein junger Mann wegen eines versuchten Tötungsdelikts verantworten.
April 2020: In Frankfurt-Griesheim werden Beamte bei einer Personenkontrolle von einer Gruppe von rund 20 jungen, gewaltbereiten Männern bestürmt. Sie drohen mit Schlagstöcken, Holzlatten und drohen mit dem Tod. Die Beamten kommen aber glimpflich davon. Bei einem Sturz wird ein Polizist am Arm verletzt.
Februar 2020: In Kriftel (Main-Taunus-Kreis) alarmiert ein junger Mann die Polizei und beordert sie per Notruf zu sich nach Hause. Dort versucht er sie mit einem Messer zu attackieren. Die Mutter des Mannes kann soeben noch Schlimmeres verhindern, indem sie den Angriff vereitelt. Nun wird wegen eines versuchten Tötungsdelikts ermittelt.
Drei Männer wurden laut Polizei vorläufig festgenommen. Zwei von ihnen hätten den Einsatz gestört und seien Platzverweisen nicht gefolgt. Sie wurden im Laufe des Freitags wieder entlassen. Der Dritte sei ein mutmaßlicher Steinewerfer gewesen. Der 19-Jährige ist auf Antrag der Staatsanwaltschaft Darmstadt, Zweigstelle Offenbach, beim Amtsgericht vorgeführt und am Nachmittag unter Auflagen ebenfalls entlassen worden. Der Sachschaden beläuft sich laut Polizei auf mindestens 150.000 Euro.
Gewalt gegen Polizisten in Deutschland kommt zunehmend vor. Wie das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden berichtete, stieg die Zahl der Fälle und Opfer im vergangenen Jahr deutschlandweit. Dabei geht es um den Sachverhalt "Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte und gleichstehende Personen". Das bedeutet: Schon wer sich einer Festnahme widersetzt, fließt in die Statistik ein.
Hessen vermeldete den höchsten prozentualen (+132,3 Prozent) Anstieg. Im Gegensatz dazu sind sinkende Fallzahlen ausschließlich in Rheinland-Pfalz zu bemerken. 2019 habe es rund 4.000 Angriffe auf Polizeibeamte in Hessen gegeben, sagte Beuth. Erst vor wenigen Tagen sei eine Kollegin in Frankfurt mit einem 20 Kilo schweren Blumenkübel angegriffen worden und nur mit großem Glück unverletzt geblieben.
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Im Landkreis Offenbach, wo sich der Dietzenbacher Angriff ereignete, lag die Zahl der Attacken auf Polizisten im vergangenen Jahr dem BKA zufolge bei 22. In ganz Hessen waren es 704 Fälle (im Jahr 2018: 303 Fälle). Die Aufklärungsquote in Hessen lag bei 99 Prozent. Die Täter kommen also sehr selten davon.
Der Landkreis Offenbach ist mit Blick auf die Häufigkeit bei tätlichen Angriffen gegen Polizisten im vergangenen Jahr nicht sonderlich auffällig gewesen.
Hessen mache sich schon länger für eine Strafverschärfung bei Angriffen auf Einsatzkräfte stark, betonte Minister Beuth. Die Täter dürften nicht mehr mit einer Geldstrafe davonkommen, sondern müssten mit einer Haftstrafe bestraft werden, forderte er und kündigte an, das Thema bei der nächsten Innenministerkonferenz auf die Tagesordnung setzen zu lassen.
"Hinterhalte gegen Einsatzkräfte kein Einzelfall"
Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft forderte eine konsequentere Strafverfolgung. "Es schreckt keinen Straftäter ab, wenn sein Verhalten von überlasteten Gerichten anschließend als Bagatellfall abgehandelt wird", erklärte der Sprecher Tobias Thiele. So etwas werde von den Rettungskräften mit Unverständnis zur Kenntnis genommen und führe zu einer enormen Dunkelziffer, da viele Kollegen respektlose Handlungen im Einsatz aus Frustration nicht mehr meldeten.
Hinterhalte gegen Einsatzkräfte sind nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei kein Einzelfall. "Das beobachten wir schon länger", sagte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Hessen, Andreas Grün. Dass gleich eine Gruppe von rund 50 Angreifern Beamte attackiere, sei allerdings nicht alltäglich.
Polizei hat Server für Hinweise eingerichtet
Das Polizeipräsidium Südosthessen hat einen Hinweisserver eingerichtet. Zeugen werden gebeten, Videoaufnahmen, Bilder oder sonstige Beobachtungen, die mit den Angriffen in Verbindung stehen können, umgehend unter diesem Link der Polizei zu übermitteln.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 29.05.2020 um 10:14 Uhr publiziert.