Der Historiker Volker Kemmeter berichtet, wie die Mennoniten maßgeblich am Wiederaufbau des nach dem Dreißigjährigen Krieg völlig zerstörten Ortes mitwirkten.
Von Ulrike Schäfer
Dieses Gemälde auf der Außenwand des Ibersheimer Schlosses zeigt den (sehr einträglichen) Salmfang, der vor dem Dreißigjährigen Krieg erlaubt war und den Ort für Adelsherren interessant machte. Nach dem Krieg sollte Ibersheim nicht mehr solche Bedeutung erlangen.
(Foto: Christian Lang)
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IBERSHEIM - Dass Ibersheim Heimat einer traditionsreichen Mennonitengemeinde ist, geht auf eine traurige Tatsache zurück. Nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges war die Region verwüstet und nahezu menschenleer. Auch das einstige Pfarrdorf bestand nur noch aus einem Hof. Um den Wiederaufbau des Landes in geordneten Strukturen zu organisieren, warb der damalige Landesherr, Kurfürst Karl Ludwig I. von der Pfalz, in ganz Deutschland Kolonisten an. So ließen sich auch die ersten Mennoniten, benannt nach der Bewegung des Niederländers Menno Simons, in Ibersheim nieder.
Seit 1661 existiert diese Gemeinde nun und war am Mittwochabend auch Gastgeberin für einen profunden Vortrag des Eicher Historikers und Archäologen Volker Kemmeter. Er referierte eben über jenen Dreißigjährigen Krieg, dessen Auswirkungen letztlich die Mennoniten nach Ibersheim führten. Bei der Begrüßung der zahlreichen Zuhörer in der mennonitischen Kirche verglich Pastor Andreas Kohrn das Leid der von Krieg, Hunger und Krankheit geplagten Bevölkerung damaliger Zeit mit der aktuellen Situation der Menschen in Syrien und anderen Teilen der Welt.
Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) sei nur am Anfang ein Religionskrieg gewesen, stellte der Referent zu Beginn seiner Ausführungen klar. Zunehmend habe auch das steigende Unbehagen der Stände wegen der Alleinherrschaft der Fürsten eine Rolle gespielt, die schwierige soziale und wirtschaftliche Situation aufgrund vieler Faktoren und schließlich die Organisation des Reichs, das ein Flickenteppich aus unterschiedlichsten Herrschaftsbereichen gewesen sei. Im Augsburger Religionsfrieden von 1555 habe man zwar versucht, die durch die Reformation entstandenen konfessionellen Konflikte zu lösen, indem die Untertanen die Glaubenszugehörigkeit ihrer Landesherren annehmen mussten (cuius regio, eius religio), doch die Spannungen und Verfolgungen hielten an. 1619 ließ sich Friedrich V. von der Pfalz auf Drängen der Protestantischen Union, die eine Neuordnung der Machtverhältnisse anstrebte, zum böhmischen König wählen. Dies wollte die Katholische Liga des Kaisers nicht hinnehmen. In der Schlacht am Weißen Berg 1620 wurde Friedrich von dem kaiserlichen Feldherrn Tilly vernichtend geschlagen.
Kemmeter schilderte das Auf und Ab in den kommenden Jahren. Halb Europa war in diesen furchtbaren Krieg verwickelt, der nur mit den beiden Weltkriegen vergleichbar sei. Die Bevölkerung musste Furchtbares erdulden. Manche Dörfer wurden von den durchziehenden Truppen mehrfach geplündert und gebrandschatzt. Teile der Pfalz, insbesondere unsere Region, wurden bereits zu Beginn des Krieges von den spanischen Söldnerheeren Ambrogio Spinolas erobert und zehn Jahre lang verwaltet. Der Referent berichtete eingehend vom Brand Guntersblums und vom Angriff der Schweden unter König Gustav Adolf auf Oppenheim.
Der Friedensschluss von Münster und Osnabrück, an dem 150 Gesandtschaften teilnahmen, regelte die Kräfte neu. Die Mennoniten waren zwar immer noch geächtet, doch Kurfürst Karl Friedrich setzte sich über das Verbot hinweg und schloss einen Temporalvertrag mit den Neusiedlern, der später in einen Erbpachtvertrag umgewandelt wurde. Da die Mennoniten regelrechte Musterbauern und Wegbereiter für Neuerungen in der Landwirtschaft waren, erwies sich die Entscheidung des Kurfürsten als Glücksfall für die Region.