Bergkirche in Hochheim war Lieblingsort des Wormser Bischofs Burchard
Von Ulrike Schäfer
Karin Kissel (r.) und Barbara Oppmann erzählten am Weltgästeführertag in der Bergkirche anschaulich von den Besuchen Bischof Burchards, der das Gotteshaus bauen ließ. Foto: photoagenten/Andreas Stumpf
( Foto: photoagenten/Andreas Stumpf)
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HOCHHEIM - Zwei Tage soll es gedauert haben, bis Bischof Burchard den Weg von Worms bis zu seinem „Klösterlein“ auf der Hochheimer Höhe zurückgelegt hatte, denn das sumpfige Gebiet der ehemals breiten Pfrimm war nicht ohne Weiteres zu überqueren, sodass er mit seinem ganzen Gefolge und Hausrat über Neuhausen anreisen musste. Hätte man am Weltgästeführertag, der unter dem Motto „Menschen, die Geschichte schrieben“ stand, den umgekehrten Weg nehmen und zu Fuß alle Gebäude besichtigen wollen, die auf Burchard zurückgehen, hätte man dafür immerhin noch einen reichlich halben Tag veranschlagen müssen. Der Bischof ließ nicht nur die Stadtmauer in Ordnung bringen, sondern auch den Dom in fast heutigen Ausmaßen errichten, das Andreasstift in die Stadt verlegen, das Paulusstift und das Martinsstift neu bauen und eben auch das Kirchlein auf dem Berg.
Die Gästeführerinnen Karin Kissel und Barbara Oppmann muteten ihren über 30 Zuhörern am Samstag diese Strapaze allerdings nicht zu. Teils im frostigen Sonnenschein, teils in der Bergkirche erzählten sie, warum Burchard sich 1010 hier ein Refugium geschaffen hatte. Wie seine Biografie, die Vita Burchardi, erzählt, suchte er in der völligen Abgeschiedenheit Kontemplation und Erholung von den vielerlei Belastungen seines Amtes, hatte aber hier auch die Muße, an seinen bedeutenden Rechtssammlungen zu arbeiten, dem „Decretum Burchardi“ und der „Lex familiae Wormatiensis ecclesiae“. Oppmann und Kissel beschrieben, wie es vor über 1000 Jahren wohl hier oben ausgesehen haben mochte. Burchard hatte den Hügel begradigen und die Bäume des dortigen Tannenwäldchens fällen lassen, sodass er die Stadt und die Rheinebene überblicken konnte. Dann ließ er eine kleine Quadratchorkirche errichten, die 1605, nachdem sie schon eine Zeit lang protestantisch war, in der Länge und Breite erweitert wurde. Die dem heiligen Nikolaus geweihte Krypta mit ihrem romanischen Kreuzgewölbe, die lange Jahre verschüttet und erst um 1930 von spielenden Jungen wiederentdeckt worden war, stammt ebenfalls aus dieser Zeit. Sie wurde von Osten her in den Hang gegraben.
Anleitungen für den Beichtvater
Die Gästeführerinnen gaben einen kurzen Überblick über Burchards Leben, seine Ausbildung bei dem berühmten Bischof Willigis und seine Ankunft in Worms, das damals in einem desolaten Zustand war. Er erneuerte und ordnete durch rege Bautätigkeit nicht nur die Stadt, sondern erneuerte und ordnete auch das geistliche und weltliche Leben. Sein „Decretum“, in dem es um eine Verschriftlichung und Überarbeitung des Kirchenrechts geht, umfasste 20 Bände und war so beispielhaft, dass es auch im weltlichen Bereich Anwendung fand. Aus dem weitverbreiteten Liber Corrector las Barbara Oppmann zum Vergnügen der Zuhörer Anleitungen für den Beichtvater vor, mit deren Hilfe er feststellen konnte, ob seine Beichtkinder dem noch weit verbreiteten Aberglauben frönten und heidnischen Zauber ausübten. In der „Lex familiae“ schließlich strukturierte Bischof Burchard das Leben innerhalb der Gemeinschaft seines Hofverbands, um mit zum Teil drakonischen Strafen der bislang herrschenden Willkür entgegenzuwirken.
FÜHRUNGEN
1000 Jahre Wormser Dom. Aufbruch in eine neue Zeit. Öffentliche Führungen zum Leben und Wirken Bischof Burchards am 21. April, 19. Mai, 16. Juni, 14. Juli, 18. August, 15. September und 13. Oktober. Treffpunkt: jeweils 15 Uhr am Siegfriedbrunnen
Zum Abschluss der Führung stiegen die Gäste in die kleine Krypta hinunter, in der Bischof Burchard zweifellos gebetet hat. Die betont gestaltete Mitte, in der sich heute eine Skulptur Marcus Centmayers befindet, dürfte wohl der ursprüngliche Ort für den Altar gewesen sein. In der Mensa, der Originalaltarplatte, könnte möglicherweise früher eine Nikolausreliquie aufbewahrt worden sein. Einiges deutet darauf hin. Und selbst wenn es nicht so gewesen sei, meinte Karin Kissel, so sei es doch eine sehr schöne Vorstellung.