Der Runde Tisch der Luthergemeinde beschäftigt sich mit rechtspopulistischen Kräften. Über Rechtspopulismus und Rechtsextremismus aus der Mitte der Gesellschaft sprach nun...
WORMS. Die Erfolge rechtspopulistischer Kräfte in einigen Ländern Europas machen vielen Menschen Angst. Schon seit Längerem beschäftigt sich der Runde Tisch der Luthergemeinde gegen Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus mit diesem Phänomen und hat sich schon in mehreren Veranstaltungen damit auseinandergesetzt.
Diesmal sprach Dr. Ulrich Eith, Professor für Wissenschaftliche Politik an der Uni Freiburg und Direktor des Studienhauses Wieseneck, im Luthersaal über „Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Phänomen aus der Mitte der Gesellschaft“.
Reduktion der Komplexität auf einfaches Schwarz-Weiß
Während Rechtsextremisten aktiv verfassungsfeindlich seien und die Vorstellung einer ethnisch homogenen Volksgemeinschaft teilen, unterschied Eith, verstehen sich Rechtspopulisten als Gegenstimme zum Establishment, wobei sie den Anspruch haben, den Volkswillen zu vertreten. Charakteristisch sei die Reduktion der Komplexität auf einfaches Schwarz-Weiß. In der Regel verweigere man sich jeder Veränderung, hänge rückwärtsgewandten Utopien an und sei auf eine autoritäre Führer-Volk-Beziehung fixiert.
Die Strategien, die Rechtspopulisten nutzen, seien durchaus Elemente, wie sie auch im Wahlkampf verwendet werden, etwa das Abqualifizieren des Gegners, das Schüren von Ängsten, die Vereinfachung von Sachverhalten.
Wie die Studie „Gespaltene Mitte“ der Friedrich-Ebert-Stiftung gezeigt habe, spreche sich die Mehrheit der Deutschen für Demokratie und Vielfalt aus, doch wenn es um Detailfragen geht, sehe die Situation anders aus. So sei etwa ein Drittel der Meinung, dass Menschen, die schon immer in Deutschland leben, mehr Rechte haben sollten als andere. In anderen Bereichen, wie Familie und Ehe, gebe es Anknüpfungspunkte zum christlichen Fundamentalismus. Solche Übereinstimmungen im einen oder anderen Punkt könnten das Einfallstor für rechtspopulistische Vereinnahmung sein. Wenn Individual- gegen Gruppenrechte, „Volkes Meinung“ gegen Rechtsstaatlichkeit, statische nationale Identität gegen die Pluralität von Lebensstilen ausgespielt würden, dann sei die Demokratie gefährdet.
Eine demokratische Gesellschaft impliziere das Aufeinandertreffen gegensätzlicher Interessen und Meinungen, das Spielregeln bedürfe. Das sei mühsam und häufig auch schwer aushaltbar, aber eben der Preis der Freiheit. Als Gegenstrategie gegen Populismus nannte Eith zuhören und diskutieren, Ängste ernst nehmen, Mehrdeutigkeiten aufzeigen, die Funktion der Freund-Feind-Muster erläutern. Außerdem Position beziehen und zentrale demokratische Werte herausstellen, wie der Vorstellung einer homogenen Normalität entgegenzutreten und sich gegen Abwertung und Diskriminierung zu wenden.
Die Große Koalition habe bewirkt, dass sich Diskussionen zwischen Mitte und extremen Rändern abspielen statt in der Mitte. Das müsse sich ändern. Auch müssten die sozialen Ungleichheiten abgebaut, die Leistungs- und Wettbewerbsmentalität begrenzt werden und vieles mehr. Vor allem müsse das Diskutieren wieder neu erlernt werden.
Für die bangen Fragen in der Diskussion hatte der Politologe klare Antworten. Es gebe keine Bestandsgarantie für Demokratie, aber man könne etwas gegen Populismus tun. Jede Generation müsse die nächste wieder in Demokratie hineinsozialisieren.