Ruben Sturm fasziniert mit Werken aus fünf Jahrhunderten auf...

Domorganist Ruben Sturm an der Schwalbennestorgel im Wormser Dom.Foto: photoagenten/Andreas Stumpf  Foto: photoagenten/Andreas Stumpf
© Foto: photoagenten/Andreas Stumpf

Wer Kirche revolutioniert, muss sich auch über eine Neugestaltung des Gottesdienstes Gedanken machen, und das hat Martin Luther, der selbst geistliche Musik komponierte und...

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WORMS. Wer Kirche revolutioniert, muss sich auch über eine Neugestaltung des Gottesdienstes Gedanken machen, und das hat Martin Luther, der selbst geistliche Musik komponierte und die liturgischen Texte dazu schrieb, bekanntlich gern getan. Unter das von Luther 1523 formulierte Motto „Von ordenung gottes diensts ynn der gemeine“ stellte der Rottenburger Domorganist Ruben Sturm sein Konzert, das neben Improvisationen über Luther Werke von Mendelssohn, Pärt und Langlais beinhaltete.

Trotz großer thematischer und stilistischer Sprünge wirkte das Programm nie zusammenhanglos, sondern überzeugte stattdessen mit der großen Abwechslung, die es bot, und den fantasievollen Klängen, die Sturm der Wormser Schwalbennestorgel entlocken konnte. Das Konzert war recht gut besucht, hätte gemessen an seiner Qualität aber noch mehr Zuhörer verdient.

Dass von Martin Luther geschriebene Werke in einem katholischen Gotteshaus erklangen, empfanden die Anwesenden als Selbstverständlichkeit, sind doch Luthers Lieder auch im katholischen Gotteslob abgedruckt. Vom ersten Werk des Abends von 1330 bis hin zu den Eigenkompositionen Sturms zog sich der Gottesdienst als gestaltender Leitfaden durch das Konzert.

Los ging es mit einer „Estampie“ aus der ältesten erhaltenen Quelle niedergeschriebener Orgelmusik, dem „Robertsbridge Codex“ von 1330. Das Stück wirkte fast schon archaisch und machtvoll, womit es einen guten Einstieg in den Konzertabend bot. Im starken Kontrast dazu stand die Messe von Arvo Pärt, „Annum per annum“ (Jahr für Jahr) von 1980, die mit einer Klangcollage begann. Diese machte einen so mächtigen und facettenreichen Eindruck, dass sie fast wie ein Synthesizer klang; eine solche Ausdrucksweise hört man von Orgeln selten.

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Das stimmungsvolle Werk beinhaltete alle Teile, die eine Messe braucht, ein „Kyrie“, „Gloria“, „Credo“, den „Sanctus“ und zum Schluss ein „Agnus Dei“.

Ruben Sturm bearbeitete als Improvisationen fünf Choräle von Luther im barocken Stil. Die Fuge „Christ lag in Todesbanden“ gestaltete er dabei sehr virtuos, „Meine Seele erhebet den Herrn“ wurde hingegen sehr verspielt dargeboten.

Mehr als Zäsur diente Felix Mendelssohn Bartholdys „Präludium und Fuge e-Moll“, das zwar vorsichtig begann, jedoch selbstbewusst und mit einem großen Ausrufezeichen enden sollte. Wiederum fünf Lieder bearbeite Sturm diesmal als symphonische Skizzen und verwandelte sie so in moderne Klangbilder, die facettenreich und technisch anspruchsvoll zugleich waren. So überzeugte beispielsweise „Christ lag in Todesbanden“ dieses Mal mit bedrohlichen Fanfaren. „Vater unser im Himmelreich“ wurde in virtuoser Weise mit schnellen Läufen gespielt.

Zuletzt beeindruckte die 1947 entstandene fünfteilige „Suite médievale en forme de Messe basse“ von Jean Langlais, deren majestätischer Beginn Gutes für das ganze Stück versprach. Es gab stehende Ovationen.