Das Thema Schlachthof ist hochgekocht. Im OB-Wahlkampf tauchten nun Zahlen rund um die Immobilie auf, die auch den Entsorgungsbetrieb interessiert hatte.
WORMS. Die Rhenania will den alten Schlachthof künftig selbst nutzen, wenn es dabei bleibt, dass man sich mit dem Entsorgungs- und Baubetrieb Ebwo nicht auf einen Kaufpreis einigen kann. Das erklärten Geschäftsführer Oliver Schüttler und OB Michael Kissel, der Aufsichtsratsvorsitzender der Rhenania AG ist, auf Nachfrage der WZ. So wird es vermutlich kommen, denn Bürgermeister Hans-Joachim Kosubek bleibt dabei: Der Preis sei zu hoch und für den großteils gebührenfinanzierten Ebwo nicht verantwortbar.
Das Thema ist hochgekocht, nachdem im OB-Wahlkampf nun aus nicht öffentlichen Sitzungen des Werkausschuss Entsorgung Zahlen aufgetaucht sind, die offenbar bewusst gestreut werden. Vieles war längst bekannt, etwa, dass den Schlachthof, dessen vorheriger Besitzer Insolvenz angemeldet hatte, 2012 von der KB Immobilien GmbH gekauft worden war, die zu diesem Zweck von Dr. Klaus Karlin und Murat Basaran gegründet worden war. Nachdem sich deren Ideen, von denen es verschiedene in unterschiedlichen Richtungen gab, nicht umsetzen ließen, hatten sie den alten Schlachthof Ende 2016 an die Rhenania verkauft. Über die Kaufpreise war Stillschweigen gewahrt worden, um die Rechte Dritter zu wahren, werden solche Zahlen auch zumeist in nicht öffentlichen Sitzungen behandelt, so auch im Werkausschuss Entsorgung, in dem Vertreter von SPD, CDU, FDP, Grünen sowie FWG-Bürgerforum sitzen.
Auch Gelände des Recyclingunternehmens gekauft
Doch genau die wurden nun bekannt. So hatten Karlin und Basaran den Alten Schlachthof für 400.000 Euro gekauft, was Karlin gegenüber der WZ jetzt bestätigte. Zuvor war die Immobilie vom Insolvenzverwalter für 1,5 Millionen Euro zum Verkauf angeboten worden, zwei Zwangsversteigerungstermine waren gescheitert, weil jeweils nur Angebote über 200.000 Euro abgegeben worden waren. Die Rhenania allerdings zahlte dann ziemlich genau eine Million an Basaran und Karlin. Also eine Wertsteigerung um 600.000 Euro in vier Jahren?
OB Michael Kissel widerspricht. Der Preis setze sich zusammen aus den von Karlin/Basaran damals gezahlten 400.000 Euro und nachgewiesenen Aufwendungen durch diese seither. Vor allem ist das der Abriss zahlreicher Gebäude rund um die eigentliche Markthalle und den Wasserturm, die Nutzbarmachung der so entstandenen Freifläche, aber auch Planungskosten und anderes mehr. Klaus Karlin sagt dazu aber auch, dass letztlich das Interesse des Käufers den Preis bestimme. Auch dem widersprechen OB Kissel und Geschäftsführer Schüttler nicht. Letzterer sagt, Strategie des Unternehmens sei es, „jeden Quadratmeter Gewerbefläche, der zu haben ist, zu kaufen, vor allem am Hafen.“ Denn das Geschäft des Logistikers brummt. Das ist im übrigen auch ein weiterer Grund, weshalb die Entwicklung des alten Schlachthofes noch etwas warten muss: Rhenania habe das Gelände des Recyclingunternehmens, das just zwischen den beiden großen neuen Logistikhallen von Rhenania im Hafen liegt, kaufen können. Dort werde im kommenden Jahr eine dritte Halle zwischen die vorhandenen gebaut. Danach gehe es an den Schlachthof, so Schüttler.
Wertgutachten bringt überraschendes Ergebnis
Von Anfang an hatte die ganze Angelegenheit eine politische Dimension, weshalb es nun im OB-Wahlkampf auch hochkocht. Kissel ist Sozialdemokrat, Karlin der Fraktionsvorsitzende der CDU, der zudem in der OB-Wahl 2011 in der Stichwahl Kissel nur knapp unterlegen war. Die Idee von Karlin, hier „Wohnen am Rhein“ oder Wohnen für Senioren zu ermöglichen, hatte Kissel stets abgelehnt, es wurde dann auch per Bebauungsplan verhindert. Karlin, von Beruf Rechtsanwalt, sagt bis heute, er hätte liebend gern deswegen gegen die Stadt geklagt. Doch als Rhenania dann das unmittelbar angrenzende Gelände von Blau-Weiß im Dezember 2016 erworben hatte, habe man die Verkaufsgespräche mit Rhenania geführt.
Richtig kompliziert wird es jetzt aber durch den Ebwo und noch dazu die Denkmalpflege. Als OB Michael Kissel kurz vor Silvester 2016 bestätigt, dass Rhenania den Schlachthof gekauft hat, betonte er, dieses Gelände könne der Logistiker selbst nutzen, es könnte aber auch an den Ebwo gehen. Als OB und Rhenania-Aufsichtsrat sah Kissel beides: die Entwicklung des Logistikunternehmens, das zu 50 Prozent der Stadt gehört, und den Ebwo – der bei einem Umzug den heutigen Bauhof an der Monsheimer Straße frei machen würde, wo ein dringend benötigtes Wohngebiet entstehen könnte. Die Werkleitung des Ebwo und der zuständige Dezernent, Bürgermeister Hans-Joachim Kosubek (CDU) führen also Gespräche mit Rhenania.
Tatsächlich einigt man sich auf einen Kaufpreis, bestätigt Kissel: etwas mehr als 1,1 Millionen Euro, was dem zuvor von Rhenania gezahlten Kaufpreis inklusive der Nebenkosten wie Notarkosten und Grunderwerbsteuer entspricht – aber abzüglich rund 300.000 Euro für denkmalpflegerische Sanierungskosten. Denn Schlachthof und Turm stehen unter Denkmalschutz und haben erheblich gelitten. Nachdem der Verkauf konkreter wird, verlangt die Denkmalpflege des Landes ein Gutachten. Dieses besagt, dass zum Erhalt und für eine Nutzung der Gebäude sogar rund 480.000 Euro aufzuwenden wären.
Diese Kosten soll Rhenania übernehmen, verlangt der Werkausschuss des Ebwo. Weil keine Einigung zu erzielen ist, schlägt OB Kissel nun vor, ein aktuelles Wertgutachten beim unabhängigen Gutachterausschuss in Auftrag zu geben. Mit überraschendem Ergebnis: Eben wegen der Einschränkungen durch den Denkmalschutz und der entsprechenden Kosten dadurch ergibt dieses einen Verkehrswert von 450.000 Euro. Das war der Moment, in dem der Werkausschuss Entsorgung im September beschlossen hat, vom Kauf abzusehen.