Für Nibelungen-Intendant Nico Hofmann steht das Ensemble im Vordergrund, nicht Stars wie Klaus Maria Brandauer. "Überwältigung" spiegelt Probleme der Gegenwart wider.
WORMS. Festspiel-Intendant Nico Hofmann betont bei jeder Gelegenheit, dass es ihm um die Qualität von Stoff und Inszenierung geht, um die Gesamtleistung von Autor, Regisseur und Ensemble. Aber, und das weiß Medienprofi Hofmann natürlich ganz genau: Große Namen „ziehen“. Das war im letzten Jahr bei Etzel-Darsteller Jürgen Prochnow der Fall. Und das war am Dienstagmorgen wieder „live“ zu erleben, als zu Beginn der traditionellen Pressekonferenz zum neuen Stück „Überwältigung“ von Autor Thomas Melle Klaus Maria Brandauer den mit zahlreichen Pressevertretern gefüllten Mozartsaal betrat.
Sofort war der 75-jährige Österreicher, der in seinem langen Schauspielerleben schon für viele große Bühnen-, Fernseh- und Filmrollen gefeiert wurde, umringt von Kameraleuten und Fotografen. Brandauer selbst wartete anschließend jedoch geduldig, bis ihn Moderatorin Bernadette Schoog fast eine Stunde später bei der Vorstellung des neuen Ensembles auf die Bühne bat. Und dort bekannte der frühere Burg-Schauspieler, dass er gute Erinnerungen an Worms habe, als er 2007 bei einer Lesung im Rahmenprogramm aufgetreten war.
Hofmann "verehrt" Brandauer
Diese positive Erfahrung im Hinterkopf habe ihn mitveranlasst, Nico Hofmann zuzusagen, den Hagen vor dem Kaiserdom zu spielen. „Nicht alleine, sondern als Teil eines Ensembles“, wie er ganz im Sinne Nico Hofmanns bescheiden betonte. Weniger zurückhaltend reagierte er, als er einen Boulevard-Reporter ironisch abtropfen ließ.
Hofmann beteuerte, dass er Brandauer „verehre“, dass er den großen Schauspieler für dessen Arbeit „liebe“. „Aber alles steht und fällt mit der Qualität der Inszenierung. Und dafür brauchen wir keinen Mega-Star.“
Vom neuen zehnköpfigen Ensemble waren sieben Schauspieler nach Worms gekommen. Nach Brandauer den höchsten Bekanntheitsgrad haben Boris Aljinovic, der lange Jahre den Berliner Tatort-Kommissar Felix Stark spielte, sowie Inga Busch, die als Frigga vor zehn Jahren schon einmal die „gigantische und imposante“ Kulisse in Worms genießen durfte. Aljinovic bekannte, dass er noch keinerlei Ahnung habe, wie das so ist, vor einer so mächtigen Freiluftkulisse zu spielen. „Aber die Sonnenrate ist wohl sehr gut hier“, merkte der Schauspieler grinsend an. Inga Busch wiederum erinnerte sich, dass sie damals stundenlang Speerwurf habe üben müssen. Der Rest der Mannschaft besteht durch die Bank aus hochkarätigen Schauspielern, die an renommierten Bühnen arbeiten. Alexander Simon (Siegfried) und Lisa Hrdina (Ortlieb) fehlten, weil sie terminlich gebunden waren. Die Rolle der Ute ist noch nicht besetzt, das soll in den nächsten Tagen noch erfolgen.
Gute Ruf von Worms verbreitet sich
Dass Worms im letzten Jahr hinter Salzburg als bedeutendste Festspielstadt genannt worden sei, habe ihn enorm stolz gemacht, bekannte Nico Hofmann, den seine Bandscheiben mächtig plagten. Nach den Anfangsjahren mit drei Stücken von Albert Ostermaier seien die Nibelungen-Festspiele mittlerweile auf dem richtigen Weg. „Ich bin mega zufrieden.“ Aber jedes Jahr sei ein neues Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Schauspielgrößen wie Brandauer nach Worms zu locken sei mittlerweile leichter als in den Anfangsjahren, weil sich der gute Ruf wie ein Lauffeuer verbreitet habe. Jetzt in einem völlig neuen Stück an den Anfang des Nibelungenliedes zurückzukehren, die Utopie zu entwickeln, wie sich der Stoff auch anders hätte entwickeln können, das sei vor allem auch deshalb spannend, weil sich Parallelen zu heutigen Egomanen wie Donald Trump oder italienischen Populisten herstellen ließen.
Wie sehr ihn der Nibelungenstoff gepackt hat, ist im Übrigen auch daran zu sehen, dass der Filmproduzent und UFA-Geschäftsführer an einer zehnteiligen Serienproduktion zu den Nibelungen arbeitet. „Der tolle Text ist bereits fertig“, bekannte er im Pressegespräch. Aber da er momentan noch mit anderen Projekten stark beschäftigt sei, dauere es wohl noch ein bisschen, bis er das „50- bis 60-Millionen-Spektakel“ umsetzen könne. „Aber ich bin sehr optimistisch, dass es klappt.“