Drachenzähmen leicht gemacht - Besuch bei Entwicklern der...

Die Entwickler der Schaz-App starten in die heiße Phase: Der Student Frank Blasius(r.) hat die App auf einem Handy und einem Laptop und sucht nach Bugs. Prof. Jan Drengner(l.) leitet das Projekt. Foto: Photoagenten/Christine Dirigo
© Photoagenten/Christine Dirigo

Drachen auf der Rheinpromenade jagen - das soll mit der App "Schaz" der Wormser Hochschule gehen. Mit der Spiele-App soll man "Wormser Schätze neu entdecken", wie der...

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WORMS. Der kleine hellgrüne Drache hüpft in Minischritten über den Weg, während seine Kollegen den Himmel über den Weinreben unsicher machen. „Richtig Angst habe ich noch nicht vor ihm“, kommentiert Jan Drengner, Professor für Dienstleistungsmarketing und -management die Flugversuche skeptisch. Ob man da an der Flugroute der Drachen noch etwas machen könne, fragt er die vier anwesenden Studenten und seinen Kollegen Werner König, Professor für Interaction Design & Usability. In seinem Fachbereich vermittelt er Studenten unter anderem, Programme ansprechend zu gestalten und darauf zu achten, dass sie leicht zu bedienen sind.

Wöchentlich sitzt die Gruppe zusammen und geht den aktuellen Stand der Schaz-App durch, die Mitte April offiziell vorgestellt wird: Wie funktionieren die einzelnen Spiele? Kommen auch ältere Mitbürger mit der Bedienung klar und sind die Anleitungen verständlich? Die App vermittelt spielerisch Wissen zur Stadt sowie zum Rheinland-Pfalz-Tag 2018. Alle Drachen in den Himmel zu bekommen, ist dabei nicht die einzige Herausforderung, die das Minispiel, in dem der Spieler als Siegfried Drachen mit einem Stein abschießen muss, mit sich bringt.

Der Nutzer kann das Handy drehen, um sich im Spiel umzusehen und die Drachen zu finden – vorausgesetzt, das Smartphone bringt die richtige Technik mit: Ein Gyroskop. Das ist der Sensor, der die Bewegungen wahrnimmt, wodurch sich die Umgebung auf dem Handy mitbewegt. Diese Technik kommt in der Schaz-App nicht nur im Drachenspiel zum Einsatz. Drengner demonstriert an seinem eigenen Smartphone, wie ein virtueller Rundumblick im Wormser Dom aussehen kann. Langsam dreht er sich um die eigene Achse, das Bild der Inneneinrichtung des Doms dreht sich automatisch mit ihm: Ganz so, als stünde er mittendrin. Besitzt das Handy kein Gyroskop, kann auch mit dem Finger das Bild auf dem Bildschirm bewegt werden.

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3000 Aufgaben müssen bewältigt werden

Die Steuerung per Finger möchte König auch beim Drachenspiel so umsetzen, wenn dem Handy der Sensor fehlt – von der Idee, ein Alternativspiel zu programmieren, hält er nicht viel: „Wir haben nur begrenzt Zeit.“ Doch die Studenten und auch Drengner sind der Meinung, dass es zu schwer sei, die Umgebung mit dem Finger zu bewegen und gleichzeitig auf den Drachen zu schießen. „Da müsste die Steuerung leicht verändert werden, damit man dem Drachen mit dem Finger folgen kann und durch ein weiteres Wischen den Stein abschießt“, stimmt der 33-jährige Damian Belter ihm zu. Zurzeit fliegt der Stein in dem Moment los, in dem der Finger nicht mehr den Bildschirm berührt. „Also mich als Nutzer würde das total stören“, sagt der Touristik-Student. Das Team einigt sich auf eine alternative Steuerung.

In den vergangenen Monaten bearbeitete die Gruppe 2430 Aufgaben, berichtet Drengner. „Die 3000 bekommen wir auf jeden Fall voll.“ Wer wolle, könne gerne Tipps abgeben. Wie viele es am Ende sein werden, scherzt er mit den Studenten. Strukturiert arbeitet das Team auf jeden Fall. Insgesamt 60 Studenten wirken Drengner zufolge an der Schaz-App mit, der „harte Kern“ besteht aus zehn Leuten: Sieben Studenten und drei Professoren. Die Atmosphäre ist locker, Studenten und Professoren duzen sich, dennoch sind alle konzentriert und professionell bei der Sache.

Nutzerfreundlichkeit und Datenschutz im Vordergrund

Egal ob auf iOS oder Android – die App muss später einwandfrei laufen. Das gilt auch für das Memory-Spiel, in dem der Nutzer jeweils das richtige Bild und den Namen der darauf abgebildeten Attraktion zusammenbringen muss, beispielsweise Luthers Schuhe. Auch hier muss noch etwas Arbeit hineingesteckt werden. Der Text sitze noch nicht immer da, wo er hingehöre, merkt König an. „Das erschwert die Lesbarkeit.“ Außerdem merkte das Team bei einem weiteren Test, dass die Bilder zum Teil etwas klein sind. „Das könnte bei älteren Menschen ein Problem sein“, sagt Drengner. Der Job, sich um die Bildbearbeitung zu kümmern, fällt dem 25-jährigen Informatik-Studenten Minh-Son Truong zu. Zwei Tage später sollte alles fertig sein, dann würden Testnutzer das Memoryspiel in die Hand bekommen, merken die beiden Professoren an. Bis dahin müsse das Spiel auch die Punkte richtig zählen.

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Informatik-Student Kevin-Steven Balz hat auch die Idee, die App mit Facebook zu vernetzen. „Wenn es eine Freundesliste gibt, könnten sich Nutzer hier vergleichen“, sagt der 23-Jährige. Generell sei geplant, dass die Punktezahl der Spieler online gespeichert und in Ranglisten eingetragen werde. Eine Anmeldung sei aber kein Muss, natürlich könne man die App auch anonym nutzen. „Wir müssen generell den Datenschutz besprechen“, sagt König. Es müsse geklärt werden, ob die Daten zu wissenschaftlichen Zwecken gesammelt würden oder nicht. „Wir müssen da einen guten Kompromiss finden.“

Aber nicht nur die App muss funktionieren, auch am Trailer wird noch gebastelt: „Wir müssen davon ausgehen, dass die Leute nach 30 Sekunden aussteigen“, sagt König. In dieser Zeit müsse also alles Wichtige gezeigt und die Leute begeistert werden. Außerdem müssen laut Drengner noch einige Wormser wie die jüdische Gemeinde informiert werden, dass da demnächst „einige Leute in deren Gärten“ unterwegs sein werden.

Von Sonja Ingerl