Worms: Mittelalter-Band „Corvus Corax“ stimmt im Mozartsaal auf Spectaculum ein
Von Sophia Rishyna
Hat in der Mittelalter-Szene den Dudelsack wieder beliebt gemacht: die Berliner Band „Corvus Corax“. Foto: photoagenten/Alessandro Balzarin
( Foto: photoagenten/Alessandro Balzarin)
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WORMS - „Ja, ist denn schon Spectaculum?“, fragte sich der Besucher beim Konzert von „Corvus Corax“ im Mozartsaal. Die aus Berlin stammende Band, die vor 28 Jahren den Dudelsack wieder populär in der deutschen Mittelaltermusik-Szene gemacht hat, konnte sich auch ohne den unterstützenden Rahmen des Mittelalter-Festivals über einen gut besuchten Abend freuen.
Die Konzertgänger, darunter nicht wenige Gewandete, waren leicht irritiert, als sie die Bestuhlung des Saals bemerkten. Wie Frontmann Castus Rabensang aber erklärte, hatte diese einen ganz bestimmten Grund: „Wir wollen, dass ihr euch ans Sitzen gewöhnt, denn das müsst ihr bei unserer nächsten Tour!“ Diese wird nämlich ein „Fantastical“, ein fantastisches Musical, namens „Der Fluch des Drachen“ und startet im Herbst.
Bevor jedoch die Gruppe die Bühne betrat, stimmte die Vorband „Joyosa“ das Publikum ein. Das Trio, bestehend aus Sänger Kilian, Percussionist Reza und Sängerin Silke, präsentierte ein breit gefächertes Spektrum aus arabischen, sefardischen und christlichen Musikstücken vom 8. bis zum 15. Jahrhundert, die sie selbst aus historischen Quellen rekonstruiert haben.
NAME
Der Name der Band ist gleichbedeutend mit der wissenschaftlichen Bezeichnung des Kolkraben, eines Singvogels aus der Familie der Rabenvögel. Er beinhaltet eine Namensdopplung, da „Corvus“ und „Corax“ beide Rabe bedeuten, einmal auf Latein und Griechisch. Die Musiker haben den Namen nach ihrer Flucht aus der DDR gewählt, bei der sie ihren Kolkraben zurücklassen mussten.
Sehr beeindruckend war die Bandbreite an Instrumenten, die die Musiker beherrschten: Alte-Musik-Spezialist Kilian ließ Flöte, Schalmei, einen Dudelsack sowie viele weitere Saiten- und Blasinstrumente erklingen, meist parallel zum Gesang. Der aus dem Iran stammende Reza spielte Percussionsinstrumente wie Citole und Oud und Sängern Silke, die ebenfalls Trommeln spielte, zeigte zu einem Stück einen andalusischen Tanz.
Auch wenn die starken, tätowierten und so gut wie oberkörperfrei auftretenden Mannen von „Corvus Corax“ auf den ersten Blick nicht viel mit den zarten und gefühlvollen Musikern vom Ensemble „Joyosa“ gemeinsam zu haben schienen, zeigten beide Bands auf professioneller Ebene sehr viel Respekt für einander. Zudem war diese „Ars Mystica“-Tour dazu gedacht, sich der geheimnisvollen Seite des Mittelalters zu widmen, und dies verfolgten beide Ensembles auf ihre Art und Weise gleich erfolgreich.
Die „Könige der Spielleute“, wie „Corvus Corax“ auch genannt werden, machten ihren Auftritt so dramatisch und spannend wie möglich: Zu elektrisch erzeugtem Regen und Sturm betraten sie die Bühne.
Die Stimmung kochte hoch und wurde durch Anekdoten und von Bandmitglied Jordon vorgetragene lüsterne Gedichte beständig angeheizt. Die Zuhörer hoben fleißig die Hände und klatschten mit, wann immer Frontmann Rabensang es wünschte, nur beim Gesang zu „Havfrue, Havfrue“ über eine kleine Meerjungfrau, die schön tanzte, war es zu Beginn noch etwas schüchtern. Auch hier staunte das Publikum nicht schlecht, wie viele Instrumente jeder einzelne Musiker beherrschte, und in wie vielen Sprachen die Stücke erklangen.
Ein besonderes Schmankerl gab es als Zugabe zu hören, inklusive spannender Geschichte: Im Jahr 2010 nahm die Band an Aufnahmen für die Pilotfolge einer Serie teil, konnte aber beim erforderlichen Nachdreh nicht mehr mitwirken und wurde daraufhin aus der finalen Fassung geschnitten.
„Wir hatten ja keine Ahnung, dass es die erfolgreichste Serie aller Zeiten werden würde“, meinte Rabensang leicht zerknirscht. Die Rede ist von „Game of Thrones“, und die Titelmelodie der Serie in bearbeiteter Fassung spielten die Musiker unter dem Namen „Corvus Trioculi“.