Das Ensemble Currentes spielt eine „Messe für Zacara“. Foto: Hans Knut Sveen
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WORMS - In die dämmerige Stille des Doms hinein intonieren zwei Stimmen mit zauberhafter Klarheit und Ruhe eine archaisch klingende, intensive Melodie. Mit diesem Auftakt, einem gregorianischen „Introitus“, begann das letzte der Wunderhoeren-Konzerte in diesem Jahr mit dem Titel „Eine Messe für Zacara“. Das norwegische Ensemble „Currentes“ trug damit zur Ehrung des spätmittelalterlichen Komponisten Antonio Zacara da Teramo bei, die unter der Bezeichnung „Zacara Triduum“ einen beeindruckenden Abschluss des Festivals bildete.
Gelungener Kunstgriff des Ensembles
Dass die sechs Musiker, drei Sänger und drei Instrumentalisten, eine Messe für und nicht von Zacara präsentierten, hat den einfachen Grund, dass bis zum Todesjahr des Komponisten 1415 noch keine geschlossene Form einer liturgischen Messe existierte. Es war üblich, Sätze paarweise zu konzipieren, beispielsweise Gloria mit Credo und Sanctus mit Agnus Dei. Die damaligen Komponisten strebten nach einer systematisch-vereinigenden Struktur, doch eine geeignete musikalische Lösung fand sich erst um das Jahr 1430. Insofern ist es ein beachtenswerter Kunstgriff der auf polyphone Musik des Spätmittelalters und der Renaissance spezialisierten Truppe, eine Messe aus vorhandenen Sätzen und passenden liturgischen Stücken sowohl von Zacara als auch aus anderen historischen Quellen zusammenzustellen, sodass diese eine organische stimmige Struktur aufweist.
Einen Sog hinein in eine andere Welt und Zeit formten die ungewohnten und gleichermaßen höchst faszinierenden Klänge. Tragendes Element war der ausgesprochen natürlich-wohlklingende Gesang von Ingvill M. Holter (Sopran), Kristin Mulders (Mezzo-Sopran) und Kjetil Almenning (Tenor), einfühlsam und agil begleitet von den Instrumentalisten Anna Danilevska, Hans Hub (beide Fidel) und Jostein Gundersen (Blockflöten). Musikgeschichtlich hoch interessant zeigte sich an den ausgewählten Kompositionen die Entwicklung vom einstimmigen Cantus Firmus des gregorianischen Chorals im Tenor über den zweistimmigen Organum-Satz, mit Unterstimme aus Cantus Firmus und darüber liegenden variationsreichen Diskant des Soprans, bis hin zur dreistimmigen variationsreichen Motette zusammen mit dem Mezzo-Sopran. Die jungen Sänger, die stimmlich optimal harmonieren, präsentierten die alte Kunst mit höchstem Engagement und bestechender technischer Perfektion. Sie füllten das Gotteshaus mit fokussiertem, schwebendem Ton, agierten die melismatische Stimmführung mit faszinierender Virtuosität aus und verdeutlichten elegant Stilmittel wie Imitationen, Echo-Wirkung und Kontraste.
ALTE MUSIK
Seit März hat es beim Festival für alte Musik und Literatur elf Konzerte gegeben.
Das Festival findet seit 2011 alle zwei Jahre statt.
Leider verlor sich jedoch die unmittelbare Wirkung der raffinierten Musik aufgrund der Positionierung des Ensembles auf den Treppen vor dem Altarbereich im ohnehin problematischen Hall des Gebäudes teils in einer Art filigranem Klangnebel. Auch die Fideln, sei es solistisch oder im Gruppenklang, waren im Klang beeinträchtigt, wogegen die Blockflöten die Situation recht gut verkrafteten. Für diese Art sensibler, feiner Musik wäre der schon für andere Konzerte genutzte Bereich vor dem Hochaltar akustisch wesentlich günstiger gewesen. Auch die Anzahl der Besucher hätte dort bei entsprechender Bestuhlung Platz gefunden.
Ungeachtet dessen gelang es den versierten Spezialisten, sowohl im Gesamtensemble als auch anderen Konfigurationen eindringlich, den emotionalen Gehalt und die Schönheit dieser Musik zu transportieren.