Matthäuspassion in der Wormser Pauluskirche sorgt für Gänsehaut
Von Sophia Rishyna
Komplett ausverkauft war Bachs berühmte Matthäuspassion in der Pauluskirche. Foto: photoagenten/Alessandro Balzarin
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WORMS - Komplett ausverkauft war die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach, die in der Dominikanerkirche St. Paulus von zwei Gesangsensembles und zwei Kammerorchestern bestritten wurde. Das Wormser Ensemble Paulinum und das Barockorchester Pulchra Musica standen unter der Leitung von Christian Bonath, während Jorin Sandau die Camerata Ludoviciana und das Vocalensemble Darmstadt dirigierte.
Mit einer Aufführungsdauer von über drei Stunden inklusive viertelstündiger Pause war vom Publikum Sitzfleisch gefordert. Die Zuhörer zeigten sich jedoch geduldig und bedankten sich mit viel Applaus für einen magischen Konzertabend. Fast schon eine Sünde, wie großartig die Musik war – zum Glück fand die Aufführung an einem Sonntag statt.
Auch vor den Solisten hatte die Grippewelle nicht Halt gemacht, weswegen Sopranistin Lena Sefrin von Friderike Martens vertreten wurde. Am häufigsten solistisch zu hören war der junge Tenor Fabian Kelly, der an der Mainzer Musikhochschule Gesang studiert und bei der Matthäuspassion den Evangelisten und fast sämtliche Tenor-Arien sang. Bezaubernd war auch der blutjunge Altus Jan Jerlitschka, der sein Gesangsstudium im Sommer in Trossingen beginnen wird und die Alt-Arien engelsgleich und voller Hingabe präsentierte.
BACH-ZYKLUS
Bachs großartiges Glaubenszeugnis war zum ersten und hoffentlich nicht letzten Mal in der Paulus-Kirche zu hören. Damit fand der Bach-Zyklus seine Fortsetzung, da bereits die Johannespassion, die h-moll-Messe, das Weihnachtsoratorium und das Osteroratorium des großen Komponisten in St. Paulus zu hören waren, sehr oft unter dem Mitwirken des Ensembles Paulinum und des Barockorchesters Pulchra Musica.
Mit Friderike Martens sang die Mannheimerin Sandra Ehses die Sopran-Arien voller Wärme und Leidenschaft und bewies bei den Rezitativen eine besondere Wirkungskraft.
Als Petrus, der sein dreifaches Verleugnen des Heilands bereute, gefiel Peter Münch mit einer herrlichen Klarheit in der Stimme. Besonders für die Bässe bot die Matthäuspassion eine hervorragende Möglichkeit, ihren ganzen Stimmumfang zu demonstrieren. Johannes Hill als Christus schwankte geschickt zwischen der Verzweiflung, die Jesus angesichts seines Schicksals empfindet („Eli, lama asabhtani?“ – „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“), und der Opferbereitschaft für die Christenheit. Stephen Wernersbach gab den nachdenklichen Pilatus, der nicht verstehen konnte, warum das Volk Jesus unbedingt gekreuzigt sehen wollte, während Philipp Peters als Judas zwar nur eine kleine Rolle hatte, in dieser aber Akzente setzen konnte.
Die Chöre überboten einander gegenseitig in ihrem Einsatz und der Stimmgewalt, die sie dramatischen wie tragischen Chorälen verliehen. Der erste Teil wurde von Christian Bonath, wie immer besonders enthusiastisch, dirigiert, sein Kollege Jorin Sandau spielte derweil die Orgel und hatte einige seiner Musiker und Sänger bei sich. Im zweiten Teil wechselte die Rollenverteilung und Sandau dirigierte mit Bravur, während Bonath an der Orgel brillierte.
Insgesamt war es ein Abend voller Superlative: Zwei herausragende Orchester, zwei überregional erfolgreiche und hoch angesehene Gesangsensembles, zwei Dirigenten, deren Stile sich perfekt ergänzten und eine ausverkaufte Pauluskirche. Sogar die Kirchenglocken, die während eines Tenorrezitativs zu Läuten anfingen, zollten der Matthäuspassion ihren Respekt und hörten so schnell wieder auf, wie sie begonnen hatten.