Karmeliter-Grundschule in Worms: Ganztagszug ist abgefahren
Vor vielen Jahren wollte die Wormser Karmeliter-Grundschule eine Ganztagsschule werden. Die Stadt lehnte ab. Und auch jetzt sieht die Schulleitung keine Chance für eine Umsetzung.
Von Roland Keth
Lokalredakteur Worms
Ganztagsschule? „Bei uns geht da gar nichts“, sagen Rektorin Michaela Gärtner und ihr Konrektor Lothar Janneck.
(Foto: BK/Ben Pakalski)
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WORMS - Schuldezernent Waldemar Herder (SPD) hat sich in seinem Bemühen, in Worms drei neue Ganztagsgrundschulen zu installieren, um insbesondere die Nachmittagsbetreuung für Kinder berufstätiger Eltern oder Alleinerziehender sicherzustellen, bislang nur Absagen eingehandelt. Die Karmeliter-Grundschule hat er nicht gefragt, obwohl dort eigentlich dringender Bedarf wäre.
Denn es gibt an dieser Innenstadtschule im Gegensatz zu anderen Schulen keine von Elternvereinen getragene „Betreuende Grundschule“, der Förderverein wurde vor einigen Jahren aufgelöst, weil am Ende nur noch Lehrer mitarbeiteten.
Früher wäre man gerne Ganztagsschule geworden
Das Familienzentrum in der Gaustraße, wo früher auch Karmeliter-Kinder nachmittags betreut wurden, existiert schon lange nicht mehr. In der Kinder-Arche in der Wielandstraße können nur zehn Kinder betreut werden. Da wäre eine Umwandlung in eine Ganztagsschule doch sehr hilfreich, oder nicht?
Daten und Fakten
Die Karmeliter-Grundschule hat 240 Schüler, die von etwa 20 Lehrern unterrichtet werden. Nach Angaben der Schulleitung haben 70 bis 75 Prozent der Schüler einen Migrationshintergrund. Von diesen 240 Kindern haben etwa 100 so große Sprachprobleme, dass sie Förderunterricht beziehungsweise einen Deutsch-Sprachkurs brauchen. Und das, obwohl viele in Deutschland geboren sind.
Schulleiterin Michaela Gärtner und ihr Konrektor Lothar Janneck antworten mit „Radio Eriwan“: „Im Prinzip ja,...“ Und schieben dann gleich mehrere dicke „Aber“ nach. Vor vielen Jahren, damals noch unter dem schon lange pensionierten Rektor Jörg Pfeiffer, habe die Karmeliter-Grundschule Ganztagsschule beziehungsweise eine Schule mit Kinder- und Betreuungszentrum werden wollen. „Das hat die Stadt abgelehnt, weil zu dieser Zeit noch die fünften und sechsten Klassen der Karmeliter-Realschule bei uns im Haus untergebracht waren“, erinnert Michaela Gärtner an diese Zeit.
Als die Realschüler später auszogen, habe die Stadt entschieden, im Erdgeschoss eine Kita unterzubringen. „Wir haben uns damals mit Händen und Füßen gewehrt und laut und deutlich betont, dass dann das Thema Ganztagsschule vom Tisch ist. Aber die Kita war der Stadt wichtiger“, benennt Gärtner die nächste, entscheidende Klippe. Zwischendurch habe der ASB angeboten, eine Betreuung zu organisieren. „Das ist an der Finanzierung gescheitert“, hält Gärtner der Stadt vor.
Heute sei der Zug abgefahren, und das noch aus anderen Gründen. So sei das Land nicht in der Lage, die Grundschulen mit einer ausreichenden Zahl an qualifizierten Lehrern zu versorgen. „Wir haben beispielsweise einen gelernten Betriebswirt und Berufsschullehrer zugewiesen bekommen, obwohl wir eine schwierige Schule sind mit vielen Kindern, die einen Migrationshintergrund aufweisen, enorme Sprachprobleme haben, aus Hartz-IV-Haushalten kommen und bei denen ein großer Förderbedarf besteht“, klagt die Rektorin. Es gebe keine Feuerwehrlehrer, es fehle auch hinten und vorne an Förderlehrern.
„Und wenn ich Schüler bei der Volkshochschule für Deutschsprachkurse anmelden will, bekomme ich viele Absagen, weil angeblich die Voraussetzungen nicht erfüllt sind“, bestätigt Konrektor Lothar Janneck alle Aussagen seiner Chefin. Wenn aber das Land nicht einmal in der Lage sei, den regulären Vormittagsunterricht vernünftig abzudecken, wie solle das erst in einer Ganztagsschule mit ihrem erhöhten Unterrichts- und Förderbedarf funktionieren?, fragen sich die beiden Pädagogen.
Noch eines kommt hinzu. „Eine Ganztagsschule braucht zusätzliche Räume, außerdem eine Mensa, wo die Kinder zu Mittag essen können. Wir sind jetzt schon auf engstem Raum zusammengepfercht, da ist überhaupt kein Spielraum mehr für bauliche Erweiterungen“, stellt der Konrektor fest. Das gelte im gleichen Sinne auch für den Pausenhof, der schon jetzt kaum Spielmöglichkeiten biete, von Sportmöglichkeiten ganz zu schweigen. „Seit Kurzem sind wir Schwerpunktschule, betreuen aktuell neun Kinder mit besonderem Förderbedarf. Wir bewegen uns absolut am Limit und haben null Spielraum mehr“, versichern beide Lehrer.
Doch dem noch nicht genug. Die Karmeliter-Grundschüler werden demnächst das Schicksal vieler anderer Wormser Kinder teilen und im Herbst in Container umziehen. „Das Schulhaus wird kernsaniert. Die Arbeiten sollen drei bis dreieinhalb Jahre dauern. Deswegen“, sagt Gärtner, „geht diesbezüglich erst recht nichts. Gar nichts.“