„Der Totentanz von Beram“ heißt das neue Werk des Kunsthistorikers und Schriftstellers Helmut Orpel. Sein Protagonist reist dazu in ein kleines, istrisches Dorf.
Von Ulrike Schäfer
Helmut Orpels erste Kunstkrimis waren in Worms und Umgebung angesiedelt, in seinem dritten Buch löst sein Protagonist Dr. Romeo Pöstges einen Fall im kroatischen Dorf „Beram“.
(Foto: AfP Asel)
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WORMS - Spannend bis zur letzten Seite und hoch interessant ist „Der Totentanz von Beram“, dritter Kunstkrimi des in Mannheim lebenden Kunsthistorikers und Schriftstellers Helmut Orpel. Waren seine beiden ersten Bücher „Tintorettos Geheimnis“ (2015) und der „König von Burgund“ (2017) noch im näheren Umkreis angesiedelt, in Worms, Schwetzingen und Mannheim, so spielt der aktuelle Fall überwiegend in Kroatien, und zwar in dem kleinen istrischen Dorf Beram, das durch seine Wallfahrtskirche Maria im Fels berühmt wurde. Sie ist mit mittelalterlichen Fresken ausgemalt, unter anderem mit einem sehr gut erhaltenen Totentanz aus dem Jahr 1474.
In Orpels Roman nun hat der Mannheimer Kunsthistoriker, Dr. Romeo Pöstges, den Auftrag erhalten, diesen herausragenden Bilderfries zu dokumentieren. „Sind es die Schrecken dunkler Zeiten, die lange zurückliegen, oder vielmehr Visionen des Kommenden?“, geht es ihm durch den Kopf, als er die eindringliche Darstellung in der Kirche erstmals sieht. Wenig später greift Pizzeria-Chef Tino das Stichwort auf: „Totentänze gibt es derzeit auch bei uns“, sagt er und berichtet vom Mord an dem harmlosen Holzsammler Mario Segattini. An diesem Abend lernt der Kunsthistoriker auch die sympathische Kommissarin Jagoda Jugavac kennen, die den rätselhaften Fall aufzuklären hat, und weil sich zwischen beiden eine zarte Liebesgeschichte entspinnt, bleibt Pöstges auch ganz dicht am Geschehen. Schon bald erfährt der Leser, wer vermutlich hinter diesem und weiteren Morden steckt. Die großen, realitätsnahen Zusammenhänge enthüllen sich jedoch erst ganz allmählich.
Helmut Orpel lässt sich Zeit für seine Erzählung. Manchmal möchte man ihn fast drängen, schneller auf den Punkt zu kommen. Aber er ist nun mal ein genauer und liebevoller Beobachter. Jede seiner Figuren hat ihre eigene Geschichte, insbesondere Romeo Pöstges, dessen Karriere bislang unverdient holprig war. Nach wie vor ist er befreundet mit dem Wormser Museumsleiter Oliver Treschko, den er anlässlich einer Francesco-Guardi-Ausstellung in Venedig wiedertrifft, denn dort wird auch Guardis Gemälde „Ruinenlandschaft“ gezeigt, das bekanntlich im Heylshof hängt. Das ist nicht nur ein hübscher Gag. In seiner Rede zur Vernissage lässt der Autor Treschko resümieren, dass dieses Bild vor anmaßender Selbsterhöhung warne, der die Selbstzerstörung auf dem Fuße folge.
Und darum geht es Orpel. Die menschliche Gier nach Macht und Reichtum, die vor Betrug im großen Stil, vor Mord und rücksichtsloser Zerstörung der Natur nicht zurückschreckt, ist sein zentrales Thema, das er überaus kenntnisreich und vielschichtig auffächert. Dabei fungiert die Kunst als Sinnträger. Unter anderem diskutiert Pöstges im Gespräch mit der kunstinteressierten Lucrezia Lo Presti seine Vermutung, dass die mittelalterlichen Totentänze bewusst der christlichen Auferstehungsthese widersprechen wollten. Er sieht darin ein bildnerisches Monument des Humanismus. Der Baseler Kreis um Erasmus von Rotterdam, der mit seinem „Lob der Torheit“ (1509) eine völlig neuartige geistige Strömung jenseits der konfessionellen Dogmen begründet habe, sei der Ansicht gewesen, dass der Mensch sein Augenmerk vor allem auf das Diesseits richten müsse, damit es nicht zur Hölle verkomme. Ein interessanter Gedanke, gerade auch in Bezug auf die kommende Luther-Ausstellung in Worms.
Helmut Orpel, Der Totentanz von Beram. Ein Kunstkrimi. Worms Verlag, 336 Seiten, ISBN 978-3-947884-19-3, 24,90 Euro.