Arnim Töpel löst „uff Pälzisch“ in Worms Lachstürme aus
Von Ulrike Schäfer
Kabarettist Arnim Töpel sprach in seinem neuen Programm „Nur für kurze Zeit“ unter anderem über grauselige Kindergeburtstage und über die Welten von Mann und Frau. Zudem stellte er unter Beweis, dass er durch und durch auch Musiker ist. Foto: photoagenten/Christine Dirigo
( Foto: photoagenten/Christine Dirigo)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
WORMS - Ist das Kurpfälzische eigentlich komisch an sich oder wird es erst bei Arnim Tölpel dazu? Wie er es haucht, wie er es dehnt und kaut, wie er es feixend über die Zunge aus dem Mund gleiten lässt. Wie er Wörter zärtlich zelebriert, Redewendungen durch genüssliche Wiederholungen zum Kult erhebt. Das kann vielleicht nur einer, der von außen drauf schaut, ja, über lange Zeit ein sprachlicher Außenseiter war, zumindest sich so fühlte, weil man zuhause eben hochdeutsch redete. Wie auch immer: Man wird nicht müde, den gebürtigen Heidelberger pfälzisch babbeln zu hören.
In Töpels neuem Programm „Nur für kurze Zeit“, das er am Samstag im Lincoln-Theater vorstellte, kommt der ehemals „hochdeutsche“ Günter nun auch als sprachlich voll integrierter Kommissar zum Zug. Der Autor hat schon in mehreren Mundart-Krimis ermitteln lassen, und die kurzen Szenen, die er vorliest, lösen wahre Lachstürme aus. Ob die Bücher auch so witzig sind, wenn man sie nur liest und nicht hört?
Arnim Töpel hat außer kurpfälzischen Offenbarungen allerdings auch noch einiges andere zu bieten. Er ist ein Musiker durch und durch, sitzt die meiste Zeit am Flügel oder am E-Piano, befingert einen schicken E-Bass und klatscht sich rhythmisch die eigene Backe, bis sie rot ist. Wie er in die Tasten hackt und die Töne mit ruckhaften Handbewegungen von sich schmeißt, kleine Melodien klimpert, die eigene Geschichten erzählen, erinnert er an Altmeister Hanns-Dieter Hüsch und hat auch sonst viel mit ihm gemeinsam.
Er ist ein leiser Künstler, er holt die großen Bedrohungen unserer Tage nur am Rande auf die Bühne, der Alltag ist auch so kompliziert genug. Töpel denkt nach über Patchwork-Paradiese, in denen man seine eigene Oma werden kann, singt einfach goldig über die Männer- und Frauenwelt, die mehr und mehr zur Singlewelt wird, und erzählt von grauseligen Kindergeburtstagen, die nur im Betreuungsverhältnis drei (Erwachsene) zu eins zu überstehen sind. Die Einschulungen gleichen einer Bundespressekonferenz, bei der pro Kind drei Fotografen anwesend sind, während die Eltern erste Gespräche über Hochbegabung führen und den Lehrern eine Visitenkarte ihres Anwalts überreichen.
Das Lied „Du kannscht net alles hawwe“, erzählt von einem Mann, der eine Kontaktanzeige aufgeben will und wenig ehetaugliche Hobbys aufzuweisen hat. „Dann bleib ich halt bei meiner Gertrud“, sagt er, als ihm der Anzeigenberater Unvermittelbarkeit bescheinigt. „When the music’s over“ hat Töpel umgedichtet zu einem Lied über die Endlichkeit der Energievorräte, und er prangert den allgegenwärtigen Egoismus an, der so einsam macht.
Doch versinkt an diesem Abend niemand gänzlich im Blues. „Es is mer worscht, es bleibt, wie es ist“, ruft der Kabarettist all denen entgegen, die das eigene Leben nicht in den Griff kriegen, aber andere erziehen wollen. „Was immer du tust, tu’s nicht ohne Liebe“. Ja, er legt seinen Zuhörern auch die Heimat ans Herz, das Sich-Zugehörigfühlen: „Bisch du a so gern vun do?“. Ach, am liebsten würde er Mundart fächerübergreifend in den Schulen einführen.
Wunderbar die Zugabe, die Tölpel nur allzu gerne gibt, denn die Liebe zwischen ihm und dem Publikum beruht auf Gegenseitigkeit: Auf die Melodie von „Walk on the wild side“ singt er: „Bin ich alles geloffe“. Ein Ortsnamen nach dem anderen fällt, natürlich „uff Pälzisch“, und die Zuhörer antworten lautstark. „Och, her uff!“ Sie ringen Töpel noch zwei weitere Lieder ab. Schluss ist erst, als er vom Weg nach Hause singt, der nun mal der Schönste ist.