„Wingertsgeischter“ laden zum zehnten „Gugg’n’Help“ ein
Mit Schlagwerk und viel Blech wird in Gimbsheim ordentlich eingeheizt für den guten Zweck. Erlös hilft krebskranken Kindern.
Von Lukas Kissel
Erstmals fand das „Gugg’n’Help“ in Gimbsheim statt. Nicht nur die Musik heizte dem Publikum in der Niederrheinhalle ein.
(Foto: BilderKartell/Martin H. Hartmann)
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GIMBSHEIM - Schon die Eröffnung des „Gugg’n’Help“-Festivals war eindrucksvoll: In voller Montur zogen die „Wingertsgeischder“, die sonst bei Umzügen mitlaufen, durch die Halle ein. Die Fußgruppe war so lang, dass sie fast quer durch die Niederrheinhalle reichte, und die ist nun wahrlich nicht klein. Das Schlagwerk trieb, die Bläser fetzten – das war typische Guggemusik. Und die ist natürlich vor allem laut, so laut, dass einige Kinder in der Halle Ohrschützer trugen. Vorneweg lief das Maskottchen mit der übergroßen Totenkopfmaske. Zwei Helferinnen brauchte es, um die Maske abzunehmen – darunter verbarg sich Marian Weickert, der musikalische Leiter der Gruppe, der dem Publikum mit seinen Mitstreitern dann ordentlich einheizte.
Und das nicht nur im übertragenen Sinne, sondern durchaus wörtlich gemeint. In der Niederrheinhalle war es nämlich brütend heiß. Man habe extra die Heizung angemacht, damit die Besucher auch ordentlich trinken, witzelte Marc Berghöfer, der Zweite Vorsitzende. „Und trinken sollt ihr ja“, sagte er an die Zuhörer gewandt, „denn es geht hier um den guten Zweck.“
„Gugg’n’Help“ ist das Benefizfestival mit Guggemusik, das sich in den letzten Jahren erfolgreich etabliert hat. Seit 2009 hat der Verein nach eigenen Angaben mehr als 51 000 Euro für wohltätige Zwecke gesammelt – diese Summe kann sich sehen lassen. Die Geschichte, wie es zu diesem Engagement kam, erzählt Berghöfer immer wieder gern. Früher habe er in einem anderen Guggemusik-Verein gespielt, und „unser größter Fan war damals Johanna, drei Jahre alt“, erinnert er sich, „sie ist uns überall hin nachgereist.“ Doch das kleine Mädchen erkrankte schwer an Leukämie. Ab und zu hätten Vereinsmusiker sie in der Klinik besucht, aber dort habe es an allem gefehlt. So entstand die Idee, durch Auftritte Geld für Johanna zu sammeln. Ihre Familie winkte ab: Es gebe andere Familien, denen es noch viel schlechter gehe. Also spendeten die Guggemusiker zuerst an die Bärenherz-Stiftung, die Hospize für schwerkranke Kinder unterstützt.
Der alte Verein löste sich auf, aber die Idee blieb. Marc Berghöfer und Markus Seilheimer gründeten einen neuen Verein, die Wingertsgeischder, und mit ihm das Benefizfestival „Gugg’n’Help“. Bisher fand es in Bechtheim statt, dieses Jahr zum ersten Mal in Gimbsheim. Die Gimbsheimer hätten sie hier mit offenen Armen empfangen, das sei wirklich rührend gewesen, sagte Berghöfer. In diesem Jahr wurden Verein und Festival zehn Jahre alt. „Wir feiern uns an diesem Abend also auch ein bisschen selbst“, sagte Berghöfer.
Und viele feierten mit: Die anderen Guggemusiker, die an diesem Abend auftraten, kamen etwa aus Mannheim oder Mainz, sogar aus Bräunlingen im Schwarzwald. Sie alle traten ohne Gage auf, für den guten Zweck. Beim letzten Festival vor zwei Jahren kamen auf diese Weise rund 8 200 Euro zusammen. Der Vorsitzende der „Stiftung Krebskranke Kinder Mainz“, der gleichzeitig Schirmherr der Veranstaltung ist, hatte vorher versprochen, den Betrag aufzurunden – und das tat er auch großzügig. Als Peter Beck dieses Mal sein Grußwort hielt – er war stilecht mit Schirm auf die Bühne gekommen – bat er die Besucher, doch bitte genau 8 995 Euro in den Spendendose zu werfen. Dann müsse er nicht mehr so viel drauflegen.
Eine Zielvorgabe, welcher Betrag an diesem Abend zusammenkommen solle, habe sich der Verein nicht gesetzt, sagte Berghöfer. „Das ist uns auch nicht wichtig. Wichtig ist, dass überhaupt etwas gemacht wird.“ Aber die Chancen auf einen hohen Erlös standen gut. Die Besucher folgten der Aufforderung, viel zu trinken, nur zu gerne – sodass Berghöfer schon etwa eine halbe Stunde nach Veranstaltungsbeginn auf die Bühne trat und verkündete, dass man Getränke nachbestellen müsse. Es fehlte an diesem heißen Tag vor allem an Wasser.
Diese Geschichte hat übrigens noch ein wirklich schönes Happy End: Die kleine Johanna, die ursprünglich der Anlass für diese Idee war, schaffte es damals, dem Tod von der Schippe zu springen. Heute ist sie 18 Jahre alt, spielt Trompete – und stand auch an diesem Abend mit den Wingertsgeischdern auf der Bühne.