Der deutsche Wein ist im Ausland wieder stärker gefragt. Das Deutsche Weininstitut widmete sich unlängst im Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Oppenheim bei einer...
RHEINHESSEN. Der deutsche Wein ist im Ausland wieder stärker gefragt. Das Deutsche Weininstitut widmete sich unlängst im Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Oppenheim bei einer Fachtagung der Frage, wie das Umsatzwachstum im Export dauerhaft gesichert werden kann. Über aktuelle Zahlen und langfristige Trends, gesättigte und ungesättigte Märkte, trinkfreudige Briten und Donald Trumps Zollpolitik spricht DWI-Geschäftsführerin Monika Reule im Interview.
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Der rheinhessische Wein hat einen immer besseren Ruf, auf der anderen Seite gingen die Exportzahlen – deutschlandweit – seit Jahren in den Keller. Ist nun eine nachhaltige Trendwende geschafft?
Da wäre ich vorsichtig. Aber 2017 ist der Absatz deutschen Weins im Export um 6,8 Prozent in der Menge und um 7,2 Prozent im Wert gestiegen. Aktuelle Zahlen zum Zeitraum 1. April 2017 bis 31. März 2018 weisen ebenfalls eine positive Entwicklung aus – plus 8,3 Prozent in der Menge und 6,6 Prozent im Wert. Es zeichnet sich ab, dass die Tendenz nach oben anhält. Allerdings hatten wir im 2017er Jahrgang große Probleme in der Menge, in Rheinhessen und an der Mosel ein Minus von 23 Prozent. Beide Regionen exportieren sehr stark. Daher befürchten wir, nicht die Menge zu haben, um weiter wachsen zu können.
Was hat sich als Wachstumstreiber erwiesen?
Die wichtigsten Exportländer sind unverändert die USA, Niederlande, Norwegen, Großbritannien und China. Großbritannien legt nach einer langen Talfahrt wieder zu. In den nordischen Ländern Norwegen, Schweden, Dänemark und Finnland zusammengenommen liegen wir auf Platz zwei, in Norwegen ist Deutschland bei Weißwein sogar Marktführer. Sehr positiv entwickelt sich zudem Osteuropa. In Polen hat sich der Durchschnittspreis pro Liter seit 2010 von 1,49 auf 2,19 Euro verbessert, in Tschechien ging es von 1,55 auf 1,88 Euro hoch. Auch die Menge hat deutlich zugenommen.
Das Charmante an den skandinavischen Ländern ist ja auch, dass deren Bevölkerung es gewohnt ist, für alkoholische Getränke viel Geld auszugeben ...
In Norwegen haben wir einen sehr guten Durchschnittspreis von 3,99 Euro, im Export insgesamt sind es 2,87 Euro. In den USA erzielen wir für einen Liter, ohne Steuern, 4,27 Euro, in China 4,59 Euro. Das sind Traumpreise. Im deutschen Handel liegt der Durchschnittspreis bei 3,20 Euro. Im Export kann man mehr Wertschöpfung generieren als im Inland. Daher interessieren sich immer mehr Betriebe für den Export. Deutschland ist ein gesättigter Markt, im Ausland gibt es noch Wachstumsmärkte. Darin liegt eine große Chance.
Wer profitiert denn – die Fassweinvermarkter, die Kellereien, die Spitzenweingüter, alle?
Alle, die mit guten Qualitäten in Ländern, in denen noch Wertschöpfung möglich ist, in den Export gehen – vom kleinen Weingut bis zur großen Kellerei. Export muss man allerdings nicht nur wollen, sondern auch können. Man muss die personellen Kapazitäten haben, um in die Länder zu reisen und dort Kontakte aufzubauen und zu pflegen.
Können die Rheinhessen Export?
Ja, die Rheinhessen können Export und können es immer besser, weil wir hier eine absolute Qualitätsorientierung und viele junge, aufstrebende Betriebe haben. Man muss aber auch sehen, dass im Ausland in erster Linie der deutsche Wein als solcher vor allem über die Rebsorten wahrgenommen wird. Draußen ist angekommen, dass wir für den Riesling stehen, und auch der Spätburgunder ist inzwischen ein Begriff. Die Strategie, mit typisch deutschen Rebsorten ein Profil zu bilden, zahlt sich aus.
Wie ist vor diesem Hintergrund die Strategie einzuschätzen, vom „deutschen Riesling“ wegzukommen und sich stärker über Lagen und andere Kategorien zu definieren?
Eine Profilierung über die Herkunft macht im Inland absolut Sinn. Der deutsche Verbraucher muss wissen, wofür eine bestimmte Region steht. Profilieren heißt aber auch immer, für bestimmte Rebsorten einzutreten. Eine klare Profilbildung, bei der man die Herkunft mit kommuniziert, hilft dann auch im Ausland.
Vor etwas mehr als 100 Jahren war die Liebfrauenmilch international der letzte Schrei. Ist etwas ähnlich Zugkräftiges in Sicht?
Diese Profilbildung müssen unsere Erzeuger schaffen. Die Liebfrauenmilch war ja keine Marke, sondern eine Kategorie, für die mehrere Rebsorten und Regionen zugelassen waren. Marken werden von Unternehmen aufgebaut und gepflegt. Wenn man für Rheinhessen ein Profil schafft, kann innerhalb dieses Profils jedes Unternehmen seine eigene Marke aufbauen.
Die USA und Großbritannien sind wichtige Absatzmärkte. Welche Rolle spielen der Brexit und der Zoll-Streit mit US-Präsident Trump bei den Exporterwartungen?
Ich habe keine Glaskugel, aber ich bin zuversichtlich. England ist nach Deutschland das Haupt-Importland für Wein. Die Menschen dort trinken gerne Wein. Die britische Regierung kann es sich nicht leisten, die Handelsbeziehungen abzubrechen. Man wird sich im Rahmen bilateraler Abkommen einigen müssen. Die Situation in den USA beobachten wir mit Sorge, sehen dort aber großes Potenzial für deutschen Wein und lassen uns nicht beirren.
Ihre Prognose: Wird die Trendwende beim Export sich verstetigen?
Das wird von der Menge abhängen. Wenn wir im Jahrgang 2018 wieder eine normale Ernte erhalten, bin ich sehr zuversichtlich.
Das Interview führte Torben Schröder.