Rheinhessische Kleinkunstbühnen zur Idee eines Kulturbüros...

Ob im Freien oder im Gewölbekeller: Bei Wolfgang Weyell in Dexheim stehen schon seit 20 Jahren Musiker und Kabarettisten auf der Bühne.Archivfoto: hbz/Michael Bahr  Foto:
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Im Jubiläumsjahr der Region tauchte die Idee eines Kulturbüros für Rheinhessen immer wieder auf. Ins Gespräch gebracht hat sie Volker Gallé. Doch wie stehen eigentlich die...

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RHEINHESSEN. Im Jubiläumsjahr der Region tauchte die Idee eines Kulturbüros für Rheinhessen immer wieder auf. Ins Gespräch gebracht hat sie Volker Gallé. Doch wie stehen eigentlich die Kulturschaffenden der Region dazu? Wir haben uns mit Betreibern der rheinhessischen Kleinkunstbühnen unterhalten.

Ob im Freien oder im Gewölbekeller: Bei Wolfgang Weyell in Dexheim stehen schon seit 20 Jahren Musiker und Kabarettisten auf der Bühne.Archivfoto: hbz/Michael Bahr  Foto:
Roland Kalus und Elke Diepenbeck bieten in ihrem Kulturgut Bechtolsheim Künstlern ein Forum.Archivfoto: photoagenten/Carsten Selak  Foto:
Roland Kalus und Elke Diepenbeck bieten in ihrem Kulturgut Bechtolsheim Künstlern ein Forum (links). Ob im Freien oder im Gewölbekeller: Bei Wolfgang Weyell in Dexheim stehen schon seit 20 Jahren Musiker und Kabarettisten auf der Bühne (rechts). Archivfotos: photoagenten/Carsten Selak; hbz/Michael Bahr  Foto:
Bereits ihr 15-jähriges Bestehen feiert die Kleine Kunstbühne in Saulheim, die von Martina Habner-Keiffenheim geleitet wird.Archivfoto: photoagenten/Carsten Selak  Foto:
Jürgen Brandt managt die Nahetal-Arena in Gensingen, die bis zu 800 Personen Platz bietet.Archivfoto: Thomas Schmidt  Foto:

„Hochwertige Kunst möchten wir unseren Besuchern bieten, die Spuren hinterlässt und nie alltäglich ist“, sagt Roland Kalus vom Bechtolsheimer Kulturgut, „und für die man nicht in die Stadt reisen muss, sondern das gemütliche Ambiente unseres historischen Hofes und die besten lokalen Weine genießen kann.“

Auch Besucher aus Frankfurt, Köln oder dem Ausland

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Nicht nur Menschen aus Rheinhessen möchten Kalus und seine Kollegen dabei besondere kulturelle Angebote machen. Sie haben explizit auch Interessierte im Blick, die nicht in der Region wohnen. „Mittlerweile kommen Besucher aus Frankfurt, Stuttgart, Köln oder dem Ausland zu uns“, freut sich Kalus über die Resonanz, auch auf die Workshops in seinem Haus, die gern genutzt und oft auch gleich mit einem Besuch bei lokalen Winzern verbunden werden.

Martina Habner-Keiffenheim, Theaterleiterin der Kleinen Kunstbühne in Saulheim, teilt seine Einschätzung: „Wieso gegen Angebote der großen Städte behaupten? Wir haben das professionelle und überregionale Angebot einer Großstadtbühne und sind stolz darauf“, findet sie, „aber wir haben es zusätzlich noch in einem typisch rheinhessischen denkmalgeschützten Ambiente auf dem Land und dazu noch mit regionalen Produkten. Quasi das unverwechselbare Rundum-Paket.“

„Eine familiärere Atmosphäre haben wir größeren Häusern voraus, weswegen auch Besucher aus Mainz oder Frankfurt zu unseren Gästen zählen“, bestätigt Hans Joachim Galizdörfer von der Binger Bühne, deren Ziel es ist, Kultur in die Kleinstadt zu bringen. Etliche engagierte Ehrenamtliche setzen sich dafür ein und möchten regionale Künstler fördern.

Dass ein ausgefeiltes Marketingkonzept dazugehört, um den Gästen bezahlbare, aber hochwertige Unterhaltung zu bieten, hat Jürgen Brandt erkannt. Attraktive Programme in der Nahetal-Arena in Gensingen sollen Gäste aus dem Umkreis und aus anderen Regionen anziehen.

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Allerdings: „Das Angebot wird immer größer, auch durch viele Veranstaltungen der Vereine und anderer Gruppierungen“, beobachtet Wolfgang Weyell. Bei „Kultur auf dem Hof“ in Dexheim versucht er daher, etwas günstigere Preise anzubieten als in den Großstädten. Ein weiteres Plus, wie er findet, ist die Nähe zum Künstler auf der Bühne.

Wäre ein regionales Kulturbüro für Rheinhessen sinnvoll? Wolfgang Weyell ist da skeptisch: Das sei sicher schwer zu realisieren, findet er. „Aber eine Stelle, die alle Veranstaltungen koordiniert und zentral bewirbt, wäre schon gut.“ Mit Blick auf seine unabhängige private Bühne, die ohne jegliche Zuschüsse arbeitet, hält Roland Kalus jede Förderung der Kultur für sinnvoll: „Wenn ein Kulturbüro dazu beiträgt, kann dies nur von Vorteil für die Region, ihre Menschen und die Kulturtreibenden sein.“

„Ein Kulturbüro könnte uns helfen, unsere Finanzsituation zu verbessern“, hofft indes Hans Joachim Galizdörfer und denkt an Unterstützung bei Fördergeldanträgen. Einige konkrete Wünsche hat sich auch Martina Habner-Keiffenheim überlegt: Ob Förderungspotenziale aufzeigen und bei der Realisierung helfen, Wege für die Unterstützung durch Kreis, Land, Bund, EU öffnen, Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit oder eine Ehrenamtsbörse speziell für Kulturprojekte. Sinnvoll ist in ihren Augen auch ein rheinhessischer Kulturkalender Anfang jedes Jahres.

Dass es dafür ein eigenständiges Kulturbüro braucht, bezweifelt Jürgen Brandt: „Diesen Part können die Tourist-Informationen der Verbandsgemeinden mit abdecken.“ Und auch Walter Kubatschek vom Alzeyer Oberhaus möchte nicht darauf warten und wird daher lieber in Eigenregie aktiv.

Und wie stehen die Bühnen zu einem Kleinkunstfestival? „Das wäre mal ein guter Vorstoß, allerdings müsste man viele verschiedene Leute unter einen Hut bringen, das ist bekanntlich nicht so einfach“, schätzt Wolfgang Weyell die praktische Umsetzung als schwierig ein. „Natürlich kann ich mir das vorstellen“, sagt Martina Habner-Keiffenheim, die als Kulturmacherin dann gerne involviert wäre. Doch: „Ob es Sinn macht, ist die andere Frage.“ Der Aufwand, der damit verbunden ist, sei ohne ein Kulturbüro als Mittler und Organisator nicht zu stemmen, denkt Galizdörfer. Und Roland Kalus weist darauf hin, dass es Sponsoren braucht, die das Risiko puffern, auch talentierte neue oder überregionale Künstler zu engagieren. Zudem sollte das Festival nicht zu kommerziell ausgerichtet sein. „Gestern Mitbewerber und Konkurrent und heute sollen alle an einem Strang ziehen? Schön, wenn es machbar wäre!“, meint Jürgen Brandt, der sich durchaus einen Zusammenschluss der Organisatoren und Vereine wünscht, die übers Jahr andere Veranstaltungen ausrichten und zudem etwas zusammen schaffen könnten.