Die Pegelstände des Rheins zwischen Mainz, Worms und Bingen sinken wegen der aktuellen Trockenheit immer weiter. Was bedeutet das für Ausflügler, Sportler und Einsatzkräfte?
RHEINHESSEN. Wer zwischen Mainz, Worms und Bingen auf den Rhein schaut, stellt fest, es wird jeden Tag ein bisschen brauner – während die Wassermenge immer weiter abnimmt. Zumindest in den nächsten Tagen dürfte sich daran nichts ändern – die Pegel-Tendenz für Deutschlands größten Fluss bleibt auch in Rheinhessen fallend. Solch niedrige Pegelstände sind für den Hochsommer ungewöhnlich und kommen, wenn überhaupt, eher im Herbst vor, hatte das Wasser- und Schifffahrtsamt bereits in dieser Woche erklärt (wir berichteten). Doch welche Auswirkungen hat der extrem niedrige Wasserstand für Ausflügler, Hobbysportler und Einsatzkräfte entlang des Rheins?
Wer in den Fluss steigt, kann in der Fahrrinne landen
An beliebten Ausflugszielen entlang des Flusses wie dem Oppenheimer Strandbad lässt sich beobachten, dass Erholungssuchende extrem weit in den Strom hineinlaufen können, ohne weiter als bis zur Hüfte im Wasser zu versinken. Genau darin liegt eine große Gefahr, warnt der Vorsitzende der DLRG Oppenheim, Andreas Lerg. „Denn irgendwann kommt in der Flussmitte die Fahrrinne und dann geht es schlagartig in die Tiefe.“ Außerdem sei der Rhein nach wie vor stark von Schiffen befahren. „Wenn man zu weit in den Fluss hineingeht, ist das, wie wenn man von der Autobahnböschung mitten auf die Fahrbahn springt“, betont Lerg.
Für die DLRG Oppenheim birgt das Niedrigwasser noch eine weitere Herausforderung. Sollten sie zu einem Einsatz auf dem Rhein gerufen werden, müssen sie ihr Boot zu Wasser lassen. An der Nato-Rampe im Wäldchen, die die DLRG dafür normalerweise nutzt, ist dies schon seit einiger Zeit nicht mehr möglich. Und auch am alternativen Zugang im Oppenheimer Hafen wird es allmählich schwierig.
Nur provisorische Notlösung
Dieses Problem betrifft neben der DLRG auch die Feuerwehr, die in der Verbandsgemeinde Rhein-Selz in Oppenheim und Guntersblum Boote stationiert hat. „In Oppenheim haben wir das Rettungsboot schon vor zwei Wochen dauerhaft in den Hafen verlegt, damit wir es im Einsatz nicht mehr zu Wasser lassen müssen“, berichtet VG-Wehrleiter Thomas Schäfer. Das Boot in Guntersblum kann dort noch abgelassen werden.
„Sollte der Pegel weiter fallen, müssen wir dieses Boot auch nach Oppenheim verlegen.“ Allerdings sind die Liegeplätze im Hafen nur eine provisorische Notlösung. Mittelfristig soll in Oppenheim eine eigene Bootsgarage entstehen. Zumindest für Pendler hat das Niedrigwasser keine größeren Auswirkungen: Die Fähren zwischen Nierstein und Trebur, Ingelheim und Oestrich-Winkel, Bingen und Rüdesheim sowie Bacharach und Kaub verkehren weiter.
Boote liegen fest
Der Pegel Mainz zeigte am Freitagmittag einen Stand von nur noch 1,35 Meter an. Das entspricht einer Wassertiefe in der Fahrrinne von etwa 1,75 Meter. Üblich ist an der Messstation nahe der Theodor-Heuss-Brücke ein Pegelstand von etwa drei Metern. Der aktuelle Wert nähert sich damit der Situation vom 22. Oktober 2018 mit 1,19 Meter an, der nur knapp über dem historischen Tiefststand von 1,10 Meter im November 1947 lag.
Der niedrige Pegel ist auch im Mainzer Winterhafen deutlich sichtbar – und die Auswirkungen für Sportbootbesitzer auch spürbar. Denn der Hafen in der südlichen Altstadt ist noch einmal um einiges flacher als das Flussbett im Rhein. „Sollte es demnächst nicht gravierendes Regenwetter geben, wovon derzeit nicht auszugehen ist, kann in etwa zwei Wochen der Winterhafen auch nicht mehr von kleineren Booten befahren werden“, hatte Jochen Hener, der die dortige Bootswerft betreibt und einen Großteil der Liegeplätze vermietet, zu Wochenbeginn mitgeteilt. Boote, die länger als acht Meter sind, lagen zu diesem Zeitpunkt bereits im Hafen fest. Im Zollhafen in der Neustadt gibt es indes keine Einschränkungen für die Sportbootfahrer. Denn der Zollhafen ist als ehemaliger Containerhafen sehr viel tiefer als der Winterhafen.
In Worms könnte der Pegel bald auf null stehen
Auch in Worms herrscht nicht nur an Land Trockenheit. In der Nibelungenstadt ist der Pegel zuletzt binnen 36 Stunden um zehn Zentimeter gesunken. Waren es am Mittwochmorgen noch 30 Zentimeter bis zum Nullpegel, ist Worms am Donnerstagabend noch 20 Zentimeter vom Ende der Messlatte entfernt – Tendenz sinkend. Fällt in den kommenden zehn Tagen kein Regen, könnte nach Prognosen der Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg am 22. August der Nullpegel erreicht sein. Für den Rhein bei Worms wäre das ein neuer Rekordwert. Im Dezember 2018 hatte der Pegel mit 2 Zentimetern sein Allzeit-Tief erreicht.
Und während die Sandbank im Wäldchen immer ausladender wird, könnte es auch für die Ruderer des Ruderclubs Blau-Weiß bald schwierig werden. „Noch können wir fahren“, erzählt Vereinsvorsitzende Sabine Teigland. „Wir müssen nur ein wenig aufpassen, weil die Fahrrinne schmaler geworden ist und im Uferbereich Gefahr besteht, auf die Sandbank aufzulaufen, wenn der Sog der Containerschiffe das Wasser wegzieht.“ Einen Bootsschaden habe man so bereits erlitten. Wie lange es für die Ruderer noch weitergehen kann? Solange der Steg im Wasser liegt. „Wenn die Pritsche aufliegt, können wir nicht mehr raus“, erzählt Teigland.