Mit einer kurzen Textnachricht sollen mehr Menschen schneller vor Gefahren gewarnt werden. Am Donnerstag wird „Cell Broadcast“ beim Warntag erstmals in Deutschland getestet.
Wiesbaden/Mainz/Bonn. Wenn am kommenden Donnerstag um 11 Uhr an Millionen Handys in Deutschland die gleiche Kurznachricht verschickt wird, kommt zum ersten Mal das neue Warnsystem Cell Broadcast zum Einsatz. Beim bundesweiten Warntag am 8. Dezember und in Zukunft kommt dem Service zur Information der Menschen bei größeren Gefahrenlagen eine besondere Bedeutung zu.
Warnmeldungen sollen wie Rundfunksignale an alle Geräte in einer Funkzelle gesendet werden, daher der Name Cell Broadcast. Eine bestimmte App muss dafür nicht installiert sein. Die meisten Handynutzer in Deutschland haben bereits einen Hinweis von ihrem Anbieter erhalten. „Sie können Test-Warnungen zum Warntag am 8. Dezember 2022 auf Ihr Handy bekommen“, schrieb etwa Vodafone Ende November an seine Kunden. Die Telekom hatte schon einige Tage vorher darauf hingewiesen, dass es eine „bundesweite Übung zur Warnung der Bevölkerung“ gibt. Voraussetzung für den Empfang von Meldungen über Cell Broadcast ist die Installation der neusten Software-Version. Über die Hintergründe informieren die Netzbetreiber auf ihren jeweiligen Internetseiten.
Große Reichweite als Warnmittel
Spätestens seit der Flutkatastrophe im Ahrtal steht der Ausbau der Warninfrastruktur weit oben auf der politischen Agenda. Cell Broadcast soll ein wichtiges Instrument für den Zivilschutz werden: Eine Warn-SMS an alle Handynutzer in einer bestimmten Region oder in einem ganzen Land – egal, ob diese ein Smartphone nutzen oder nicht. Das soll für eine deutlich größere Reichweite sorgen. „Mit keinem anderen Warnmittel können wir mehr Menschen erreichen“, teilt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn (BBK) mit.
In anderen Ländern gibt es den Service zum Teil schon seit vielen Jahren, in Deutschland hat die Einführung auf sich warten lassen. Beim bundesweiten Warntag am 8. Dezember soll Cell Broadcast nun erstmals getestet werden. Unter anderem deshalb war der Warntag vom 8. September drei Monate nach hinten verschoben worden.
Netzbetreiber sind bereit für Test
Bereits im Sommer hatte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn (BBK) erklärt, die Warn-SMS werde „aufgrund der in 2022 nicht garantierten umfänglichen technischen Umsetzung durch die Netzbetreiber noch nicht als umfassender neuer Warnkanal fungieren können.“ Die Deutsche Telekom hatte Anfang September mitgeteilt, sie sei für den Testbetrieb bereit. Vodafone und der Netzbetreiber Telefónica (O2) gaben ebenfalls grünes Licht für den Test der Warn-SMS.
Zwar würde beim Cell Broadcast nur die „Standardtechnologie des Mobilfunknetzes genutzt“, die Einführung des neuen Warnkanals sei aber noch nicht abgeschlossen. „Damit der Wirkbetrieb rechtzeitig aufgenommen werden kann, bauen die beteiligten Akteure die notwendigen Anwendungen sowie technischen Einrichtungen für den Einsatz von Cell Broadcast als Warnmittel sukzessive aus“, teilt das BBK mit. Dazu gehörten etwa für den Empfang der Mitteilungen erforderliche Updates der Smartphone-Betriebssysteme.
Wirkbetrieb ab Ende Februar 2023?
Aufgrund der Komplexität der Einführung des Systems könne das BBK keine Aussage dazu machen, wie viele Geräte in Deutschland aktuell eine Warnmeldung empfangen könnten, so ein Sprecher. Beteiligt an der Umsetzung sind neben dem BBK auch das Bundesinnenministerium, das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, die Bundesnetzagentur, verschiedene Mobilfunkanbieter sowie die Software- und Endgerätehersteller. Für die Empfangbarkeit spielten viele Faktoren eine Rolle, heißt es. „Das BBK tauscht sich intensiv mit allen beteiligten Akteuren aus und wird über den möglichen Empfängerkreis informieren, sobald seitens Hersteller belastbare Informationen vorliegen.“ Was genau das bedeutet, bleibt offen. Laut BBK soll Cell Broadcast nach einer mehrmonatigen Testphase aber Ende Februar 2023 in den Wirkbetrieb gehen.
Die Innenministerien von Hessen und Rheinland-Pfalz konnten auf Anfrage im November keinen neuen Stand mitteilen. Das BBK habe angekündigt, „weitere Informationen bereitzustellen, sobald seitens der Hersteller belastbare Informationen vorliegen“, erklärte ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums. Von hessischer Seite hieß es, die Länder oder deren Katastrophenschutzbehörden seien nicht an dem Prozess beteiligt. Laut einem Sprecher geht das hessische Innenministerium von aus, „dass die Bereitstellung des Dienstes innerhalb der durch Bundesrecht gesetzlich festgelegten Frist bis zum 23. Februar 2023 erfolgt und der erstmalige Test erfolgreich verlaufen wird.“
Ob und wie das neue System in Deutschland funktioniert, wird sich wohl also erst am Warntag selbst zeigen. Auf seiner Internetseite listet das BBK empfangsfähige Geräte auf und beantwortet weitere Fragen zum Cell Broadcast. Die Behörde bittet außerdem um Mithilfe bei der Auswertung des Testlaufs: „Um die Warnung insbesondere bei der Einführung des neuen Warnkanals Cell Broadcast zu optimieren, spielt die Rückmeldung der Bevölkerung als Empfänger der Warnmeldungen eine wichtige Rolle“, heißt es dort. Die Bevölkerung wird daher gebeten, dem BBK am bundesweiten Warntag am 8. Dezember und in den darauffolgenden Tagen Erfahrungen mit Cell Broadcast und weiteren Warnmitteln mitzuteilen.