Der mutmaßliche Mörder von Ayleen kommt aus Waldsolms. Dort wurde jetzt eine Gedenkstätte eingerichtet. Was bisher zu dem Fall bekannt ist - eine chronologische Zusammenfassung.
Von Tobi Manges
Redakteur
Blumen, Kerzen und Botschaften liegen vor dem Rathaus von Gottenheim, dem Wohnort der 14-jährigen Ayleen. Das Mädchen war am 29. Juli tot im Teufelsee in Echzell (Wetteraukreis) gefunden worden, ihr mutmaßlicher Mörder kommt aus dem Lahn-Dill-Kreis. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa
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WALDSOLMS - Die Leiche von Ayleen (14) aus Gottenheim wird in einem See gefunden. Ein 29-jähriger Mann aus Waldsolms (Lahn-Dill-Kreis) soll ihr Mörder sein. Die Polizei geht von einem Sexualverbrechen aus.
Die Todesursache, der Tatort, das Motiv - vieles im Fall Ayleen ist noch unklar. Doch inzwischen werden immer mehr Details bekannt. Wir haben die bisher bekannten Ereignisse chronologisch zusammengefasst:
21. Juli: Ayleen A. wohnt in Gottenheim bei Freiburg. Zwischen 16 und 18 Uhr verlässt sie ihr Elternhaus. Angeblich, um einem Freund einen Hoodie zurückzubringen. Doch stattdessen trifft sie sich mit einem Mann. Sie kennt ihn über das Online-Spiel "Fortnite". Die beiden haben sich per Chat verabredet.
Ayleen steigt in das Auto des Mannes. Ob freiwillig oder nicht, ist unklar. Das Mädchen wird als schüchtern beschrieben. Der Mann fährt mit Ayleen nach Hessen. Zu diesem Zeitpunkt lebt sie wahrscheinlich noch.
22. Juli: Die Polizei beginnt, mit Spürhunden und Hubschraubern nach Ayleen zu suchen. Tagelang durchkämmen Polizisten, Experten und freiwillige Helfer die Gegend rund um Gottenheim. Hundert Feuerwehrleute beteiligen sich an der Suche, auch einige Winzer aus der Region helfen mit. Vergeblich.
29. Juli: Im Teufelsee in Echzell (Wetteraukreis) wird die Leiche eines Mädchens gefunden. Die Polizei vermutet, dass es sich um die vermisste Ayleen handeln könnte. Um das herauszufinden, ist eine Obduktion nötig, die Leiche liegt schon mehrere Tage im Wasser. Der See befindet sich in einem Naturschutzgebiet, 300 Kilometer von Ayleens Heimat entfernt.
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Die Obduktion dauert sieben Stunden und gestaltet sich schwierig. Der Zahnstatus und das DNA-Profil bringen Gewissheit: Die Tote aus dem See ist Ayleen. Wie und wo die 14-Jährige ums Leben kam, ist unklar. Ebenso unklar ist, ob sie vergewaltigt oder sexuell missbraucht worden ist.
Dafür ist für die Polizei etwas anderes klar: Ein 29-Jähriger aus Waldsolms ist dringend tatverdächtig. Die Polizei durchsucht seine Wohnung. Sie findet persönliche Gegenstände von Ayleen. Wenige Stunden später wird der Mann in Köppern, einem Stadtteil von Friedrichsdorf, festgenommen.
30. Juli: Die Polizei bestätigt öffentlich, dass es sich bei der gefundenen Leiche um die vermisste Ayleen handelt.
1. August: Polizei und Staatsanwaltschaft treten vor die Presse. Sie geben unter anderem die Festnahme des Mannes aus Waldsolms bekannt.
Und die Ermittler nennen erste Details: Der mutmaßliche Mörder von Ayleen war als 14-Jähriger wegen eines versuchten Sexualdelikts in ein psychiatrisches Krankenhaus gekommen. Er hatte ein elf Jahre altes Mädchen angegriffen. Dafür war er vom Amtsgericht Wetzlar verurteilt worden. 2017 wurde der Aufenthalt beendet. Bis vor Kurzem war er in einem Programm für rückfallgefährdete Sexualstraftäter.
Bei einer Pressekonferenz in Freiburg informieren die Ermittler darüber, was sie bisher zum Tod von Ayleen (14) wissen. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa
Im Fall Ayleen besteht der dringende Tatverdacht eines Sexualdelikts. Um den Tatablauf rekonstruieren zu können, müssen die Ermittler wohl etwa zehn Millionen digitale Spuren auswerten.
Der mutmaßliche Täter schweigt zu den Tatvorwürfen. In der Zwischenzeit wird bekannt, dass er bis Anfang des Jahres als rückfallgefährdeter Sexualstraftäter offenbar engmaschig überwacht worden war. Nach der Entlassung aus der Psychiatrie im Jahr 2017 hatte er zunächst drei Jahre lang unter Führungsaufsicht gestanden.
Im Januar 2020 verlängerte das Amtsgericht Wetzlar diese Führungsaufsicht auf unbefristete Zeit. Dagegen wehrte sich der Waldsolmser. Das Landgericht Limburg kassierte daraufhin die Entscheidung aus Wetzlar und verlängerte die Führungsaufsicht auf die Höchstfrist von fünf Jahren - das Gericht sah nicht ausreichend Anhaltspunkte für eine lebenslange Führungsaufsicht.
In der Zeit der Führungsaufsicht ist der Waldsolmser zwar durch Diebstähle und Verkehrsdelikte aufgefallen, aber nicht durch Sexualdelikte. Am 25. Januar 2022 endete die Führungsaufsicht.
4. August: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet zuerst, dass Ayleens mutmaßlicher Mörder bereits im April eine andere junge Frau belästigt haben soll. Auf dem Blütenfest in Rosbach vor der Höhe (Wetteraukreis) soll er eine 17-jährige Schülerin angesprochen und danach per Smartphone und durch mehrfache Besuche auf dem Hof einer Schule in Bad Nauheim zur Aufnahme einer Liebesbeziehung gedrängt haben.
Nach Angaben der F.A.Z. soll er der Schülerin fast täglich über einen Messenger geschrieben haben. Als sie sich wehrte, soll er ihr mit Suizid gedroht haben. Immer wieder soll der mutmaßliche Mörder von Ayleen A. zur Schule gefahren sein und versucht haben, das Mädchen in sein Auto zu locken. Der Mann aus Waldsolms stand zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unter Führungsaufsicht, wurde also nicht mehr überwacht.
Anfang Mai sei wegen des Vorfalls Strafanzeige gegen den 29-Jährigen bei der Polizei in Friedberg erstattet worden, die daraufhin unter anderem eine sogenannte "Gefährderansprache" veranlasste. Der Staatsanwaltschaft Gießen liegt die Anzeige aber erst seit Dienstag vor, erklärte Oberstaatsanwalt Thomas Hauburger auf Nachfrage unserer Redaktion.
An der katholischen Kirche in Waldsolms-Brandoberndorf, dem Wohnort des mutmaßlichen Mörders von Ayleen, ist eine Gedenkstätte eingerichtet worden. Foto: Jenny Berns
8. August: Die Gemeinde Gottenheim sagt ihr Weinfest für dieses Jahr ab. Da momentan die Vorbereitungen für die Ayleens Beisetzung laufen würden, hätten es viele Bürgerinnen und Bürger als pietätlos empfunden, wenn das beliebte Dorf- und Weinfest zu diesem Zeitpunkt stattgefunden hätte, sagt Bürgermeister Christian Riesterer (parteilos).
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 03.08.2022 um 11:08 Uhr publiziert.