Im Mordprozess um den Tod der Mainzer Schülerin Susanna haben am Dienstag weitere Zeugen ausgesagt. Darunter ein 15-jähriges Mädchen aus Susannas Clique, deren Verhalten vor...
WIESBADEN. Der erzieherische Nachholbedarf bei diesem Mädchen scheint förmlich mit Händen greifbar. Kann da überhaupt noch korrigiert werden? Wer soll das leisten? Mit Nervosität lässt sich der sorglose Umgang mit der Wahrheit jedenfalls nicht erklären. Alle Ermahnungen des Vorsitzenden Richters Jürgen Bonk, so deutlich sie auch sind, fruchten nicht. Ist die Aufklärung eines Verbrechens, die Feststellung von Schuld, etwas, was amüsiert? Man könnte es fast glauben. Die mögliche Nervosität erklärt auch nicht das in diesem Fall doch sehr befremdliche Lachen während der Aussage. Es geht hier doch um Mord und Vergewaltigung. Um die Verbrechen an Susanna. Die Zeugin und Susanna waren mal „enge Freundinnen“. Nach dem Auftritt vor der Schwurgerichtskammer fragt man sich allerdings, was in diesem konkreten Fall die Substanz einer engen Freundschaft gewesen sein soll.
Mitwisser wurden eingeschüchtert und bedroht
In der Nacht zum 23. Mai 2018 wurde die 14-jährige Susanna aus Mainz in der Gemarkung Wiesbaden-Erbenheim getötet. Die Leiche wurde erst am 6. Juni gefunden. Laut Anklage war es ein Mord, um die vorausgegangene Vergewaltigung der Schülerin zu verdecken. Seit Mitte März muss sich Ali Bashar, ein abgelehnter Asylbewerber aus dem Irak, für die Verbrechen verantworten.
Nach diesem Verbrechen tun sich weitere Abgründe auf. Es gab sehr schnell erste Mitwisser, die über Tage keine Veranlassung sahen, zur Polizei zu gehen. Einige wurden eingeschüchtert und bedroht. Bei anderen fragt sich, wem eigentlich mehr an Mitgefühl gegolten hatte - dem Opfer und seinen Angehörigen, oder dem Täter und dessen Familie? Die angeblich „enge Freundin“ der Ermordeten jedenfalls scheint ihre Gefühle klar verteilt zu haben - für den Täter.
Am 6. Juni, da wurde Susannas Leiche gefunden, tauscht das Mädchen mit dem Mann, der Susanna getötet hat, Nachrichten aus: Sie nennt ihn „Schatz“, und er schreibt: „Du bist für mich große Herz für immer“ und „du bist voll süße“. Da hat sich Ali samt Eltern und sechs seiner Geschwister wieder abgesetzt in den Norden des Irak. Und die Zeugin, deren „engste Freundin“ ermordet ist, will nur noch wissen: „Ihr kommt wieder Wiesbaden??“ Dabei weiß sie, dass der Schatz Verbrechen begangen haben soll und das auch selbst schon wenige Stunden danach erzählt hat.
Mitte März, vor knapp drei Wochen, erklärt die 15-Jährige gegenüber der Wiesbadener Polizei, dass sie sich „sehr freuen“ würde, wenn die Familie des Angeklagten wieder nach Deutschland käme. Es seien „alles coole Jungs“. Coole Jungs? Alis jüngster Bruder, damals 13, soll eine Elfjährige vergewaltigt haben. Auch das zählt zu den vielen weiteren Abgründen um diesen Fall. Da gab es eine Clique von Mädchen, zwischen 11 und 15 Jahren alt, die einen völlig distanzlosen Kontakt zu jungen Flüchtlingen pflegten. Susanna wurde das zum Verhängnis.
Sie war verliebt in Alis jüngsten Bruder, und ihm zu Liebe soll sie auf eine Anzeige verzichtet haben, als Ali Bashar Susanna Anfang Mai befummelt haben soll. Susanna habe danach Angst gehabt und Ali „eklig gefunden“.
Fortsetzung Mittwoch, 9.30 Uhr.