Mainzer Bäcker in Sorge: Kosten haben sich fast verdoppelt

aus Energiekrise

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Lebensmittel werden teurer, die Energiekosten explodieren. Das geht auch an den Mainzer Bäckereien nicht vorbei. Viele mussten die Preise deswegen schon deutlich anheben.

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MAINZ. Energiekrise und steigende Lebensmittelpreise – auch die Mainzer Bäckereien haben daran zu knabbern. „Der Preis für Zucker pro Kilo hat sich zum Beispiel von 70 Cent auf 1,11 Euro erhöht“, erzählt Oliver Pfaff, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei in Finthen. Alle Preise im Laden seien deswegen schon deutlich gestiegen. Anfang Oktober müsse er noch einmal anpassen, sagt Pfaff. Denn hinzu kommt: „Unser Umsatz ist um fünf Prozent gesunken. Es kommen deutlich weniger Kunden, und diejenigen, die noch etwas kaufen, kaufen weniger ein.“ Sollte der Umsatz immer weiter zurückgehen, würde man das ab einem gewissen Punkt nicht mehr verkraften können, fürchtet Pfaff.

Das größte Problem neben den steigenden Preisen für Energie und Lebensmittel sei jedoch der Personalmangel. „In der Backstube sind wir vollkommen unterbesetzt. Einige Produkte unseres Sortiments können wir deshalb aktuell nicht mehr anbieten.“ Aktuell arbeiten in der Bäckerei Pfaff, die seit 1900 existiert, 20 Angestellte. Vor Kurzem sei überdies ein Bäcker, der 50 Jahre lang in seiner Bäckerei gearbeitet habe, in Rente gegangen. Ein herber Verlust für den Betrieb.

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„Wir Habecken Jetzt!“

Bei der Bäckerei Vetter in der Altstadt ergibt sich ein ähnliches Bild. Im Schaufenster hängt hier sogar ein Poster. „Wir Habecken Jetzt! Wir backen nichts mehr und verkaufen nichts, aber wir gehen nicht insolvent... Das wäre eine tolle Sache. Ihr Vetter-Team.“ steht drauf. Auf einem weiteren ist zu lesen: „...wir frieren unsere Mitarbeiter ein und tauen Sie im Frühling wieder auf...“ Hintergrund ist die Aussage von Wirtschaftsminister Robert Habeck, dass Unternehmen nicht insolvent gehen, sie würden nur aufhören, etwas zu verkaufen.

„Ich persönlich habe mich über eine solche Aussage sehr geärgert und anschließend diese kleinen Poster gemacht. Es ist ernst gemeinte Satire“, erzählt Steven Vetter. Bäckereien seien ein wichtiges Kulturgut in Deutschland, führt Vetter an. Die Preise für einige Produkte mussten schon erhöht werden. Noch ohne größere Auswirkungen. „Unser Geschäft läuft sehr gut, noch können wir die steigenden Kosten auffangen“, berichtet Vetter. Und noch würden die Kunden die Preiserhöhungen mittragen und Verständnis zeigen, berichtet Vetter. Er betreibt die Bäckerei, die es seit 1934 gibt, in der dritten Generation. Aktuell mit 15 Mitarbeitern. „Wenn es so bleibt, wie es aktuell ist, dann kommen wir durch. Wenn die Preise aber immer weiter steigen, dann ist irgendwann Schluss.“

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Auch in der Konditorei und Bäckerei Nolda in Bretzenheim, die inzwischen seit 102 Jahren besteht, und ihrem Café in Gonsenheim machen sich die gestiegenen Preise für Lebensmittel und Energie bemerkbar. „Die Preise für alle Rohstoffe haben sich im Grunde verdoppelt“, bedauert Hans Joachim Nolda. Zu Beginn der Krise haben zudem einige Produkte, wie Öl und Mehl, gefehlt oder waren kaum zu bekommen. Auch der Gas- und Strompreis habe sich verdoppelt.

„Die gestiegenen Kosten haben wir noch nicht an die Kunden weitergegeben, auch wenn wir das längst hätten machen sollen“, fügt Nolda an. „Das alles ist beängstigend und sorgt auch für eine gewisse Existenzangst. Ich bin froh, nur ein kleinerer Familienbetrieb mit 40 Mitarbeitern zu sein.“ Nolda hofft, dass die Kunden weiter treu bleiben und nicht irgendwann in einem Discounter statt bei ihm einkaufen. „Denn dann könnten wir den Betrieb nicht mehr aufrechterhalten.“

Von Lea Göllner