Zuckerrübenbauer in der Region um Worms sind in Sorge
Neue Schädlinge treiben ihr Unwesen auf den Feldern. Der Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer unterstützt das NIKIZ-Projekt zur Erforschung der Problematik.
Die Zuckerrübenäcker dienen im Rahmen der Studie als Freilandlabor.
(Foto: Christian Lang)
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ALZEY-WORMS - (red). Klimawandel und zunehmende Verbote oder Wirkungsverluste von Pflanzenschutzmitteln stellen den Zuckerrübenanbau vor große Herausforderungen. Im Südwesten Deutschlands ist das Freilandlabor für Klimawandelfolgen der Zuckerrübenacker. Die Zuckerrübe bietet nämlich für viele Tiere einen Lebensraum. Leider sind auch schädliche Insekten stark vertreten. Der Aufbau neuer Schädlingspopulationen mit invasiven Gästen aus wärmeren Klimazonen ist nach einem halben Jahr Laufzeit des von der EU und vom Land Rheinland-Pfalz geförderten Projektes „Nachhaltiges Insekten- und Krankheitsmanagement im Zuckerrübenanbau der Zukunft“ (NIKIZ) bereits erkennbar.
Neben der besonders gefährlichen Schilfglasflügelzikade, die bakterielle Erkrankungen überträgt, wurde auch der mediterrane Verwandte des heimischen Saatschnellkäfers jetzt auf großen Flächen im NIKIZ-Projekt nachgewiesen. Der aus dem Mittelmeergebiet eingewanderte Käfer hat mit seinen Larven, die wegen ihrer länglichen und drahtähnlichen Gestalt auch als Drahtwürmer bezeichnet werden, einen Vorteil: Schon nach zwei bis drei statt nach drei bis fünf Jahren ist der Käfer fertig entwickelt. Die Larve ist sehr gefräßig und schädigt die jungen Rübenpflanzen.
Aber auch einheimische Insekten wie Blattläuse vermehren sich durch den Klimawandel sehr stark. Im NIKIZ-Projekt wurden bereits sehr früh nach einem warmen Winter Blattläuse und die von ihnen übertragenen Viren in Zuckerrüben nachgewiesen. Schon Anfang Juni konnten, lange vor Sichtbarwerden erster Symptome, die gefährlichen Vergilbungsviren in Zuckerrübenfeldern im Südwesten nachgewiesen werden.
Im wöchentlichen Abstand werden in einem Netz von 15 Praxisbetrieben Pflanzen auf Schädlinge und Krankheiten untersucht. Die Forscher waren daher nicht verwundert, auch die Viruskrankheiten zu finden. Jetzt zeigen sich besonders im Südwesten viele gelbe Zuckerrüben, die vielfach den gleichen Befall mit Viren erwarten lassen.
Die NIKIZ-Projektpartner, wie der Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer, haben diese Gefahr schon vor zwei Jahren gesehen und sich daher rechtzeitig zusammengetan. Untersuchungskapazitäten fehlten und so mussten die Landwirte lange auf Ergebnisse warten. Jetzt können sie Proben untersuchen lassen. Die genaue Analyse ist mit wenigen Blättern der Zuckerrüben möglich. Einige Daten des Feldes fließen dann in eine Monitoring-Karte ein, die die Bedeutung des Befalls verdeutlichen wird und den Forschern hilft, für die Zukunft bessere Prognosen zu treffen.
Im Labor des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, aber auch im Fraunhofer-Institut an der Universität Gießen wurde die Aktivität zur Analyse von Pflanzenproben aufgenommen. Das Daten-Sammeln und die Erprobung von Behandlungsmethoden haben ein konkretes Ziel: die digitale Befallsvorhersage für Schädlinge und Pilzkrankheiten.
Auf Grundlage solcher Prognosen soll das Schädlingsmanagement der Zukunft erfolgen. Der Wegfall von Saatgutbehandlungen begünstigt viele Schädlinge, die bisher von den Nutzpflanzen ferngehalten wurden: Blattläuse, Erdflöhe und Rüsselkäfer können jetzt leichte Beute machen. Natürliche Gegenspieler werden ebenfalls im NIKIZ-Projekt beobachtet. 2020 konnten sie aber der Flut an Blattläusen nicht Einhalt gebieten. Die Wetterdaten zeigen auch warum: Warme Winter ohne Frost im Südwesten sowie ideale Vermehrungsbedingungen im Frühjahr haben eine explosionsartige Verbreitung ermöglicht. Blattläuse haben Viren, und Zikaden vermehren Bakterien in ihrem Körper und tragen diese durch ihr Saugen von Pflanze zu Pflanze. Die Folge können Ertragsausfälle von 10 bis 40 Prozent sein.
In exakten, aber auch On-Farm-Versuchen auf den NIKIZ-Partnerbetrieben in Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg werden die Daten und Methoden entwickelt und überprüft. Einen Überblick über die Aktivitäten erlaubt die NIKIZ-Website www.nikiz.de. Dort werden Ergebnisse aktuell veröffentlicht.