Wann werden Badeseen zu Todesfallen? DLRG Wetzlar warnt

Taucher suchen im Heisterberger Weiher nach einem vermissten Mann. Wetzlars DLRG-Vorsitzender Viertelhausen erklärt, wie man im Ernstfall richtig hilft.  Archivfoto: VRM

Nach Badeunfällen am Heisterberger Weiher sowie an einem See in Mengerskirchen: Andreas Viertelhausen von der DLRG-Ortsgruppe Wetzlar erklärt, was im Ernstfall zu tun ist.

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WETZLAR. In der Nacht zu Donnerstag ist im Heisterberger Weiher ein 22-Jähriger bei einem Badeunfall gestorben, tags darauf wird ein 79-Jähriger in einem Badesee in Mengerskirchen vermisst. Warum Badeseen zu Todesfallen werden können und was im Ernstfall zu tun ist, erklärt Andreas Viertelhausen, Vorsitzender der DLRG-Ortsgruppe Wetzlar.

Taucher suchen im Heisterberger Weiher nach einem vermissten Mann. Wetzlars DLRG-Vorsitzender Viertelhausen erklärt, wie man im Ernstfall richtig hilft.  Archivfoto: VRM
Andreas Viertelhausen Foto: DLRG

Herr Viertelhausen, was ist zu tun und was nicht, wenn man beobachtet, dass jemand beim Schwimmen in Not gerät? Für den Betroffenen selbst ist es das A und O, sich an die Baderegeln zu halten, die ja bereits mit dem Seepferdchen vermittelt werden. Ich muss mich zudem abkühlen, bevor ich ins Wasser gehe und meine Kräfte richtig einschätzen. Für den Schwimmer gilt also: Halte dich an die Baderegeln, gehe nicht alleine und nur an überwachten Gewässern schwimmen.

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Für potenzielle Helfer, die einen Notfall beobachten, ist das Wichtigste, zunächst die Situation als solche zu erkennen. Dann muss die Gefahr für den Helfer eingeschätzt und entsprechend gehandelt werden. Was Sie sowohl im Erste-Hilfe-Kurs als auch in der Rettungsschwimmer-Ausbildung beigebracht bekommen, ist, die Alarmierungskette auszulösen. Sie müssen um Hilfe rufen, damit Sie nicht alleine sind. Es wäre geradezu töricht, alleine ins Wasser zu rennen, ohne jemanden darüber in Kenntnis gesetzt zu haben.

Wer kann diese zweite Person sein? Das kann ein zweiter Badegast sein, den man beauftragt, die DLRG hinzuzurufen, einen Notruf abzusetzen.

Welche Hilfsmittel gibt es für den Helfer? Die beste Form der Rettung wäre ohne schwimmerischen Einsatz, unterstützt durch Auftriebsmittel wie einem Rettungsring. Wenn ich vom Uferbereich einen Rettungsring zuwerfen kann, ist es besser, als wenn ich selbst ins Wasser muss. Denn dann bin ich selbst einem Risiko ausgesetzt.

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Wenn ich jedoch ins Wasser gehe, dann am besten abgesichert. An vielen Badeseen gibt es sogenannte Rettungsleinen - das ist wie ein Geschirr, das ich mir als Schwimmer anlege, damit ich gesichert bin und im Zweifel wieder zurückgezogen werden kann. Wie gehe ich also vor: Erstens alarmieren, zweitens möglichst ohne schwimmerischen Einsatz retten, drittens: wenn ich Hilfsmittel habe, diese verwenden.

Das Unglück im Heisterberger Weiher geschah in der Nacht ... Ein Schwimmer sollte nie alleine schwimmen, egal wann. Man sollte nie alleine in ein Gewässer gehen, vor allem, wenn ich es nicht kenne. Da sind wir wieder bei den Baderegeln: Meide unbekannte Gewässer. Die DLRG ist zudem nur tagsüber da. In den Wachstationen wird auch übernachtet, aber bis ich jemanden aus dem Bett geklingelt habe, ist bereits wertvolle Zeit vergangen. Sicheres Schwimmen ist also nur während der Beaufsichtigungszeit möglich. Deshalb nachts nicht schwimmen gehen!

Was ist bei Kindern zu beachten? Kinder können Gefahren nicht abschätzen, das heißt, wenn ich mit meiner Familie schwimmen gehe, muss ich vor allem im Freigewässer Kinder ganz besonders im Blick behalten!

Es fehlen praktisch eineinhalb Jahre Anfängerausbildung

Schönes Wetter und fehlende Schwimmpraxis nach zwei Jahren Corona - aktuell eine gefährliche Kombination? Sie sprechen zwei Kernprobleme an: Bei schönem Wetter gehen viele Menschen an die Badeseen, das erhöht rein statistisch das Risiko. Durch Corona waren viele Schwimmbäder geschlossen, wir in Wetzlar hatten ebenfalls lange Schließzeiten des Hallenbades. Uns fehlen praktisch eineinhalb Jahre Anfängerausbildung. Das erhöht natürlich die Zahl der Nichtschwimmer, die jetzt an den Badeseen unterwegs sind.

Wie lautet Ihr Appell? Der Umgang mit Wasser ist immer mit Spaß, aber auch mit Risiko verbunden. Deshalb lautet der Appell: Überschätze dich nicht. Gehe nicht alleine schwimmen und kühle dich vernünftig vorher ab bei diesen Temperaturen.

Wieso ist das so wichtig? Wenn Sie ruckartig durch einen Sprung ins kalte Wasser Ihren Kreislauf runterkühlen, kann das zum Aussetzer führen - das kommt plötzlich, gerade, wenn man zuvor schon einige Zeit am Strand verbracht hat.

Sind an einem heißen Wochenende wie diesem auch mehr Retter vor Ort? Ja. Der Einsatz an den Badeseen richtet sich nach der Witterung. Je besser das Wetter wird, desto mehr ehrenamtliche Helfer versuchen wir vor Ort zu haben.