Ahab hat es nicht geschafft, dem dicken weißen Wal den Garaus zu machen. Was dem holzbeinigen Kapitän nicht gelungen ist, könnte den heutigen „Sensitivity” Readern” gelingen.
Endlich rückt man den alten Klassikern zuleibe, die uns seit Kindertagen verstört, geschockt und traumatisiert haben. Sie wissen natürlich sofort, was ich meine: In England sind die Bücher des Schriftstellers Roald Dahl nun zum Glück von allem befreit worden, was empfindsame Seelen, wie es die zarten Fortnite-Player und John-Wick-Zuschauer des 21. Jahrhunderts nun einmal sind, verschrecken könnte. Figuren sind nicht mehr „fett“, sondern „enorm“, aus „Supermarktkassiererinnen“ werden flugs „Geschäftsfrauen“ und „Wissenschaftlerinnen“. Toll!
Bald am Kiosk: „Asterix und Gutemine”
Glücklicherweise sind nicht allein in England, sondern auch in deutschen Verlagen sogenannte „Sensitivity Reader“ unterwegs, die erfreulicherweise dafür sorgen, dass in den Büchern nichts Falsches mehr steht. Dem Vernehmen nach stehen als Nächstes die „Asterix“-Comic auf der Agenda. Einige Nebenfiguren werde man streichen müssen, teilte der Verlag bereits mit, unter anderem Obelix (Diskriminierung Dicker), Methusalix (Diskriminierung Alter) und Troubadix (Diskriminierung von Sängern) sowie alle Römer (Diskriminierung der Italiener). Künftig erlebt Asterix seine Abenteuer mit Gutemine, der Häuptlingin des gallischen Dorfes, die nebenbei als Vorstandsvorsitzende der Verleihnix Fischwaren AG arbeitet.
Doch auch klassische Stoffe sind zum Glück ins Visier der Sprachhüter geraten. Aus „Moby Dick“ wird der missverstandene Tümmler „Moby Mager“. Ahab verliert in der neuen Version sein Holzbein, da die Gestalt des rachsüchtigen Kapitäns ansonsten angetan sein könnte, behinderte Menschen in ein schlechtes Licht zu rücken.
Otfried Fischer - das „Monchichi von Tölz”
Fernsehsender sind ebenfalls endlich dabei, in ihren Mediatheken aufzuräumen. Aus dem fetten Kommissar Otfried Fischer wird dank Photoshop „Das Monchichi von Tölz“, aus den „Drei Damen vom Grill“ die erfolgreichen Managerinnen einer internationalen Restaurantkette mit fünf Michelin-Sternen.
Sorgen bereitet den Mitarbeitern in den Schulbuchverlagen noch, wie sie mit den Geschichtsbüchern umgehen sollen, in denen auch allerlei unzeitgemäßer Unsinn drin steht. Sicher ist bislang nur, dass die Krupp AG in den nächsten Ausgaben zur größten Solarbaufirma des 20. Jahrhunderts avanciert und Thomas Alva Edison zum Urheber der 1879 erfundenen LED-Birne. Unnötig zu erwähnen, dass der „Adler“ bei der ersten Bahnfahrt 1835 seinen Strom aus Windkraft bezog.