Ein spezieller Fachbereich der Lebenshilfe Limburg-Diez will sich mit einer Frage beschäftigen: Wie können Menschen mit Autismus ins Berufsleben integriert werden?
LIMBURG/DIEZ. Wie können Menschen mit Autismus ins Berufsleben integriert werden? Diese Frage bewegt regelmäßig die Kollegen des Fachdienstes Autismus der Lebenshilfe Limburg Diez - besonders auch zum Welt-Autismus-Tag am Dienstag, 2. April.
Kristina Roßwurm-Höhler, verantwortlich für den Fachdienst Autismus bei der Lebenshilfe Limburg Diez, nennt hier zum einen die Aufklärung auf allen Ebenen und eine bestmögliche Förderung und Begleitung von Menschen mit Autismus nach dem TEACCH-Konzept (siehe Kasten). "Wir sensibilisieren für die Besonderheiten dieser Diagnose, die sich sehr vielseitig äußern können, und bilden Netzwerke zur individuellen Unterstützung", ergänzt sie.
Arbeitgeber haben Angst vor zusätzlicher Belastung
Die Vorbereitung auf die Berufswelt bei jungen Menschen mit Autismus geschieht sehr individuell. Die Förderung hat hierbei die Spezialinteressen (Stärkencheck) der jungen Menschen im Blick. Was ist für mich besonders interessant? Was kann ich besonders gut? Auf diesen Stärkencheck bauen die nächsten Schritte auf: das Selbstwertgefühl stärken, die Persönlichkeit bilden, Sozialkompetenzen trainieren, auf den komplexen Arbeitsalltag vorbereiten. Dies geschieht nicht zuletzt durch Strukturierung und Visualisierung von Abläufen. Autistischen Jugendlichen werden so notwendige Orientierungshilfen an die Hand gegeben. Die Ergebnisse sind Vorhersehbarkeit, Flexibilität und größtmögliche Selbstständigkeit.
Neue Projekte und Netzwerke tragen dazu bei, dass Inklusion gelingen kann - auch und vor allem auf dem ersten Arbeitsmarkt. Dabei zeigt eine aktuelle Kooperation zwischen dem Integrationsfachdienst Limburg, dem Landeswohlfahrtsverband Hessen und dem Fachdienst Autismus, wie eine Förderung nach TEACCH auch diejenigen unterstützen kann, die bereits im Berufsleben stehen. Der Arbeitgeber schätzt seinen äußerst zuverlässigen und gewissenhaften Mitarbeiter, der durch das Coaching nun auch die sozialen und kommunikativen Aspekte innerhalb einer Firma schneller durchschaut und reagieren kann. Eine gelungene Form der Inklusion, von der beide Seiten profitieren.
Dennoch wird eines deutlich: Die Bereitschaft, Jugendlichen mit einer Diagnose Autismus eine Möglichkeit für ein Praktikum zu geben oder erwachsenen Autisten mit abgeschlossener Ausbildung einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ist gering. Der Gewinn durch die Einstellung eines autistischen Mitarbeiters oder Praktikanten ist häufig gänzlich unbekannt. Das hängt in erster Linie mit der immer noch weit verbreiteten Angst vor zusätzlicher Belastung zusammen. Dabei ist der Wunsch der Betroffenen klar: Sie wollen arbeiten und die Gelegenheit haben, ihre Stärken zur Entfaltung zu bringen.
Um die Bereitschaft bei den Entscheidern seitens der Firmen zur Einstellung eines autistischen Mitarbeiters zu fördern, ist Aufklärung wichtig. Es besteht zum Beispiel ein Anspruch auf Lohnkostenzuschuss und weitere Unterstützungsleistungen. Dies ist oft nicht bekannt.
Menschen mit der Diagnose Autismus haben häufig ausgeprägte Spezialinteressen und ganz besondere Fähigkeiten auf speziellen Gebieten. Diese Begabungen können bei einem richtigen Arbeitsfeld in einer Firma von unschätzbarem Wert sein. Denn der Mitarbeiter lebt für dieses Interesse, weiß oft alles über diesen Arbeitsbereich und schenkt dem Thema seine ganze Aufmerksamkeit. Der soziale Umgang mit Kollegen stellt häufig die viel größere Hürde dar. Die Unterstützung durch ein Coaching kann hier erfolgen - am besten schon in jungen Jahren durch das TEACCH-Konzept.
Handlungsstrategien im sozialen Miteinander üben
Vermeintlich grundlegende Dinge, die für andere selbstverständlich sind, müssen mühsam erlernt werden. Warum ist es zum Beispiel wichtig, bei einem Bewerbungsgespräch dem Gegenüber die Hand zu schütteln und Blickkontakt aufzunehmen? Oder mit einem Kunden einen Smalltalk zu führen? Oder am Geburtstag den Kollegen einen Kuchen mitzubringen? Diese Beispiele zeigen, welche grundlegenden Handlungsstrategien im sozialen Miteinander eingeübt werden müssen.
Letztendlich wünscht sich Nicole Altenhofen aus dem Fachdienst Autismus der Lebenshilfe Limburg Diez, dass sich noch sehr viel mehr Firmen und Betriebe dafür öffnen, einen Mitarbeitenden mit der Diagnose Autismus in ihrem Team aufzunehmen. Sie fördert eine Vielzahl Jugendlicher mit der Diagnose Autismus und ist überzeugt davon, dass diese jungen Heranwachsenden mit ihren besonderen Begabungen und Fähigkeiten eine große Bereicherung für diese Betriebe darstellen können.
Fragen zur beruflichen Integration von Jugendlichen mit der Diagnose Autismus beantwortet Kristina Roßwurm-Höhler, Telefon 0 64 32-88 80 99, E-Mail: k.rosswurm-hoehler@lebenshilfe-ldz.de