„Auch ich möchte kein Bienensterben. Aber bei den Zuckerrüben sterben die Bienen ja eben nicht“, sagte Birgit Collin-Langen, CDU-Abgeordenete des Europaparlaments. Die...
OFFSTEIN. „Auch ich möchte kein Bienensterben. Aber bei den Zuckerrüben sterben die Bienen ja eben nicht“, sagte Birgit Collin-Langen, CDU-Abgeordenete des Europaparlaments. Die Europäische Kommission möchte ein Totalverbot von Saatgut, das mit Neonicotinoiden behandelt wurde, erwirken, da diese in Verbindung mit dem Bienensterben gebracht werden. Im Südzucker-Werk am Standort Offstein hatten sich Politiker und Experten getroffen, um dieses Thema zu diskutieren.
Nervenkostüm von Insekten wird angegriffen
Neonicotinoide sind Insektizide, die das Nervensystem von Insekten angreifen und die Pflanzen somit vor Schädlingsbefall schützen. Bereits 2013 hatte die Europäische Kommission die Verwendung von Neonicotinoiden eingeschränkt, nun wurde ein neues Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Auftrag gegeben. „Die Risikobewertung der EFSA wird erst im November erwartet. Die Kommission ist jedoch schon vorgeprescht und verlangt nun ein Totalverbot ohne Differenzierung. Wenn man aber ein Gutachten in Auftrag gibt, dann muss man zumindest das Ergebnis auch abwarten können“, beklagte sich Collin-Langen.
„Die Zuckerrübe stellt trotz Neonicotinoiden im Saatgut keine Gefahr für Bienen dar, da die Pflanzen nicht blühen, bevor sie geerntet werden und Guttation, das ist die Abgabe von Wasser über die Blätter, bei Zuckerrüben selten auftritt“, erläuterte Klaus Schwab, Direktor und Werkleiter in Offstein und Offenau. Zudem werde das Saatgut ausschließlich in geschlossenen Räumen behandelt und mit mechanischen Sägerät ausgesät, wie der Werkleiter weiter ausführte. Dr. Rainer Schechter, Leiter des Geschäftsbereichs Zucker und Rüben bei der Südzucker AG, fasste die aktuelle Situation mit einem bildhaften Vergleich zusammen: „Die Kommission betrachtet allein die potenzielle Gefahr. Ein Tiger in freier Wildbahn ist gefährlich. Einen Tiger im Zoo aber kann man anschauen, weil das Risiko zum Beispiel durch einen Käfig minimiert wurde. Würde man den Tiger verbieten, weil er gefährlich ist ohne zu beachten, dass man die Gefahr, die von ihm ausgeht, deutlich auf fast Null reduzieren kann, würde es einen riesigen Aufschrei geben. Genauso wird aber gerade mit uns umgegangen.“
Ohne Neonicotinoide im Samen müssten zwei Mal am Tag Insektizide gesprüht werden: „Von Bienenschutz wollen wir da gar nicht reden“, kommentierte Dr. Christian Lang, Geschäftsführer des Verbandes der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer (ZRA). „Zudem würde uns die Blattlaus überrollen, denn es würde mindestens 15 Jahre lang dauern, um eine neue blattlausresistente Rübe zu entwickeln. Es gibt momentan keine wirksamen Insektizide gegen Blattläuse. Die Kommission möchte ihr Verbot aber bereits bei der Aussaat 2018 umgesetzt sehen“, erklärte er weiterhin. Auch die CDU-Landtagsabgeordnete Christine Schneider sieht in dem Vorgehen der Kommission einen „blinden Aktionismus“: „Nur wenige haben den Mut zu sagen, dass wir nicht wissen, wie wir die Bevölkerung ohne Pflanzenschutzmittel ernähren sollen. Wir werden immer Pflanzenschutzmittel brauchen. Die Ehrlichkeit fehlt mir in der Debatte.“
Klaus Schwab forderte eindringlich, dass das Anwendungsverbot für Neonicotinoide im Zuckerrübenanbau herausgenommen wird: „Der Ertrag wird durch Schädlinge so deutlich verringert, dass ich die Firma im schlimmsten Fall schließen muss.“ „Es ist ganz wichtig, dass sich Deutschland bei der Abstimmung nicht enthält“, betonte der CDU-Bundestagsabgeordnete Jan Metzler.
Von Anna Mielke