Nibelungenfestspiele Worms: Geraldine Laprell und ihr Team fangen Szenen ein, die Verbindung zwischen früher und heute schaffen
Von Anna-Lena Stauder
Geraldine Laprell hat feste Vorstellungen, wie die Szenen für ihre Videoeinspieler aussehen sollen. Deshalb werden die Schauspieler auch genau gebrieft. Foto: pa/Ben Pakalski
( Foto: pa/Ben Pakalski )
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WORMS - Es wird gerangelt bis der Sand auf dem Boden anfängt zu stauben. Aus dem großen Saal des „Wormser“ ist eine Wüstenlandschaft geworden. Schwarze Vorhänge umschließen die Filmkulisse. Angestrahlt von großen Scheinwerfern spielen drei Akteure eine Kampfszene, während das Team um Videokünstlerin Geraldine Laprell gebannt hinter der zentral positionierten Kamera steht und die Kulisse fest im Blick behält.
„So wie ihr das eben gemacht habt, war es super. Aber denkt dran, ihr habt nicht allzu viel Zeit“, brieft Laprell die Schauspieler Till Wonka (Siegfried), Sascha Göpel (Wotan) und Oliver Möller (Alberich) mit entschlossener Stimme. Weil jede Aufnahme auf den Punkt sein soll, wird die Sequenz noch einmal gedreht. „Und bitte“, gibt Laprell das Kommando. Die 35-Jährige und ihr vierköpfiges Videoteam haben bereits drei Tage lang gedreht. Nach einem weiteren sollen unter anderem 14 Schauspielerporträts im Kasten sein. Für jeden Charakter hat die Videokünstlerin ein Thema gewählt, was die Figur beschreibt. Für ihre Arbeit nutzte Laprell auch Versatzstücke aus dem Text von Albert Ostermaier, der Vorlage für die Inszenierung „Glut – Siegfried von Arabien“ ist.
„Ich fand es in diesem Jahr interessant, einen Bezug vom Nahen Osten zur Zeit des Ersten Weltkrieges zu heute herzustellen“, betont Laprell. Die politische Ebene des Stücks findet Laprell, die Filmproduktion und Medienwirtschaft an der Hochschule für Fernsehen und Film in München studiert hat, spannend. Sie verweist darauf, dass im Ersten Weltkrieg der Grundstein für viele Konflikte im Nahen Osten gelegt worden sei, die heute noch aktuell sind. „Ich wollte eine Brücke schlagen zwischen früher und heute“, sagt die Videokünstlerin.
Auch in der Kampfszene zeigt sich diese Verbindung. An der Kleidung der Schauspieler erkennt man, aus welcher Zeit sie stammen. Der Bezug zu heute wird durch aufgemalte Tattoos mit den Schriftzügen „Gott ist groß“, „Tod den Ungläubigen“ und „Macht und Ehre“ hergestellt.
Laprell sieht die Einspieler, die sie dreht, genauso wie die Videos, die auf einer großen Leinwand live übertragen werden, als Teil des Gesamtwerks. Sie sollen den Blick der Zuschauer für Elemente des Stücks öffnen, zu denen sie sonst keinen Zugang hätten. „Ich habe ziemlich freie Hand und kann mich entscheiden, was ich erzählen möchte“, sagt Laprell. Sobald das Thema des Stücks feststeht, beginnt die 35-Jährige mit ihren Planungen. Ist das Stück fertig, feilt sie dann noch einmal an den Details. Nun, wenige Wochen vor der Premiere, sei es an der Zeit zu schauen, in welcher Reihenfolge die Videobeiträge bei den Vorführungen gezeigt werden. Bei dieser Auswahl mischt dann auch Regisseur Nuran David Calis wieder verstärkt mit.
Die Live-Kamera habe in diesem Jahr einen dokumentarischen Charakter, erklärt Laprell. Sie sei in die Handlung eingewoben, denn eine Schauspielerin dokumentiert die Reise in den Orient. Was sie mit der Linse einfängt, können die Zuschauer dann auf einer großen Leinwand, die wie im vergangenen Jahr rechts am Dom angeordnet sein wird, erblicken. Aufnahmen, die Schauspieler aus nächster Nähe zeigen, sollen den Besuchern ein noch unmittelbareres Bild der Kulisse geben. Außerdem sollen Flatscreens in den Fensterlöchern der „Bagdad-Bahn“, die im Stück eine zentrale Rolle spielt, eingebaut werden.