Flucht aus dem Alltag: Ensemble „Für Garderobe keine Haftung“ tritt in der Kunsthalle in Mainz auf
Von Christine Gerhard
Um das Verschwinden ging es bei dem Auftritt des Improtheaters „Für Garderobe keine Haftung“. Foto: hbz/Stefan Sämmer
( Foto: hbz/Stefan Sämmer)
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MAINZ - Theater an sich habe die Eigenart zu verschwinden, besonders Improvisationstheater, wo Szenen, einmal gespielt, niemals wiederholt werden. Deshalb passe die Aufführung des Ensembles „Für Garderobe keine Haftung“ am Mittwochabend gut in die Kunsthalle, fand die Assistentin der künstlerischen Leitung Nikola Schellmann: Die aktuelle Ausstellung „Mit den Händen zu greifen und doch nicht zu fassen“, die noch bis 19. November zu sehen ist, handele nämlich, ganz heruntergebrochen, vom Verschwinden. Als Impuls hatte das Publikum Gegenstände zu diesem Motto mitgebracht, um die Stefanie Petereit, Norbert Deeg und Adriano Werner im symbiotischen Zusammenspiel mit Marek Herz an der Gitarre kleine, in sich logische Geschichten woben. Darin ging es unter anderem um das Verschwinden aus der eigenen Haut, mithilfe einer Clownsnase, also eine Flucht in andere Rollen. Ganz ohne weitere Verkleidungen verkörperten die Schauspieler an diesem Abend eine illustre Bandbreite verschiedener Charaktere, vom buckligen Gehilfen des Todes über den gebrochenen Angestellten bis hin zum gealterten Engel am Rollator. Dabei ging es auch ums Verschwinden in andere Länder, wo man sich plötzlich neu erfinden kann, beispielsweise als Held, der Finnland vom Killerelch befreit. Ein wiederkehrendes Motiv war die Flucht vor dem Alltagsstress, oder, im Falle eines Engels, vor der Monotonie, ins Eremitentum oder in den Suizid.
Behandelt wurde auch das weitbekannte Phänomen verschwindender Gegenstände, das bei einem schwulen Paar so außer Kontrolle geriet, dass es am Ende, dort, wo einst das Haus gestanden hatte, seine Liebe zueinander wieder und einen neuen Lebenssinn fand. Dass es oft nicht viel mehr braucht als etwas Vorstellungskraft zeigten die Künstler, indem sie mit einer Requisite aus vier Stühlen ganze postapokalyptische Unterwasserwelten entstehen ließen. Dabei scheuten sie sich vor keiner Herausforderung, fantastisch und poetisch entwarfen sie Szene für Szene eine neue Stimmung – nachdenklich, spannend, komisch. Die durch das „KUZ unterwegs“ initiierte Vorstellung war die erste ihrer Art in der Kunsthalle, soll aber, wenn man Schellmann fragt, nicht die einzige bleiben.