Tatort: In Münster werden Mordopfer zu Skulpturen im öffentlichen Raum
Kurz vor den internationalen Skulptur-Tagen in Münster treibt im „Tatort: Gott ist auch nur ein Mensch“ ein Serienmörder sein Unwesen. Die Ermittlungen führen Thiel und Börne in die Kunstwelt.
Von Stefan Benz
Kulturredaktion Darmstadt
Ein Toter in einer Skulptur im Innenhof des Rathauses: Rechtsmediziner Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) sichtet das Opfer. Foto: ARD
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Nur alle zehn Jahre bietet sich die Gelegenheit, und 2007 wurde sie verpasst. In diesem Sommer aber gab es die seit 1977 mittlerweile fünfte Ausstellung „Skulptur Projekte“ in Münster, und diesmal ist Kommissar Thiel als kriminalistischer Kunstkritiker dabei, während Gerichtsmediziner Boerne den eifrigen Meisterschüler eines größenwahnsinnigen Aktionskünstlers gibt.
Regisseur Lars Jessen zeigt im „Tatort: Gott ist auch nur ein Mensch“ kuriose Konzeptkunstmorde. Da tobt sich ein Mörder als Bildhauer aus und macht seine Opfer zu Ausstellungsstücken im öffentlichen Raum. Ein pädophiler Ex-Stadtrat steht eines Tages mumifiziert als Clownsstatue auf einem Platz. Ein Ausländerhasser wird Teil einer Schlauchboot-Installtion vor dem Asylberwerberheim. Im Verdacht steht stets Zoltan Rajinovic, der sich „G.O.D.“ nennt und ein libidinöses Verhältnis zum Tod pflegt. Der eitle Professor Boerne (Jan Josef Liefers) will unbedingt vom homoerotisch lüsternen Meister als genialer Künstler erkannt werden, lässt sich von Gott erst seinen Bonsai-Stammbaum abfackeln und wühlt dann selbst schamanisch in Knochen.
Gegen solch schwülen Schöpferkult muss Frank Thiel doch dringend das Recht auf Banausentum verteidigen, und Axel Prahl braucht seine Weste, die den Kommissar wie einen Angler ausschauen lässt, denn auch kaum noch auszuziehen. „Plumper Unflat“, schimpft eine arrogante Kuratorin, denn Thiel ist wieder mit Begeisterung borniert. Schließlich steht neben Gott auch noch eine Videokünstlerin unter Verdacht, die Live-Übertragungen aus ihrem Unterleib in die Welt sendet.
Ein Toter in einer Skulptur im Innenhof des Rathauses: Rechtsmediziner Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) sichtet das Opfer. Foto: ARD Foto: ARD
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In dieser kleinen Kunst-Satire der Autoren Christoph Silber und Thorsten Wettke ist der prollige Skeptiker Thiel natürlich nur ein kleinbürgerlicher Spießer. Aber mit dieser Einstellung sind die Krimikomödien aus Münster ja seit Jahren höchst erfolgreich: Hier der buchstäblich kleine Mann, dort Professor Gernegroß, hier Ressentiment, dort Arroganz. Das sorgt zuverlässig für Reibung, doch lässt sich bei den Possen aus der westfälischen Provinz zwar stets Spott, kaum aber je Spannung herauskitzeln.
So gelingt hier zwar der Rufmord an der modernen Kunst, aber eben ohne dass man um die Opfer des Kunstmörders zittern müsste.